Vorreiter bei Video-Verhandlungen

Feldkircher Richter wünscht sich mehr Bereitschaft von Anwälten.
Die von Norbert Stütler geleitete Gerichtsverhandlung fand vor Kurzem am Landesgericht Feldkirch im Dienstzimmer des Zivilrichters statt. Anwesend im Büro war während des Zivilprozesses nur der Richter. Der Kläger und dessen Rechtsbeistand befanden sich in der Vorarlberger Anwaltskanzlei des Klagsvertreters. Der Anwalt der beklagten Versicherung saß in Salzburg in seinem Auto. Der Prozess wurde als Videokonferenz durchgeführt. Dabei wurde ein Vergleich geschlossen.
Begeistert
Richter Stützler zählt in der Justiz in Österreich zu den Vorreitern von Gerichtsverhandlungen per Video. Der Zivilrichter und Mediensprecher des Landesgerichts ist davon begeistert. Auch die teilnehmenden Anwälte seien angetan, berichtet Stütler. Denn die Software für Videokonferenz funktioniere inzwischen hervorragend. Schon ein Smartphone genüge als technische Hardware-Voraussetzung. Anwälte, Mandanten und Zeugen würden sich wegen der nicht mehr notwendigen Anreise zum Landesgericht viel Zeit ersparen. Eingesparte Reisen sieht Stütler als Beitrag der Justiz zum Umweltschutz.
Zeichen der Zeit
Nach dem ersten Corona-Lockdown im Frühjahr wurden Videoprozesse gesetzlich vorläufig bis Jahresende ermöglicht. Möglicherweise werden wegen der zweiten Corona-Infektionswelle nun Gerichte für den Parteienverkehr wieder geschlossen. Dann könnten aber mit Videokonferenzen weiterhin Gerichtsverhandlungen stattfinden, sagt Stütler. Damit wäre eine weitere Belastung von Gerichten mit ausgefallenen Prozessen zu verhindern.
Stütler hält Videoverhandlungen für ein Zeichen der Zeit. Der Richter des Landesgerichts Feldkirch ist dabei ein Pionier, der bislang noch kaum Nachahmer gefunden hat. Nur wenige Richter des Landesgerichts sind bislang seinem Beispiel gefolgt und haben noch dazu erst wenige Verhandlungen per Video abgehalten. Stütler schreibt mittlerweile nach eigenen Angaben die meisten Verhandlungen als Videokonferenzen aus. Aber die meisten Anwälte seien dazu noch nicht bereit, so der Richter. Per Video darf nur verhandelt werden, wenn alle Verfahrensbeteiligten damit einverstanden sind.
Mehr Bereitschaft gewünscht
Der Mediensprecher des Landesgerichts wünscht sich mehr Bereitschaft von Richterkollegen und Anwälten für jene neue Verhandlungsform, bei der kein Corona-Infektionsrisiko herrscht. Dadurch werde, meint Stütler, das Gegenargument der unpersönlichen Atmosphäre vernachlässigbar.