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E-Bike-Markt geht durch die Decke

21.02.2021 • 09:00 Uhr
Der E-Bike-­Boom ist ­ungebrochen. <span class="copyright">Stiplovsek</span>
Der E-Bike-­Boom ist ­ungebrochen. Stiplovsek

Trotz Lieferengpässe und Preissteigerungen boomt der Sektor.

Ob im Gelände, auf der Landstraße oder in der Stadt. Die elektrounterstützten Räder brechen in Sachen Verkaufszahlen alle Rekorde. Durch die Corona-Situation hat dieser Trend zusätzlich Aufwind bekommen. Auch in diesem noch so jungen Jahr gehen die Bestellzahlen bereits durch die Decke. Und es ist kein Ende in Sicht. Händler bestätigen, dass weder Kosten noch Wartezeiten gescheut werden, um batteriebetriebene Räder käuflich zu erwerben. Und so etwas wie Marktsättigung kennen Produzenten nur noch aus den Lehrbüchern.

Lieferengpässe

„Das große Problem derzeit sind die Lieferengpässe und lange Wartezeiten. Das, was ich da habe, gibt es noch und der Rest kommt dann irgendwann. Da kann ich derzeit gar nichts Genaues sagen“, so Marcel Egger von Zweirad Egger in Bregenz. Der Grund dafür sind einerseits die nicht enden wollende Nachfrage und andererseits die Nachschubschwierigkeiten. „Shimano kann derzeit keine Teile liefern. Die japanische Firma leidet unter der Aluminiumknappheit. Das beeinflusst massiv die Produktion und die Stückzahlen.“
Zudem gibt es einen Engpass am Container-Markt. Somit können bereits produzierte Teile nicht nach Europa verschifft werden. Die meisten Container stehen in Rotterdam und Hamburg. „Seit Monaten stapeln sich da die Containerberge, weil viele Abteilungen in den Häfen in Quarantäne sind und man nicht mit dem Be- und Entladen nachkommt.“ Zudem gebe es massive Preis­erhöhungen derzeit. Denn die wenigen Container, die derzeit im Umlauf sind, sind in chinesischer Hand. „Bis dato hat ein Frachtcontainer von Asien nach Europa etwa 1500 Dollar gekos­tet. Und nun verrechnen sie bis zu 13.000 Dollar.“ Beim Endkunden ergibt das eine Preissteigerung von fünf Prozent. Aber selbst davon lassen sich die Kunden nicht abschrecken.

Auch in den Werkstättenbrummt das Geschäft. <span class="copyright">Archiv/APA/Hochmuth (2</span>)
Auch in den Werkstättenbrummt das Geschäft. Archiv/APA/Hochmuth (2)

Auch Werner Drissner muss seine Kundschaft öfters vertrös­ten. „Den Großteil der Räder bekommt man derzeit überhaupt nicht.“ Die Kunden sind aber dankbar, dass es überhaupt noch Räder gibt. „Viele nehmen halt dann das, was noch da ist.“ Wählerisch dürfe man in diesen Zeiten nicht sein. Drissner bemerkt auch die Lieferengpässe aus Asien. Er habe teilweise Vorlaufzeiten von 600 Tagen. „Ich habe bereits ein paar Hundert Räder für das kommende Jahr 2022 bestellt. Das ist nur noch verrückt alles.“ Räder von KTM oder Scott sind derzeit komplett vergriffen. „Es gibt in Europa keine Firma mehr, die Rahmen produziert. Das ist in Zeiten wie diesen echt bedenklich. Man sollte sich überlegen, wieder mehr in Europa zu produzieren. Der Preis ist da halt das Hauptargument. Arbeit ist bei uns einfach teuer.“ Aber generell sei der Preis derzeit das geringste Problem. „Ich habe Anfragen für E-Bikes zwischen 7000 oder 8000 Euro.“

80 Prozent

Der Anteil an E-­Bikes am Gesamtmarkt steigt und steigt. Derzeit liege man etwa bei 80 Prozent, Kinderräder ausgenommen. „Mittlerweile ist es eher schon überraschend, wenn jemand ins Geschäft kommt, und sagt, er hätte gern ein ‚normales‘ Rad“, scherzt Drissner. Ein Trend am E-Bike Sektor, der immer mehr um sich greift, sind die SUVs mit tiefem Einstieg, Schutzblech, Gepäckträger und fix verbauter Lichtanlage. „Das ist ein Bike für alles. Fürs Gelände und für die Stadt.“ Und wer einmal auf E-Bike umgestiegen ist, der bleibt dabei.
„Es gibt Hersteller, die im vergangenen Jahr 50 bis 60 Prozent mehr verkauft haben als im Jahr davor“, so Stefan Wäger von Fahrrad Wäger in Altach. Allein das bringt die Industrie in Bedrängnis. Denn von einem Jahr auf das Nächste doppelt so viel Räder zu produzieren, sei ein Ding der Unmöglichkeit. „Um es mit zwei Worten zu beschreiben: Chaos pur. Das hat auch mit den Transportschwierigkeiten aus Asien zu tun.“ Der Containermangel ist ein massives Problem. „KTM lässt seine Räder einfliegen. Andere Hersteller sind auf den Zug umgestiegen und fahren ihre Räder über Russ­land her. Alles, was am Seeweg kommt, dauert ewig.“ Es gibt bestimmte Modelle, die Wäger jetzt bestellt und die im Juni 2022 geliefert werden.

<span class="copyright">Symbolbild/Stiplovsek</span>
Symbolbild/Stiplovsek

Der E-Mountainbike-Bereich ist der, der am schnellsten wächst. Und da vor allem die sogenannten Fullys (full suspension/voll gefedert). „Ich bekomme schon einzelne Räder nach, weil ich viele bestellt habe. Und da ist noch nicht alles gekommen. Aber bei besonderen Wünschen sind die Warte- und Lieferzeit, wie bereits gesagt, sehr, sehr lang.“ Wäger ist sich dessen sicher, dass es nicht ewig aufwärtsgehen kann. Aber noch ist alles im grünen Bereich. Auch im Hochpreissektor. „Ich habe in den letzten Monaten einige Räder verkauft, die 10.000 Euro gekostet haben. Mit Funkschaltung und Funksattelstützen. Das Erste ist die Familie und dann kommt das Hobby. Und da geben viele gern ihr Geld aus.“