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Geht der Plan auf?

01.06.2025 • 10:00 Uhr
Evangelium Glaube
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In unseren wöchentlichen Evangelienkommentaren geben Geistliche, Religionslehrerinnen, Theologinnen und andere ihre Gedanken zum Sonntagsevangelium weiter. Heute mit Andrea Geiger, Projektassistentin im Pastoralamt der Katholischen Kirche Vorarlberg.

Sonntagsevangelium

In jener Zeit erhob Jesus seine Augen zum Himmel und betete: Heiliger Vater, ich bitte nicht nur für diese hier, sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben. Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast. Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins sind, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir. So sollen sie vollendet sein in der Einheit, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und sie ebenso geliebt hast, wie du mich geliebt hast. Vater, ich will, dass alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, weil du mich schon geliebt hast vor Grundlegung der Welt. Gerechter Vater, die Welt hat dich nicht erkannt, ich aber habe dich erkannt und sie haben erkannt, dass du mich gesandt hast. Ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist und ich in ihnen bin. Johannes 17,20-26

Geht der Plan auf?

Eine letzte Vergewisserung. Den Plan nochmal durchgehen. Passt alles? Der große Bogen, jedes Detail. Alle Check- und ToDo-Listen abgearbeitet. Die letzten Stunden, die letzten Minuten, … vor dem großen Finale. Ob es der Wettkampf ist, das Konzert, die Hochzeit oder die Geburtstagsfeier … Im letzten Moment gehen wir im Kopf nochmal alles durch: Wissen alle, was sie zu tun haben. Sind alle auf ihren vereinbarten Positionen: Aufgewärmt, eingestimmt, voll instruiert.

Wird der Plan aufgehen? Was war der Plan?

Jesus betet am Vorabend des Karfreitags. Ahnend, was auf ihn zukommt. Jetzt gilt es noch einmal alles durchzugehen. Bevor die große Dunkelheit hereinbricht. Innere Sammlung, fokussieren, was war der Plan – das große „Wozu“, alle Kräfte bündeln. Und er spricht sich mit seinem Vater ab: War es das, was wir wollten? Ist das dein Plan? – Du kennst die Geschichte von Anfang an: Von Anfang an hast du dir die Welt herbeigesehnt und ins Leben geliebt – jeden einzelnen Menschen als dein Ebenbild. Und alles war gut für alle – geliebt, um zu lieben. Aber Menschen sind Menschen und Menschen finden nicht immer eine gute Balance für Freiheit und Verantwortung. Sie sind verletzt und meinen, zu kurz zu kommen im Leben. Sie vergleichen sich mit anderen und fühlen sich benachteiligt. Sie wollen hoch hinaus, immer mehr und können nie genug Aufmerksamkeit (und wohl auch anderes) bekommen, usw. Sie leben in Zerstreuung, getrennt und pflegen ihre Vorurteile, haben Schubladen für alle anderen und bevorzugen viel zu oft das Gespräch übereinander statt miteinander.

Gottes Plan war zu zeigen und zu leben, dass es anders möglich ist. Dass das WIR größer ist als das Ich. Dass wir gemeinsam (weiter)schaffen können – eine Welt, die für alle gut ist – auch für die, die nach uns kommen.

Jesus hat alles gegeben für diesen Plan, seinen Auftrag erfüllt. Wir hören dieses Gespräch von Jesus mit seinem Vater am Sonntag vor Pfingsten. Vielleicht, um uns zu sammeln und zu fokussieren: Jetzt seid ihr dran. Es liegt an euch. Bist du dabei? Machst du mit im großen Plan? – Die Welt ein Stück besser zurückzulassen, als wir sie vorgefunden haben. Das wird anstrengend. Jesus weiß darum. Ein Stück später im Johannesevangelium, nach seinem grausamen Tod, wird der Auferstandene seinen Lehrlingen erscheinen, wissend, dass sie das mit dem Plan nicht auf die Reihe bekommen werden (trotz dreijähriger Ausbildung), und ihnen zusagen: „Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Dann hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!“ (Joh 20,21f)

Und so ging das die letzten 2000 Jahre dahin. Es gab immer Menschen, die mitgemacht haben. Es war und bleibt die Entscheidung von uns. Gott katapultiert sich nicht in die Welt, um den Mächtigen auf die Schultern zu klopfen, erpresst nicht die, die eh schon am Boden liegen und führt auch keine Sonderzölle für die Unartigen ein. Unser Gott kniet vor uns und bittet darum, dass wir in Einheit mit ihm und untereinander die Welt gut lieben. Wir brauchen mehr denn je deinen Geist Jesus – „Hauch uns an!“

Andrea Geiger
Andrea Geiger ist Projektassistentin im Pastoralamt der Katholischen Kirche Vorarlberg.