Arbeitszeit, Geschlecht und Recht

Was Gleichstellung im Gesetz bedeutet – und was sie im Alltag oft nicht hält.
Von Lea Putz-Erath
neue-redaktion@neue.at
Arbeiten Sie 40, 50 oder mehr Stunden in der Woche? Wie verteilt sich Ihre Arbeit auf bezahlte Erwerbs- und unbezahlte Sorgetätigkeit? Zählen Sie zu jenen Menschen mit durchschnittlicher Pension von etwa 2550 Euro im Monat oder müssen Sie mit rund 1500 Euro Rente im Monat auskommen?
Ihre Antworten auf diese Fragen lassen in den allermeisten Fällen eindeutige Rückschlüsse auf das Geschlecht zu.
Am Beispiel der aktuellen politischen Sommerdebatte zeigt sich, warum die rein rechtliche Gleichstellung als Basis für Geschlechtergerechtigkeit nicht ausreichend ist.
Steuerrecht, Sozialversicherungsrecht, das gilt grundsätzlich für alle – egal ob Mann oder Frau. Seit der Familienrechtsreform in den 1970ern ist auch der formale Arbeitsmarktzugang nicht mehr vom Geschlecht abhängig. Das war eine der zentralen rechtlichen feministischen Errungenschaften.
Die letzte Pensionsreform sorgte für eine schrittweise Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen. Außerdem wurde für alle die Beitragsgrundlage verändert. Auch hier: rechtlich sorgte die Gesetzgebung für mehr Gleichstellung. Doch ob das bei einem durchschnittlichen Pensionsunterschied zwischen Frauen und Männern von mehr als 1000 Euro im Monat gerecht ist, steht auf einem anderen Blatt.
Wer in der Arbeitszeitdebatte Sorgetätige zwar anerkennend ausnimmt und ihnen zugesteht nicht Vollzeit arbeiten zu müssen, aber den Diskurs um die Verteilung der Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern nicht führt, der zementiert Geschlechterrollen.
Je geringer das Einkommen, desto geringer der Steuersatz, desto geringer die SV-Beiträge, desto geringer die Pension. Das gesamte System der sozialen Sicherung baut in Österreich auf den rechtlichen “Normalfall” der Vollzeitarbeit.
Dort wo das Recht geschlechterneutral ist, tun sich in der Rollen- und Normenstruktur in unserem Land enorme Ungleichheiten auf. Oder wer hält nicht nur sprichwörtlich wem den Rücken frei?
Ich wünsche mir eine politische Diskussion, die alle Aspekte der Verteilung von Arbeit berücksichtigt und sichtbar macht. Damit wir in aktuellen Debatten zu Lösungen finden, die uns der Geschlechtergleichstellung wie sie in der UN Frauenrechtskonvention festgehalten ist, deutlich näher bringen.