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Alkohol-Gigant unter Druck: Campari im Zentrum eines Milliarden-Skandals

08.11.2025 • 10:00 Uhr
Alkohol-Gigant unter Druck: Campari im Zentrum eines Milliarden-Skandals
AFP

Ein Finanzskandal erschüttert die europäische Alkoholbranche: Die italienische Finanzpolizei beschlagnahmte Aktien des Spirituosenkonzerns Davide Campari-Milano im Wert von rund 1,3 Milliarden Euro.

Von Christof Flatz
neue-redaktion@neue.at

Hintergrund sind Vorwürfe massiver Steuerhinterziehung durch die luxemburgische Holding Lagfin, die 51,8 Prozent der Campari-Aktien hält. Die Ermittlungen gehen auf eine Fusion im Jahr 2019 zurück, bei der angeblich sogenannte „Exit-Tax“-Gewinne in Höhe von über 5 Milliarden Euro nicht versteuert wurden. Die Nachricht erschüttert nicht nur die italienische Börse.

Der globale Markt für alkoholische Getränke wird 2025 auf über 2,5 Billionen US-Dollar geschätzt. Besonders der Bereich Premium-Spirituosen wächst – angetrieben durch junge Konsumenten, Urbanisierung und digitale Vertriebswege. Gleichzeitig sinkt in vielen Ländern der Pro-Kopf-Konsum und alkoholfreie Alternativen gewinnen an Bedeutung. Die Aktienkurse klassischer Alkoholkonzerne entwickelten sich uneinheitlich. Während Diageo und Pernod Ricard stabile Ergebnisse vorlegen, verzeichneten viele Brauereien und Spirituosenhersteller Kursverluste – auch aufgrund wachsender regulatorischer Risiken.

Die Gesetzgebung rund um Alkohol wird weltweit verschärft. In Europa setzt die Weltgesundheitsorganisation WHO auf den SAFER-Rahmen, der unter anderem Werbeverbote, Preisregulierung und Warnhinweise vorsieht. Frankreich testet 2025 KI-gestützte Alkoholradare und senkt Promillegrenzen. Auch in Deutschland wird über neue Kennzeichnungspflichten diskutiert. Diese Entwicklungen beeinflussen nicht nur das Konsumverhalten, sondern auch die strategische Ausrichtung der Konzerne. Viele investieren in alkoholfreie Varianten, Ready-to-Drink-Cocktails und nachhaltige Verpackungen.

Die Campari-Affäre zeigt, wie verwundbar selbst etablierte Marken durch rechtliche und steuerliche Risiken sind. Doch trotz aller juristischen Turbulenzen bleibt die wirtschaftliche Perspektive für die italienische Traditionsmarke positiv. Campari zeigt sich operativ stabil. Für Anleger und Branchenbeobachter bleibt die Alkoholindustrie ein dynamisches, aber zunehmend komplexes Terrain. Weiter getrunken wird aber offensichtlich immer.