Kommentar

Schrödingers Maskenregelung

15.04.2022 • 19:38 Uhr
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Seit heute gilt die zweite Covid-19 Basismaßnahmenverordnung.

Seit heute gilt die zweite Covid-19-Basismaßnahmenverordnung, die die Covid-19-Basismaßnahmenverordnung abgelöst hat. Davor galten in unterschiedlicher Reihenfolge unter anderem vier Maßnahmenverordnungen, sechs Schutzmaßnahemenverordnungen, fünf Notmaßnahmenverordnungen, zwei Öffnungsverordnungen und eine Lockerungsverordnung. Die Bundesregierung listet allein für heuer 74 verschiedene Rechtsgrundlagen der Corona-Maßnahmen auf – von Gesetzen über Verordnungen bis hin zu Aufhebungen durch den Verfassungsgerichtshof. Seit Ausbruch der Pandemie sollen laut Regierung 695 Covid-Normen und deren Änderungen im Bundesgesetzblatt kundgemacht worden sein.


Manchmal frage ich mich, ob die Beamten, die seit mittlerweile zwei Jahren damit beschäftigt sind, Corona-Verordnungen zu schreiben, dabei außerkörperliche Erlebnisse haben. Ich könnte so einer Tätigkeit jedenfalls nicht nachgehen, ohne mich psychisch völlig davon zu entkoppeln. Gott sei Dank verfügt ein Gutteil der österreichischen Verwaltung über ein ausreichend hohes Maß an abgeklärtem Zynismus, um wenig bis nichts von dem, was man tut, auch nur ansatzweise ernstzunehmen. Das mag man in anderen Fällen kritisch sehen, in diesem würde ich es als Selbstschutzmechanismus gutheißten.


Die schiere Zahl der Regelungen wäre angesichts der sich stetig ändernden pandemischen Lage noch erträglich, wenn es der Inhalt auch wäre. Die aktuelle Verordnung ist wieder einmal ein Musterbeispiel misslungener österreichischer Kompromisskultur: In Skiliften muss man keine Maske tragen, in Bussen und Taxis schon. Im Lebenshandel steckt man sich offenbar eher an, als in Kleidungsgeschäften. Argumentiert wird damit, dass gefährdete Personen die einen Orte meiden können und die anderen nicht. Tatsächlich zieht man völlig willkürliche Trennstriche. Warum muss man in einer Autowaschanlage eine Maske tragen, in einer Autobahnraststätte aber nicht? Dem Anwalt und dem Tierfutterhandel kommt man offenbar nicht aus und muss Maske tragen, Bestattungsunternehmen besucht man nach Ansicht des Gesundheitsministeriums hingegen freiwillig und daher ohne Mund-Nasen-Schutz.


Der einzige Vorteil ist, dass die Bundesregierung in Sachen Pandemiebekämpfung kein Vertrauen mehr genießt, das sie noch verspielen könnte. Nach alldem Vor und Zurück bei Masken, Impfpflicht und Lockdowns fühlen sich viele Menschen, die die Maßnahmen aus guten Gründen mitgetragen haben, verraten und verkauft. Andere sind fälschlicherweise der Meinung, dass organisatorisches Versagen etwas über die Gefährlichkeit der Pandemie aussagt.
Wieder einmal hat man es nicht geschafft, eine vielleicht unpopuläre, aber praktikable Lösung zu finden. Maske abschaffen? Zu viele Aufschreie! Maskenpflicht behalten? Aufstand der Tiroler Liftmafia! Also versucht man wieder einmal den holprigen Mittelweg. Wären die Gesundheitspolitiker Metzger, würden sie vermutlich nur den Vorderteil einer Kuh schlachten und die hintere Hälfte wieder zum Grasen auf die Weide stellen.