Höchst differenziertes Musizieren

Im Landeskonservatorium in Feldkirch spielte das dortige Sinfonieorchester unter der Leitung von Benjamin Lack.
Eigentlich hätte es eine vorweihnachtliche Soirée werden sollen, doch aus den bekannten Gründen war es unmöglich geworden, in größerer Besetzung zu proben oder gar zu konzertieren. So begrüßte Direktor Jörg Maria Ortwein am Mittwochabend die Gäste im Festsaal des Landeskonservatoriums in Feldkirch zu einer beeindruckenden sinfonischen Soirée, für die Benjamin Lack mit dem Sinfonieorchester des Landeskonservatoriums das Cellokonzert von Edward Elgar und die vierte Sinfonie von Johannes Brahms einstudiert hatte.
Der Tradition folgend, Kolleginnen und Kollegen aus dem Konservatorium vorzustellen, übernahm mit der Spanierin Beatriz Blanco die Violoncello-Professorin der Ausbildungsstätte den Solopart in Elgars Cellokonzert. Benjamin Lack beflügelte seine Studentinnen und Studenten sowohl im farbenreichen Zusammenspiel mit der Solistin als auch in einer straff und klar strukturierten Interpretation der Brahms-Symphonie.

Kraftvoll und raumgreifend ist der erste Einsatz der Solistin, den die Bläser mit einem kompakten Satz beantworten, bevor eine aufsteigende Tonleiter im Cello den Übergang zum großen Thema der Bratschengruppe vorbereitet. Blanco vermittelt mit schönem Ton zwischen träumerischer Poesie und starker Leidenschaft. Mit den Orchestergruppen arbeitet Lack die musikalische Rhetorik und kontrastreiche Phrasierung heraus.
Intensiv bäumt sich die Musik im zweiten Satz auf, im Adagio an dritter Stelle beeindrucken Blancos Ausdruckstiefe und der lange Atem im Austausch mit der begleitenden Streichergruppe. Flott und beherzt ist der Einstieg ins Finale mit seinen Dialogen und den pulsierenden Bläsern: Die Musik blüht auf wie der nahende Frühling und endet in einem fröhlichen Tanz. Zur Zugabe, der melancholisch schwebenden Habanera von Maurice Ravel, lädt Beatriz Blanco ihre (überwiegend weiblich besetzte) Celloklasse zum gemeinsamen Musizieren ein – fein und höchst differenziert!

Benjamin Lack führt die Studentinnen und Studenten auch an höchst anspruchsvolle Sinfonien des klassisch-romantischen Repertoires heran und bleibt dabei erstaunlich schlank in der Tongebung. So blühen die kurzen Motive in Brahms’ vierter und letzter Sinfonie schön auf. Die Instrumentalgruppen von Streichern, Holz- und Blechbläsern sind plastisch einander gegenübergestellt.
Auch im weit ausschwingenden langsamen Satz zeigt sich die hervorragende Ausbildung der jungen Musikerinnen und Musiker, die, aus verschiedenen Ländern kommend, hier mit der großen deutschen Romantik vertraut gemacht werden. Nach dem sanftmütigen Abschluss des zweiten Satzes geht Benjamin Lack das Scherzo sehr straff und tänzerisch an. Kontrafagott und Triangel stimmen in das brausende Tutti des Orchesters ein, behaglich schwingen die Hörner und Holzbläser im Triosatz.
Klar strukturiert
Im Finale schließlich errichtet der Dirigent ein klar strukturiertes Klanggebäude, ist doch der Satz als Passacaglia mit achttaktigen, stets wiederholten Phrasen gebaut: Mit einem guten Gespür für den Aufbau und die Dynamik stellt Lack die Charaktere der Abschnitte heraus, mischt Kantiges oder Choralartiges mit bewegten, gezackten Figuren. Kompliment für diese intensive Orchesterarbeit!
Katharina von Glasenapp