Die Zukunft der Landwirtschaft: KI, Sicherheit und Regionalität im Fokus

Die Zukunftstagung der Landwirtschaftskammer Vorarlberg beleuchtete Versorgungssicherheit, technologische Trends und die Rolle der Landwirtschaft in einer zunehmend unsicheren Welt.
Von Christine Moosmann-Hämmerle
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Anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Landwirtschaftskammer Vorarlberg fand am 21. November im Bäuerlichen Schul- und Bildungszentrum in Hohenems eine große Zukunftstagung der Landwirtschaftskammer Vorarlberg statt. Unter dem Titel „Themen, die die Zukunft bewegen“ diskutierten rund 200 interessierte Gäste, unter ihnen etliche Schülerinnen und Schüler der Landwirtschaftsschule aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen für die Landwirtschaft. Vorträge zu den Themen Versorgungssicherheit, das Zukunftsbild für die heimische Agrarwirtschaft, sowie künstliche Intelligenz und Digitalisierung standen im Zentrum der Veranstaltung. Fachvorträge, Fragen aus dem Publikum und eine abschließende Podiumsdiskussion beschäftigten sich mit Aufgaben und Chancen für die Zukunft.

Rückblick auf ein Jahrhundert Landwirtschaft
Einleitend gab Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger einen kurzen historischen Abriss über die Veränderungen und Herausforderungen der Landwirtschaft in den vergangenen 100 Jahren -angefangen mit den schwierigen Nachkriegsjahren über die Zeit der rasanten Technisierung bis zum EU-Beitritt und dem aktuellen technologischen Wandel. Zudem betonte er die Rolle der Landwirtschaft als Partner in der Versorgungssicherheit der Bevölkerung. Nun wolle man nicht nur zurückblicken, sondern einen Blick in die Zukunft werfen.

Versorgungssicherheit als strategisches Thema
Einen ungewohnten Blick auf die Landwirtschaft gab der Vortrag von Oberst Matthias Wasinger vom Österreichisches Bundesheer. Er sprach über die Versorgungssicherheit vor dem Hintergrund vielschichtiger Bedrohungen und unsicherer Zeiten und skizzierte die Rolle der Landwirtschaft im Rahmen der umfassenden Landesverteidigung. In Zeiten zunehmender externer Bedrohungen durch Kriege, hybride Angriffe und den Klimawandel kommt der Landwirtschaft eine Schlüsselrolle zu. „Die beste militärische Landesverteidigung ist wertlos, wenn es dahinter keine funktionierende Zivilgesellschaft gibt. Diese wiederum basiert auf einem funktionierenden Landwirtschaftssektor.“ Als Stärken der österreichischen Landwirtschaft hob Wasinger Qualität, Nachhaltigkeit, Direktvermarktung und eine starke regionale Identität hervor. Auch die Schwächen, die er in den Bereichen Produktionskosten, Strukturwandel und alpines Gelände verortet, müsse man im Auge behalten. Die österreichische Landwirtschaft ist dennoch autarkiefähig: „Wir können stolz sein, denn die österreichische Landwirtschaft kann einen Großteil der Grundversorgung selbst sicherstellen.“

VISION 2028+: Perspektiven für den ländlichen Raum
Ein weiterer Impuls kam von Sektionschef Johannes Fankhauser vom Landwirtschaftsministerium. Er präsentierte das Zukunftsbild VISION 2028+ für die österreichische Landwirtschaft und den ländlichen Raum. Im Mittelpunkt stehen die Beibehaltung und Förderung lebenswerter ländlicher Räume, wettbewerbsfähiger Betriebe und Weiterbildungsinitiativen – vom Unternehmertum in der Landwirtschaft über Ökologie bis hin zur Diversifizierung. Außerdem soll die Resilienz des ländlichen Raumes gestärkt und die mentale Gesundheit der Menschen gefördert werden. Für die Vorarlberger Landwirtschaft sieht Frankhauser Zukunftschancen in den Bereichen Berg- und Almwirtschaft, Nutztierhaltung, Forstwirtschaft, sowie vermehrtem Engagement von Frauen und jungen Menschen.

Digitalisierung in der Tierhaltung: Chancen und Grenzen
Der technologische Wandel war das dritte große Thema der Tagung. Die Wissenschaftlerin Magdalena Waldauer von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein gewährte einen praxisnahen Einblick in Künstliche Intelligenz und Digitalisierung in der Tierhaltung. Die Teilnehmerinnen erhielten einen Überblick über laufende Projekte, neue Technologien sowie deren Vor- und Nachteile in der Tierhaltung. Melkroboter, Entmistungsroboter und automatische Fütterungssysteme können die bäuerliche Arbeit entlasten – rechnen sich aber erst ab einer Betriebsgröße mit 40 Kühen. Sensorik und KI unterstützen dabei, Erkrankungsrisiken frühzeitig zu erkennen oder beispielsweise die Futteraufnahme zu messen. Waldauer wies auch auf Nachteile durch die Digitalisierung hin: mögliche psychische Belastungen durch Umlernen, ständige Alarme und Dokumentation können zusätzliche Stressfaktoren sein: „Neue Technologien müssen zum Betrieb passen – und nicht umgekehrt.“ Schließlich soll die Digitalisierung Landwirte ent- und nicht belasten, resümierte Waldauer.

Diskussion zu Transparenz, Technik und Regionalität
In der abschließenden Podiumsdiskussion mit den Referenten, Landesbäuerin Esther Bitschnau und Landesrat Christian Gantner wurden Publikumsfragen zu Themen wie Vermögenskonzentrationen, Laborfleisch, Gentechnikverfahren und internationale Handelsabkommen diskutiert. Esther Bitschnau betonte die Wichtigkeit von Transparenz und Dialog: „Wir müssen uns weiterentwickeln, unsere Hoftüren öffnen und den Leuten zeigen, was unsere Arbeit ist. Wir machen gute und wertvolle Arbeit und dass müssen wir nach draußen tragen.“ Digitalisierung und Automatisierung müssten auch in die heimische Landwirtschaft Einzug halten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Landesrat Christian Gantner unterstrich die Bedeutung von Offenheit und Regionalität: „Um in schwierigen Zeiten resilient zu sein, setzten wir als Land Vorarlberg sehr stark auf die Regionalität. Wir waren als Landwirtschaft immer mit sich ändernden Bedingungen konfrontiert und müssen uns als Landwirtschaft die Offenheit für Neues bewahren.“