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Freudenhaus: Herbergssuche wird zur Belastungsprobe

08.11.2025 • 14:00 Uhr
Freudenhaus: Herbergssuche wird zur Belastungsprobe

Nach dem Ende des Standorts in Lustenau fehlt dem mobilen Theaterzelt weiter ein geeigneter Platz. Die Herbergssuche verlief bisher erfolglos. Der Verein Caravan kämpft um den Erhalt seiner Bühne, aber ein Aus steht auch im Raum.

Seit über 20 Jahren begeistert das Freudenhaus, ein Projekt des Vereins Caravan – mobile Kulturprojekte, sein Publikum mit Zirkustheater, Kabarett, Konzerten und Performances. Das mobile Theaterzelt war von 2016 bis Ende 2024 im Millennium Park in Lustenau beheimatet. Nach dem Auslaufen der Vereinbarung mit der Prisma-Unternehmensgruppe steht das Freudenhaus nun schon fast ein Jahr ohne festen Platz da. Die Herbergssuche blieb bisher erfolglos.

Freudenhaus: Herbergssuche wird zur Belastungsprobe
Für Roman Zöhrer und Lisa-Marie Berkmann ist klar: Die Lichter im Freudenhaus dürfen nicht ausgehen. Hartinger

Kosten zu hoch

Zuletzt hatte sich eine Lösung beim Funpark in Hard abgezeichnet. Doch die Kosten für Miete, Instandhaltung und Betrieb waren schlicht zu hoch. „Die jährlich anfallenden Mietkosten und Zusatzleistungen liegen in unserem Budget nicht drin“, so Zöhrer. Rund 56.000 Euro netto pro Jahr wären unter anderem für Miete, Parkplätze und Erhaltungskosten angefallen, dazu gut 9000 Euro Betriebskosten. „Das ist für uns eine Hausnummer zu groß.“ Er zeigt Verständnis für die hohen Grundstückspreise, betont aber: „Da wir ein Non-Profit-Verein sind, stehen wir auch für niederschwellige Angebote, die für alle erschwinglich sind.“ Nach sorgfältiger Überlegung lehnte der Verein das Angebot ab. „Das Freudenhaus bedeutet Kultur für alle, aber nicht um jeden Preis.“

Freudenhaus: Herbergssuche wird zur Belastungsprobe
Das mobile Theaterzelt wurde in Container verladen und eingelagert. Hartinger

Öffentliche Unterstützung nötig

Im Gespräch mit der NEUE am Sonntag erklärt der Caravan-Obmann deutlich, dass das Freudenhaus ohne öffentliche Unterstützung kaum weiterbestehen kann. „Es braucht einen Platz, den die Gemeinde oder Stadt kostenlos zur Verfügung stellt – mit Kanal, Strom, Wasser und Parkplätzen. Und die Gemeinden sollten sich auch finanziell beteiligen.“ Er verweist auf die neue Förderlogik, nach der Gemeinden, Land und Bund gemeinsam Projekte fördern sollen. „Wichtig ist, dass sich die Förderung nicht nur auf das Programm beschränkt, sondern auch in die Infrastruktur fließt.“

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Das Programm im Freudenhaus kann sich auch international sehen lassen. Neue


Dass der freie Markt keine Option ist, steht für ihn fest: „Wir sind ein gemeinnütziger Verein, kein Wirtschaftsbetrieb. Das, was wir mit Events einnehmen, fließt direkt in unsere kulturelle Arbeit, vor allem in den zeitgenössischen Zirkus. Der macht keinen Gewinn, aber er ist wichtig. Es wäre schade, wenn in Vorarlberg nach über 20 Jahren Zirkusarbeit plötzlich Schluss wäre.“ Trotz der aktuellen Absage an den Standort Hard blickt Zöhrer mit Respekt auf die Zusammenarbeit mit den Gemeinden Lustenau und Hard: „Beide Bürgermeister, Patrick Wiedl und Martin Staudinger, haben sich wirklich bemüht. Der Wille war da.“ Er kann sich vorstellen, dass künftig mehrere Gemeinden gemeinsam Verantwortung übernehmen: „Warum sollte das Freudenhaus nicht als Unterländer Projekt laufen, auch wenn es in einer Gemeinde steht? So etwas wäre ein wichtiger Schritt in Richtung regionaler Zusammenarbeit.“

Freudenhaus: Herbergssuche wird zur Belastungsprobe
Die Umsiedlung des Freudenhauses innerhalb des Millennium Parks in Lustenau scheiterte an den Lärmschutzvorgaben. Hartinger

Im Rheintal wäre ideal

Noch ist also offen, wo das Freudenhaus künftig stehen wird. „Wir haben uns bis Ende des Jahres Zeit gegeben. Vielleicht ergibt sich ja noch eine Möglichkeit – idealerweise in Dornbirn, Lustenau, Hard, Hohenems oder irgendwo im Rheintal“, sagt Zöhrer. „Wenn man etwas wirklich will, dann geht es auch.“ Doch die Lage ist ernst: „Wir entscheiden am 31. Dezember 2025, ob das Freudenhaus eventuell verkauft wird. Sollten wir bis dahin keinen neuen Platz finden, ist das eine Option.“ Der Verein hat derzeit Container mit Material eingelagert. „Das kostet alles Geld.“ Auch wenn ein Verkauf theoretisch möglich wäre, fällt Roman Zöhrer der Gedanke schwer. „In diesem Zelt steckt so viel Leidenschaft und Herzblut. Aber klar: Wenn es nicht aufgebaut wird, wird es auch nicht besser. Es gehört aufgebaut, nicht eingelagert.“

Sommerempfang Industriellenvereinigung
Das Freudenhaus kann auch für Veranstaltungen gemietet werden. Neue

Programm muss neu gestaltet werden

Das geplante Programm für 2026 musste der Verein absagen. „Wir hätten schon alles fertig gehabt. Jetzt müssen wir neu planen und suchen alternative Veranstaltungsorte. Das ist doppelt so aufwendig, weil jede Location andere Voraussetzungen hat.“ Und Vizeobfrau Lisa-Marie Berkmann ergänzt: „Wir sind jederzeit für Gespräche offen, wenn sich andere Häuser für Kooperationen anbieten würden.“ Im Zirkusbereich sei dies aber durchaus herausfordernder, „da hier meist eine Raumhöhe benötigt wird, die abseits vom Freudenhaus nur in großen Häusern zu finden ist und diese sind mit ihrer hohen Besucherkapazität weit über dem, was benötigt wird. Das schafft dann auch nicht die richtige Atmosphäre, von den Kosten gar nicht zu sprechen.“

Optimistisch bleiben

Trotz aller Herausforderungen bleibt der Obmann optimistisch. „Viele fragen noch immer: ‚Wann geht es weiter mit dem Freudenhaus?‘ Wir bleiben positiv, auch wenn es manchmal schwerfällt.“ Das Publikum schätzt das besondere Ambiente: „Etwa ein Drittel unserer Besucher kam von außerhalb Vorarlbergs. Dieses Flair gibt es sonst nirgends.“ Gerade für den Zirkus sei die Zukunft des Freudenhauses wichtig, weiß Berkmann. „Ein Aus bedeutet auch für die Artistinnen und Artisten Unsicherheit, was ihre Auftrittsmöglichkeiten in Vorarlberg angeht.“ Für Zöhrer kommt noch ein weiterer Aspekt zum Tragen: „Das Freudenhaus ist ein Ort der Begegnung, wo Menschen sich austauschen, lachen, Freude erleben. Und das ist in unserer derzeitigen Welt wichtiger denn je.“ Und: „Ich glaube fest daran, dass es wieder einen Platz geben wird – es muss einfach einen geben.“

Schöbi-Fink: „Bekenntnis des Landes zum Freudenhaus bleibt aufrecht“

Das Land Vorarlberg ist seit 2024 regelmäßig im Austausch sowohl mit dem Verein Caravan als auch mit der Standortgemeinde Lustenau, die sich schon zuvor intensiv um eine Lösung bemüht und entsprechende alternative Standortmöglichkeiten geprüft hat“, teilte die für Kunst und Kultur zuständige Landesrätin Barbara Schöbi-Fink auf NEUE-Anfrage mit. „Auf Betreiben von Caravan-Obmann Roman Zöhrer wurden auch mögliche Standorte in anderen Gemeinden und Städten geprüft“, so Schöbi-Fink. Auch in diese Gespräche sei die Kulturabteilung involviert beziehungsweise darüber informiert gewesen. Insgesamt gebe es laut ihr einen regelmäßigen Austausch zwischen der Kulturabteilung und dem Verein Caravan beziehungsweise Roman Zöhrer.

Maurice Shourot
Landesrätin Barbara Schöbi-Fink. MS

Obwohl die Suche nach einem neuen Standort bislang ohne Ergebnis geblieben ist, betont Schöbi-Fink die Unterstützung des Landes. Die Kulturabteilung habe während der gesamten Phase der Vorgespräche und Verhandlungen im Laufe des letzten Jahres sowohl gegenüber dem Verein Caravan als auch gegenüber den jeweiligen Vertretern potenzieller Standortgemeinden und -städte stets ihre Bereitschaft zur Förderung signalisiert. „Es gibt ein grundsätzliches Bekenntnis des Landes zur Programmförderung im Bereich des zeitgenössischen Zirkus“, sagte sie. „Ebenso stehen wir zu einer Unterstützung eines möglichen Wiederaufbaus des mobilen Theaterzelts an einem neuen Standort.“
Die Einschätzung der aktuellen Lage, so die Landesrätin weiter, liege jedoch beim Verein selbst sowie bei jenen Gemeinden, die sich um eine neue Partnerschaft bemüht haben oder dies weiterhin tun.


Von Seiten des Landes würden die kulturellen Leistungen des Vereins Caravan sehr geschätzt. „Der Verein hat im Bereich der Sichtbarmachung, Weiterentwicklung und Vermittlung des künstlerischen Schaffens im Bereich des zeitgenössischen Zirkus in Vorarlberg Leuchtturmcharakter“, betonte Schöbi-Fink. Das mobile Theaterzelt sei ein besonderer Ort gewesen, „an dem diese Kunstform in einer außergewöhnlichen Atmosphäre stattfinden konnte“.

Ein mögliches Ende des Freudenhauses wäre aus Sicht des Landes ein deutlicher Verlust für die kulturelle Vielfalt Vorarlbergs. „Ein Wegfallen dieses Programms wäre ein Einschnitt in die kulturelle Landschaft unseres Landes.“