Reflexionen über den „Rand“

Schaupielhaus Wien war mit „Rand“ von Miroslava Svolikova im Theater Kosmos.
Es sind die Ränder, um die es der 1986 geborenen Wiener Dramatikerin Miroslava Svolikova in ihrem Stück „Rand“ geht – die Außenbereiche, in denen das Leben um einiges härter zu sein scheint als in der Mitte, dort, wo sich die Ausgestoßenen treffen.
Die Produktion des Schauspielhauses Wien war am Donnerstag- und Freitagabend im Rahmen der Theaterallianz als Gastspiel im Theater Kosmos in Bregenz zu sehen. In mehreren Episoden wird die Frage nach dem Rand abgehandelt. Die zumeist namenlosen Figuren treten immer wieder auf, sodass die einzelnen Szenen ineinander verwoben werden – ohne dass daraus ein einheitliches Narrativ entsteht.
Das letzte Einhorn
Riesige weiße Ballons, die verschiedenfarbig beleuchtet werden und auch als Projektionsfläche für Videos dienen, bilden das Ambiente für das surreale Geschehen (Bühne: Stephan Weber). Den Anfang machen Tetrissteine, die auf der Suche nach Nähe sind, die auch sexuell konnotiert ist. „Jeder versucht, in der Mitte zu sein“, heißt es da, „am Rand verschwindet man.“ Ein letztes Einhorn (Til Schindler) tritt als eine Art Nummerngirl immer wieder auf und beklagt sein tragisches Schicksal. Sein Leben am Rand, denn „am Rand da wird man gejagt“.
Soziologen sind auf Forschungsreise, eine Kollegin (Sophia Löffler) kommt dazu und beginnt einen Kompetenzstreit. Und dann gibt es noch eine Gruppe von Astronauten, die sich am „Rande der Welt“ von Pulver ernähren, denn dort „besteht alles fast nur noch aus Pulver“ – und es stellt sich die Frage, ob man nicht vergessen wurde. Eine Mickey Mouse (Vera von Gunten) ist auf der Suche nach Käse für sich und ihre 14 Kinder, die auf der anderen Seite sind. Ein Kakerlakenpriester (Jesse Inman) im Kreuzritter-Outfit will sie alle töten, „den Rand, an den die gedrängt sind, die keiner haben will“.

Letzte Liebesgeständnisse von Sterbenden, eine militant wirkende Polizei, Rettung, Feuerwehr, Mickey Mouse, die Soziologen und die Astronauten wechseln sich in diesem unübersichtlichen Kosmos immer wieder ab. Ein unbeteiligter Beobachter (Sebastian Schindegger) lässt sich in einem Monolog über den Rand aus. Die oberen ein Prozent werden zum Thema und irgendwann soll das gesamte Publikum erschossen werden – von einem liebesbedürftigen, vor Selbstmitleid triefenden Terroristen.
Interaktion mit dem Publikum
Regisseur Tomas Schweigen lässt seine fünf Darsteller mit viel Fantasie und phasenweise einiger Dynamik agieren – Interaktionen mit dem Publikum inklusive, die allerdings nur wenig stimmig erscheinen. Dennoch zieht sich die knapp zweistündige Vorstellung, in der auch Gewalt und Terror vorkommen, ein wenig.
Es sind eine Vielzahl an Themen, die im Stück angerissen werden, ohne dass sie sich zu einem wirklichen Ganzen fügen. Vielmehr sind es Schlaglichter, die auf einzelne Aspekte geworfen werden und das Absurde, das sich auch in den Kostümen (Giovanna Bolliger), manifestiert, dann doch wieder in einer erkennbaren Realität verankern.