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„Biber plant anders als der Mensch“

13.12.2020 • 18:00 Uhr
Ein „Vorarlberger“ Biber, fotografiert von Dietmar Hollenstein. <span class="copyright">HOLLENSTEIN</span>
Ein „Vorarlberger“ Biber, fotografiert von Dietmar Hollenstein. HOLLENSTEIN

160 Biber dürfte es aktuell geben, schätzt Biberexpertin Steininger.

Agnes Steininger ist Biologin und kümmert sich um die Biber im Land. Seit 2014 ist sie verantwortlich für das Bibermanagement in Vorarl­berg – insofern ein neuer Job, als es jahrhundertelang diesbezüglich nichts zu managen gab. Im 17. Jahrhundert wurden die Nager hierzulande ausgerottet. Ihr Fell, aber auch ihre Drüsen, die als Medikament verwendet wurden, waren sehr begehrt. Zudem galten sie als beliebte Fastenspeise, sodass sie stark bejagt wurden. Erst seit 2006 sind sie hier wieder heimisch – vermutlich aus der Schweiz eingewandert –, und seither steigt ihre Anzahl kontinuierlich.
Derzeit werden sie gerade wieder gezählt, berichtet Steininger. Das geschieht im Winter, weil da ihre Spuren sichtbarer sind. An die 160 Tiere dürfte es in Vorarl­berg mittlerweile geben, schätzt sie, und ihre Zahl steigt, „sie besetzen den Raum“. Allerdings sind sie „sich selbst der größte Feind“, wie es die Biberexpertin formuliert. Wenn die Anzahl zu groß wird, stagnieren bzw. sinken die Zahlen, wie Erfahrungen aus anderen Gegenden zeigen.

Expertin Agnes Steininger. <span class="copyright">Archivbild/Philipp Steurer</span>
Expertin Agnes Steininger. Archivbild/Philipp Steurer

Revierkämpfe

Biber dulden keine Artgenossen in ihren Revieren und wenn sich Jungtiere auf die Suche nach einem eigenen Revier machen, kann es leicht zu Zwistigkeiten kommen, die bis zum Tod führen. Ihre Beißzähne sind nämlich nicht nur zum Baumefällen bestens gegeignet, es sind auch „ordentliche Waffen“, so Steininger.
Prinzipiell gibt es Einzel- und Paarreviere, bei Biberfamilien geht man von fünf Tieren aus, erläutert die Expertin. Etwa 50 Reviere dürfte es derzeit in Vorarlberg geben. Die pelzigen Säuger bevölkern mittlerweile das gesamte Rheintal vom Bodensee bis nach Feldkirch. Auch im Bregenzerwald sind sie zu finden. Dort ziehen sie entlang der Bregenzerach, wobei sie deren kleine Nebenflüsse bevorzugen, informiert Steininger. Weiter südlich sind sie derzeit noch nicht zu finden, auch im Montafon gibt es noch keine Spuren.

Bis 30 Kilo

Biber werden im Durchschnitt 14 Jahre alt. Ein ausgewachsenes Tier kann bis zu 30 Kilo wiegen und vom Kopf bis zur Schwanzspitze auch fast 1,30 Meter lang werden. „Die sind größer als die meisten denken“, sagt Steininger mit einem Grinsen. Die Nager sind sehr stark nachtaktiv, allerdings gebe es schon Plätze, an denen sie sich an die Menschen gewöhnt hätten und wo sie am Abend auch zu bebachten seien. Das sei aber eher im Sommer der Fall, weiß die Biologin.
Biber sind reine Vegetarier. Im Sommer fressen sie Gras und Grünfutter. Im Winter, wenn das nicht vorhanden ist, ernähren sie sich von Rinde und feinen Ästen, wobei Letztere ganz oben in den Bäumen sind. Daher müssen die Bäume gefällt werden, denn „Klettern ist nicht so ihres“, so Steininger.

Biberspuren sind im Unterland keine Seltenheit. <span class="copyright">Hartinger(4)</span>
Biberspuren sind im Unterland keine Seltenheit. Hartinger(4)

Probleme

„Nicht jeder ist erfreut, wenn Biber die Landschaft mitgestalten“, beschreibt die Expertin die Probleme, die fallweise auftauchen können. Allerdings gebe es diesbezüglich hierzulande große Mithilfe von den Mitarbeitern der Bauhöfe, sodass die Konflikte nicht allzugroß werden.
„Der Biber plant anders als der Mensch“, sagt Steininger, wobei weniger das Baumfällen das große Problem sei, sondern eher das Stauen der Bäche. Das machen die Tiere, um eine gewisse Schwimmtiefe zu erreichen, weil sie sich im Wasser sicherer fühlen. „Dort sind sie super, an Land sind sie eher etwas tolpatschig“, beschreibt die Biologin die braunen Vierbeiner. Das Zusammenleben von Mensch und Biber brauche Geduld auf beiden Seiten, so Steininger, „aber bis jetzt geht es gut“.

Begrenzter Platz

Seit Beginn ihrer Tätigkeit als Biberbeauftragte habe sich viel geändert, erzählt sie. „Wir haben jetzt schon mehr zu tun. Am Anfang war es entspannter.“ Es gebe mittlerweile eine Vielzahl an Revieren, die regelmäßig kontrolliert würden. „Der Platz an den Gewässern ist aber begrenzt.“
Durch die Stauungen der Biber würden sich dort auch wieder andere Arten ansiedeln, beschreibt Steininger die ökologischen Vorteile, die der tierische Baumeister durch sein Tun erzielt. „Und er schafft nicht schlecht“, fügt sie grinsend hinzu.
„Falls jemand Biberspuren findet, freuen wir uns, wenn er sich meldet“, sagt Steininger dann noch, entweder per Mail unter biber@rheindelta.org oder direkt bei ihr unter agnes.steininger@rheindelta.org bzw. Tel. 0664/877 1842.