Das EU-Zertifikat und seine Folgen

Nun ist der Grüne Pass auf EU-Ebene beschlossene Sache.
Mindestens eine Sache ist nicht mehr wegzubringen: Der Grüne Pass wird auf immerdar Grüner Pass heißen. Auch wenn er kein Reisedokument ist und nicht viel Grünes an sich hat, auch wenn die EU-Institutionen auch bei ihrer nun erfolgten Einigung auf die Modalitäten schon wieder ausdrücklich darauf hinweisen, dass es um ein „digitales EU-Covid-Zertifikat“ gehe – Grüner Pass bleibt Grüner Pass.
Was haben wir nun davon? Zunächst die Erkenntnis, dass das an sich schwerfällige und behäbige EU-Getriebe gezeigt hat, dass ihm durchaus auch der Highspeed-Modus zuzutrauen ist. Die nun erzielte Einigung, über die nächste Woche formal und final abgestimmt wird, sei das „schnellste Gesetz aller Zeiten“, formulierte es EU-Abgeordneter Lukas Mandl (ÖVP). Normalerweise braucht so etwas ein bis zwei Jahre, nun ist es auch innerhalb weniger Wochen gegangen.
Vor allem aber soll uns das Zertifikat die alte Reisefreiheit wiederbringen, die durch Grenzsperren, Quarantänewirrwarr und von einem Land zum anderen unterschiedliche Maßnahmen völlig chaotische Zustände verursacht hat. Erwarten wir uns aber keine Wunder: Verordnung und die technischen Grundlagen sind bloß ein EU-weit gültiger Rahmen – ob sich alle Mitgliedsländer auf halbwegs gleiche Möglichkeiten einigen, was sie damit anfangen wollen, ist noch lange nicht gesagt. Ein eigener Sondergipfel kommende Woche beschäftigt sich mit dieser und ähnlichen Fragen. Zu erwarten ist, dass sich Tourismusländer weiter hinauslehnen und andere Nationen etwas zurückhaltender agieren werden. So ist das, wenn man auf Subsidiarität bedacht ist – vorschreiben kann Brüssel eben nichts, die Länder selbst treffen die Entscheidungen. Sicher ist immerhin, dass das Reisen an sich dadurch wieder leichter wird.
Je weiter der Grüne Pass voranschreitet (und wir wollen hoffen, dass 1. Juli tatsächlich der Starttermin ist), desto deutlicher zeigt sich auch, dass es eben nicht auf eine Zweiklassengesellschaft hinausläuft, es gibt weiterhin keinen Impfzwang. Entweder geimpft, oder genesen oder negativ getestet: diese Wahl hat man weiterhin, das hat mit dem Zertifikat gar nichts zu tun. 100 Millionen Euro hat die EU zusätzlich bereitgestellt, um Tests für alle erschwinglich zu machen. Auch in diesem Punkt zeigt sich nämlich, wie unterschiedlich die EU-Länder agieren.