Allgemein

„Quartiere finden ist keine Hexerei“

28.02.2022 • 21:00 Uhr
<span class="copyright">APA/Hans Klaus Techt</span>
APA/Hans Klaus Techt

Burgenlands Landeshauptmann über Versorgung von Flüchtlingen.

Im Nachbarland Slowakei wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Wann werden die Flüchtlinge in großer Zahl an der burgenländischen Grenze ankommen?

Hans Peter Doskozil: Man merkt schon jetzt, dass Menschen kommen, aber die Situation ist eine ganz andere als bei der Flüchtlingskrise 2015. Ukrainer können sich ohne Visum in der EU bewegen. Ich rechne nicht damit, dass die Situation an der Grenze so sein wird wie damals.

Sie werden keine Busse zum Weitertransport organisieren, wie 2015?

Falls es notwendig sein sollte, Menschen an der Grenze zu versorgen, werden wir das tun. Das ist kein Problem. Aber ein Weitertransport wie damals wird nicht mehr notwendig sein. Ich gehe davon aus, dass auf EU-Ebene die Richtlinie für einen Massenzustrom aktiviert sind. Dann sind wir nicht mehr im Asylregime, sondern im humanitären Aufenthalts- und Niederlassungsregime. Damit können Betroffene selbst entscheiden, wo sie hinwollen.

Gab es schon Gespräche mit dem Innenminister, wo in den Ländern die Leute untergebracht werden, die bleiben?

Der Innenminister hat mich kontaktiert und sich nach der grundsätzlichen Bereitschaft, Leute aufzunehmen, erkundigt. Das habe ich bejaht. Aber ich warte dabei nicht auf den Zuruf aus dem Innenministerium. Wir werden das selbst organisieren und schnell sein.

Zur Person

Während der Flüchtlingskrise 2015 profilierte sich Hans Peter Doskozil als burgenländischer Chefpolizist im Krisenmanagement. Er war Verteidigungsminister, seit 2019 Landeshauptmann.

Der Bund koordiniert auch private Angebote für Unterkünfte …

Aber das ist ja keine Hexerei. Wenn wir Bedarf an Unterkünften haben, haben wir das im Land in einer Woche erledigt. Innerhalb von Österreich etwas zu organisieren ist das geringste Problem. Da geht es weniger ums Können, sondern ums Wollen. Die Herausforderung ist, den Leuten vor Ort das zu bringen, was sie tagtäglich brauchen.

Wie stellen Sie sich das vor?

Wir sind ein neutraler Staat und sollten diese Rolle viel mehr vorleben. In den Gemeinden, in Pfarren, bei Feuerwehren – überall werden jetzt Hilfsgüter gesammelt. Es ist toll, dass sich die Bevölkerung so engagiert. Aber ich finde es nicht okay, dass sich Menschen in Transporter setzen müssen, um Spenden in die Ukraine zu bringen. Da müsste die Rolle der Bundesregierung eine viel stärkere sein. Man müsste die Bevölkerung strukturiert zu Spenden aufrufen und die Transporte in die Ukraine organisieren. Wenn andere Armeen Waffen liefern, soll unser Bundesheer Hilfsgüter liefern. Mir fehlt das Engagement bei der Regierung. Dafür setzt man sich dafür ein, dass Friedensverhandlungen in Wien abgehalten werden. Dabei geht es nicht darum, wo es Friedensverhandlungen gibt, sondern dass es sie gibt.

Der Vorschlag kam aber zuerst von Ihrer Parteichefin …

Ich beziehe mich auf die Aussagen des Bundeskanzlers. Es geht aber gar nicht um die politische Zurechenbarkeit. Aus meiner Sicht ist die wichtigste Frage, welches Bild wir nach außen abgeben.

Österreich beteiligt sich an scharfen Sanktionen, die wohl bald auch im Geldbörserl spürbar werden. Wie weit trägt die Bevölkerung das mit?

Es kann schon sein, dass die Stimmung in der Bevölkerung sich ändert, wenn die Energiekosten massiv steigen. Da muss man sensibel sein. Und nach Alternativen suchen. Wir haben uns ja nicht zum Spaß das Ziel gesetzt, bis 2030 im Burgenland klimaneutral und autark zu sein. Wir setzen ja bereits massiv auf Photovoltaik und Windenergie. Das muss die Antwort auf die Frage sein.

Veronika Dolna