Zahnlos im Kampf gegen das Bürokratiemonster

Mit den Hürden der Bürokratie soll die Stabsstelle Entbürokratisierung in Vorarlberg aufräumen. Ein Kommentar.
Wir müssen ins Tun kommen. Diese vielfach getätigte Aussage wird angesichts der trüben Konjunkturaussichten immer mehr zum unabdingbaren Leitsatz – nicht nur für ganz Österreich, sondern gerade für das besonders unter Druck stehende, bisherige „Industrie-Vorzeige-Ländle“.
Damit wir den stotternden Wirtschaftsmotor wieder auf höhere Touren bekommen, müssen wir uns aber sämtlicher Fesseln entledigen. Dazu zählen unbestritten die unzähligen bürokratischen Hürden, die sowohl Unternehmen, Gründern, aber auch der Bevölkerung, in den Weg gelegt werden. Angeführt werden vor allem Wirtschaftsangelegenheiten, Anlagengenehmigungen oder der Recyclingbereich.
Mit der Schaffung einer Stabsstelle für Entbürokratisierung kommt Vorarlberg und insbesondere Landeshauptmann Markus Wallner nun also in die Gänge. Zweifelsohne auch geschuldet dem Druck, der gerade vonseiten der Industriellenvereinigung, der heimischen Wirtschaft und auch der Opposition, die interessanterweise gerade im Westen nicht für ihre wirtschaftlichen Antriebsgründe bekannt ist, immer stärker wurde – die Neos mal ausgenommen.
Rund acht Monate nach der Regierungsbildung und der damit einhergegangenen Fixierung dieser Stelle erfolgt nun aber zunächst eine Stellenausschreibung. In einem Ausmaß von 80 bis 100 Prozent sucht Vorarlberg seinen „Dogen“, in Anlehnung an das gescheiterte Experiment Donald Trumps, der seiner Hass-Liebe Elon Musk diesen Posten schuf. Geht man von einem kürzestmöglichen Bewerbungsprozess aus, dürfte der Vorarlberger „Entbürokratisierer“ frühestens im Dezember seinen Dienst aufnehmen.
Man darf gespannt sein, wer sich dieser Herausforderung stellt. Denkbar undankbar ist doch die Funktion. Denn die österreichische, europäische und letztlich auch Vorarlberger Bürokratie gleicht dem griechischen, mehrköpfigen Fabelmonster Hydra. Schlägt man einen Kopf ab, wachsen zwei Köpfe nach.
Es wird auch eine Frage der Kompetenz sein, die dieser Stabsstelle zugeteilt wird. Im ersten Moment klingt es nämlich nach einer weiteren Stelle, die sich zahnlos diesem „Bürokratiemonster“ entgegenstellt.
Es gilt zu analysieren, zu evaluieren und letztlich, den Entscheidungsträgern zu präsentieren, wo gespart werden kann. Unbefangen und sachverständig. Spätestens seit der Führerschein-Causa Begriffe, bei denen im Landhaus und weit darüber hinaus alle Alarmglocken schrillen dürfen.
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Und eines muss sich die Person, die jene Stelle in Führungsfunktion bekleiden wird, bewusst sein. Gespart wird letztlich immer am Personal. Schlanke Bürokratie bedeutet auch schlankere Strukturen. Der „Entbürokratisierer“ könnte also auch leicht zu jener Person werden, die Hiobsbotschaften verkündet und für Kündigungen sorgt.
Oder sogar eine für Vorarlberg besonders heilige Kuh zur Schlachtbank führen könnte: die Unantastbarkeit der territorialen und kommunalen Unabhängigkeit der 96 Gemeinden. Zuletzt stellte Landeshauptmann Markus Wallner in der NEUE sogar die Option von Gemeindezusammenlegungen in Aussicht.
Mit der Stellenausschreibung ist der erste Schritt getan. Nun müssen wir ins Tun kommen. Aber nicht irgendwo zwischen 80 und 100, sondern viel mehr mit 150 Prozent. Und unversteuerten Überstunden.
(NEUE Vorarlberger Tageszeitung)