Ein Plädoyer fürs artenreiche Gründach

Warum es keine Schikane ist, wenn Gemeinden Begrünungen vorschreiben.
Von Gudrun Sturn
neue-redaktion@neue.at
Viele Gemeinden in Vorarlberg überarbeiten ihre Bebauungspläne und verankern darin zunehmend Begrünungsmaßnahmen – ein positiver Trend. Die Pflicht zum Gründach etabliert sich als Standard. Manche Bauherren und Baufrauen empfinden das als unnötigen Kostentreiber, Schikane und Eingriff ins private Eigentum.
Warum schreiben die Gemeinden Begrünung zunehmend vor: Gründächer bieten zahlreiche Vorteile. Für Tiere und Pflanzen sind sie wertvolle Lebensräume und schaffen einen wichtigen ökologischen Ausgleich zu versiegelten Flächen. Auch für Menschen sind sie attraktiv – eine Wiese auf dem Dach wirkt deutlich angenehmer als ein heißes Blechdach. Gründächer speichern bis zu 90 Prozent des Regenwassers und geben es langsam durch Verdunstung ab. So entlasten sie bei Starkregen die Kanalisation. Gleichzeitig verbessern sie das Raumklima. Zudem verlängert die Begrünung die Lebensdauer des Dachs, da sie Temperaturschwankungen ausgleicht und vor UV-Strahlung sowie Hagel schützt. In der Kombination mit einer PV-Anlage wird sogar deren Wirkungsgrad erhöht.
Es gibt verschiedene Arten von Gründächern – von extensiven mit flachem Aufbau und Moosen bis zu intensiven, auf denen sogar Bäume wachsen, wie beim Hundertwasserhaus in Wien. Mein Favorit ist das Biodiversitätsdach nach dem Schweizer Pionier Stephan Brenneisen: In mageres Substrat in variabler Stärke wird heimisches Wiesen-Saatgut eingesät. Kieshaufen, Totholz und Sandlinsen ergänzen die Fläche – so entsteht kostengünstig ein artenreiches, ökologisch wertvolles Dach – ein kleines Paradies, wunderschön für Menschen, nahrhaft für Bienen, Schmetterlinge und Vögel.
Ein Gründach braucht Pflege – allerdings nicht mehr als ein herkömmliches Dach. Dachrinnen müssen jedes Jahr gereinigt werden, und selbst einfache Kiesdächer sollten regelmäßig auf Bewuchs durch Bäume oder Sträucher kontrolliert werden. Der Pflegeaufwand für ein extensives Gründach ist also nicht höher. Beim Biodiversitätsdach ist etwas mehr zu tun, es wird in der Regel einmal pro Jahr gemäht.
Gerade weil in Vorarlberg weiter gebaut wird, müssen wir Natur und Biodiversität Platz einräumen. Mit artenreichen Gründächern machen wir Vorarlberg nicht nur schöner, sondern leisten einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Lebensqualität.
