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Keine systematischen Testungen

04.10.2020 • 18:00 Uhr
Corona-Tests werden in Krankenhäusern nicht systematisch durchgeführt. <span class="copyright">Karin Nussbaumer</span>
Corona-Tests werden in Krankenhäusern nicht systematisch durchgeführt. Karin Nussbaumer

Anders als in Gastronomie wird in Spitälern nicht regelmäßig getestet.

Das Personal in den Vorarl­berger Spitälern wird nicht generell auf Covid-19 getestet. „Mitarbeiter werden nur dann getestet, wenn sie Symptome aufweisen“, erklärt Wolfgang Bohner, Leiter von Organisationsentwicklung und Qualitätsmanagement an den Vorarlberger Krankenhäuser. „Wir haben keine ­Screenings laufen. Das heißt, wir machen keine systematischen Tes­tungen.“ Doch sobald ein Mitarbeiter Symptome hat, wird er getestet. „Da genügt dann schon ein leichter Schnupfen.“
Das scheint auf den ersten Blick durchaus riskant. In anderen Bereichen wie der Gastronomie wird regelmäßig getestet. Und dass gerade in einem heik­len Bereich wie in einem Spital nicht flächendeckend getestet wird, verwundert. „Man muss dazu wissen, dass der PCR-Test immer nur eine Momentaufnahme ist. Das heißt, ein Mensch, der heute negativ ist, kann morgen positiv sein. Das Ergebnis wird erst im Laufe einer Erkrankung positiv und irgendwann wieder negativ, da es ja mit dem Ausscheiden von Viren zu tun hat. Dieses Screening-Testen birgt schon auch Risiken.“ Das muss man abwägen und kann man abwägen, so Bohner.
Screenings machen unter epidemiologischen Gesichtspunkten Sinn: „Vor allem, um die Infektionsraten in gewissen Bevölkerungsgruppen abzuschätzen. Und auch um einzuschätzen, wie viele asymptomatische Fälle gerade existent sind. Aber in unserem Bereich sind Tes­tungen symptomatischer Fälle und die Kontaktnachverfolgung viel wirksamer.“ Zudem habe diese Herangehensweise nichts mit Risikoabwägung zu tun. „In den Spitälern schützen wir uns und unsere Patienten durch eine Maskenpflicht und andere Sicherheitsvorkehrungen. Und das ist die wirksamste Schutzmaßnahme.“

Für Wolfgang Bohner, Leiter der Organisationsentwicklung und Qualitätsmanagement an den Vorarlberger Krankenhäuser, sind Screenings an Spitälern nicht sinnvoll. <span class="copyright">Karin Nussbaumer</span>
Für Wolfgang Bohner, Leiter der Organisationsentwicklung und Qualitätsmanagement an den Vorarlberger Krankenhäuser, sind Screenings an Spitälern nicht sinnvoll. Karin Nussbaumer

Ausreichend Schutz

In den Spitälern kommen zertifizierte Gesichtsmasken und FFP-Masken zum Einsatz. Somit ist selbst im Falle einer asymptomatischen Infektion durch den Gebrauch der Schutzausrüstung sichergestellt, dass es in den Spitälern keine Ansteckungsgefahr gibt, betont Bohner. „Wenn ich von Schutzausrüstung spreche, dann meine ich Masken und im direkten Kontakt mit nachweislich positiven Patienten auch noch eine Brille.“ Die Krankenhaushygiene verunmöglicht den Gebrauch von Schildern und Gesichtsvisieren in den Spitälern. Nur in Kombination mit einer Maske bieten diese Schilder im medizinischen Bereich genügend Schutz.

Leicht rückläufig

„Generell stagnieren die Zahlen derzeit und gehen leicht zurück. Ich bin derzeit vorsichtig optimistisch“, betont Gabriele Hartmann, Leiterin des Instituts für Krankenhaushygiene und Infektionsvorsorge. „In den letzten Wochen sind alle wieder etwas aufgescheucht worden, und die Vorsicht steigt.“ Zudem greifen jetzt auch noch die offiziellen Maßnahmen. „In den Krankenhäusern hat sich diese Steigerung noch kaum niedergeschlagen. Das liegt auch daran, dass es eher jüngere Leute sind, die erkranken. Ich bin derzeit relativ gelassen. Aber auf keinen Fall sorglos. Man muss aufpassen, darf sich aber nicht verrückt machen lassen.“ Auch Hartmann betont, dass die Taktik der Spitäler in Sachen Tests, so wie es derzeit betrieben wird, Sinn macht. Wobei sie im selben Atemzug relativiert. „Wenn eine Abteilung mit einem positiven Patienten Kontakt hatte, dann werden die Mitarbeiter auch symptomlos getestet. Das ist in deren Interesse, um ganz sicherzugehen, dass alle negativ sind.“
Da sind die Mitarbeiter übervorsichtig und machen das aus eigener Motivation heraus, wie Hartmann betont. „Aber systematische Testungen machen im Spitalsbereich keinen Sinn. Weil alle übersensibilisiert sind. Selbst wenn der Sohn einer Kollegin nur einen leichten Schnupfen hat, kommen die alle schon und lassen sich testen.“ Zudem werden die Testkapazitäten vor allem dann gebraucht, wenn viele dann krank und verkühlt sind im Winter. „Da müssen wir dann die Ressourcen bereitstellen. Jetzt macht das wenig bis gar keinen Sinn.“
Populismus. Ob die häufigen Testungen in der Gastronomie sinnvoll sind oder doch eher in den Bereich des Populismus fallen, will Bohner nicht näher bewerten. „Ich kann keine Aussage darüber machen, was die Motive sind, die hinter den Testungen in der Gastronomie stecken.“ Screening-Untersuchungen machen in gewissen Bereichen schon auch Sinn. „Aber es gibt keinen besonderen Grund, warum man es in den Spitälern machen soll.“

Gabriele Hartmann, Leiterin des Instituts für Krankenhaushygiene und Infektionsvorsorge, plädiert für mehr Gelassenheit. <span class="copyright">Karin Nussbaumer</span>
Gabriele Hartmann, Leiterin des Instituts für Krankenhaushygiene und Infektionsvorsorge, plädiert für mehr Gelassenheit. Karin Nussbaumer

Kein Personalengpass

Und dass man hier gezielt einem Personal­engpass im medizinischen Bereich vorbeugen will, verneint Bohner strikt. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun: „Im Gegenteil. Wir sind froh über jeden positiven Mitarbeiter, den wir erkennen. Das wäre doch absurd. Da gibt es überhaupt keine Motivation wegzuschauen.“