Allgemein

Vorarlberger Jugendliche sind weniger kriminell

23.02.2023 • 17:58 Uhr
Jugendliche werden seltener Ziel von Ermittlungen und Anklagen. <span class="copyright">steurer</span>
Jugendliche werden seltener Ziel von Ermittlungen und Anklagen. steurer

Die Zahl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, gegen die wegen Straftaten ermittelt wird oder die verurteilt werden, ist gesunken.

Die Zahl der jugendlichen Tatverdächtigen ist in Vorarlberg in den vergangenen Jahren gesunken, das hat eine parlamentarische Anfrage im Landtag ergeben. Demnach gab es im Vorjahr 207 jugendliche Verdächtige weniger, als noch 2018. Wird ein Jugendlicher mehrerer Delikte verdächtigt, kann es jedoch zu Doppelzählungen kommen, weshalb die Zahl der tatsächlich betroffenen Jugendlichen noch einmal niedriger liegen dürfte. Bei Verdächtigen bestimmter Nationalitäten gab es rückläufige Entwicklungen.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Datawrapper angezeigt.

Weniger Tatverdächtige

Die im Jänner eingebrachte Anfrage betraf zwar weitgehend den Zuständigkeitsbereich des Bundes, wurde von Landeshauptmann Markus Wallner und Landesrat Christian Gantner jedoch mit Hilfe der Landespolizeidirektion beantwortet.

Die Freiheitlichen hatten auch nach der Herkunft der Tatverdächtigen gefragt. Hier zeigte sich, dass besonders Ermittlungsverfahren gegen junge Afghanen deutlich abgenommen haben. Waren 2017 noch Ermittlungen gegen 24 afghanische Staatsbürger im Alter zwischen 14 und 18 wegen Körperverletzungen geführt worden, sank die Zahl 2021 – neuere Zahlen gibt es leider nicht – auf fünf Afghanen dieser Altersgruppe. Bei den jungen Erwachsenen (siehe Infobox) sank die Zahl der afghanischen Verdächtigen bei Körperverletzungen im selben Zeitraum von 21 auf zehn.

Bei schweren Körperverletzungen wurden 2021 Ermittlungen gegen zwölf Österreicher, vier Russen, zwei Afghanen und einen Bosnier im Alter zwischen 18 und 21 Jahren geführt.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Datawrapper angezeigt.

Bei Jugendlichen gab es weder 2017 noch 2021 Ermittlungen wegen Vergewaltigungsvorwürfen. Bei den jungen Erwachsenen wurden 2017 je ein Österreicher, Syrer, Türke, Äthiopier, Dominikaner und Somalier sowie zwei Afghanen dieses Verbrechens verdächtigt. 2021 wurde gegen sechs Österreicher, einen Bulgaren und einen Afghanen wegen mutmaßlicher Vergewaltigung ermittelt.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Datawrapper angezeigt.

Verschiedene Daten

Ob in all diesen Fällen auch Schuldsprüche ergingen, ist aufgrund der separaten Datenerfassung durch die Polizei und die Justiz nicht feststellbar. „Angemerkt wird, dass eine Unterscheidung nach Geschlecht, Staatsbürgerschaft, Bezirk, Deliktsart und Straftatbeständen nicht vorgenommen werden kann, da diesbezüglich beim Landesgericht Feldkirch keine statistischen Auswertungen vorliegen“, heißt es dazu in der Anfragebeantwortung. Auch über die Abschiebung straffälliger Jugendlicher liegen für Vorarlberg keine Daten vor.

Dennoch zeigt sie auch bei der Justiz ein Rückgang an jugendgerichtlichen Verhandlungen: Wurden 2018 noch 58 Jugendliche verurteilt, waren es 2021 nur noch 50 – wobei ein Teil der Reduktion auch auf die Lockdowns dieses Jahres zurückzuführen sein kann. Auch bei den gerichtlichen Diversionen – das sind Tatausgleiche ohne Schuldspruch – und erfolglosen Anklagen zeigte sich ein rückläufiger Trend, der nicht nur für Jugendliche, sondern auch für junge Erwachsene gilt.

Die Rückfallquote bei jugendlichen Straftätern ist laut Staatsanwaltschaft Feldkirch im Allgemeinen sehr gering. „Für 95 Prizent der jugendlichen StraftäterInnen ist Kriminalität laut Expertise von Fachleuten ein episodenhaftes Phänomen, das kaum Fortsetzung findet“, erklärt die Anfragebeantwortung.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Datawrapper angezeigt.

Land gegen höhere Altersgrenze. Eine Senkung des Alters für die Strafmündigkeit lehnt man beim Land ab. Österreich liege hier im europäischen Durchschnitt, heißt es. Es gebe auch „keine fachlichen Argumente für eine Herabsetzung“. Derzeit beginnt die Strafmündigkeit mit der Vollendung des 14. Lebensjahres (siehe Infobox).

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Datawrapper angezeigt.

Die FPÖ fordert immer wieder eine Herabsetzung der Strafmündigkeit auf das vollendete 12. Lebensjahr. „Weder lässt sich dadurch bei Jugendlichen ein abschreckender Effekt erzielen, noch wird durch Haft das Problem gelöst“, erklären Wallner und Gantner in ihrer Anfragebeantwortung. Maßnahmen wie „Erziehungshilfe, Anti-Aggressionstraining und therapeutischen Maßnahmen bis in letzter Konsequenz der Abnahme der Obsorge durch die Kinder- und Jugendhilfe“ seien geeigneter, um Kinder und Jugendliche auf die rechte Bahn zu bringen.

Jugendstrafrecht

Unmündige sind Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren. Von ihnen mutmaßlich verübte Delikte werden zwar statistisch erfasst, aber weder angeklagt noch bestraft. Jugendliche sind auch im Strafrecht Personen zwischen 14 und 18 Jahren. Die Strafandrohungen bei gerichtlich strafbaren Handlungen werden bei ihnen im Vergleich zu Erwachsenen grundsätzlich halbiert, wobei es etliche Sonderregelungen gibt. Zwischen 14 und 16 werden Jugendliche beispielsweise für minderschwere Straftaten (Vergehen) nur bei schwerem Verschulden bestraft. Unter-16-Jährige können höchstens zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt werden, ab 16 steigt die Höchstgrenze auf 15 Jahre. Junge Erwachsene, das sind Verdächtige bis zum vollendeten 21. Lebensjahr, haben in der Regel zwar mit höheren Strafen als Jugendliche, aber mit niedrigeren als andere Erwachsenen zu rechnen. Bei schweren Straftaten, beispielsweise gegen Leib und Leben, werden sie jedoch wie andere Erwachsene behandelt. Allerdings tritt bei ihnen an Stelle einer lebenslangen immer eine maximal 20-jährige Freiheitsstrafe.