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Brendan Fraser als Mensch aus viel Fleisch und Blut

27.04.2023 • 07:00 Uhr
Charlie ist extrem übergewichtig und sieht dem Ende entgegen. <span class="copyright">Play Deluxe</span>
Charlie ist extrem übergewichtig und sieht dem Ende entgegen. Play Deluxe

Eine emotionale Geschichte um Menschlichkeit und Mitgefühl. Ab morgen im Kino.

Darren Aronofsky hat mit „The Whale“ ein in der Anmutung ungewöhnliches Sujet verfilmt, dessen Gehalt doch altbekannt ist. Er erzählt von einem Vater, der nach Jahren des Schweigens wieder Kontakt zu seiner Tochter sucht. Das nur auf den ersten Blick Ungewöhnliche: Der Vater wiegt 270 Kilogramm. Brendan Fraser erhielt für diese gewichtige Partie verdient den Hauptrollenoscar. „The Whale“ ist ein Kammerspiel, das seine Herkunft vom Theater nicht verschleiert. Schließlich hat Drehbuchautor Samuel D. Hunter sein eigenes Bühnenstück aus 2012 werkgetreu für die Leinwand adaptiert. Die Spielfläche ist und bleibt die Wohnung des Englischprofessors Charlie – eine aufgelegte Bravourrolle für Brendan Fraser. Sein Charlie sieht dem Ende entgegen. Angesichts eines Blutdrucks von 238 zu 134 und zwei Zentnern Übergewicht gepaart mit der Weigerung, zum Arzt zu gehen, ist der Tod nur mehr eine Frage der Zeit. In der Tristesse der vermüllten Wohnung sind Onlineschreibkurse mit Studierenden, bei denen Charlie eine nicht funktionierende Webcam vorschützt, um seine Körpermaße geheimzuhalten, der einzige Lichtblick. Der sehnlichste Wunsch des langsam Verdämmernden: Wieder in Kontakt mit seiner Tochter Ellie (Sadie Sink) kommen und deren finanzielle Absicherung nach seinem Tod. Seit er vor acht Jahren Ellie und ihre Mutter Mary (Samantha Morton) für seine große Liebe, einen seiner Studenten, verließ, haben sich Vater und Tochter entfremdet. Der spätere Suizid des Geliebten hat Charlie in die Resignation getrieben, zum schrittweisen Selbstmord mittels Lebensmitteln. Nun, auf den letzten Metern, versucht Charlie eine Annäherung an sein Kind. Sein sonstiger Kontakt zu anderen Menschen beschränkt sich im wesentlichen auf seine Krankenschwester Liz (Hong Chau), die sich in rauer Herzlichkeit um ihren Freund sorgt, die Stimme des Pizzaboten Dan, mit dem er stets nur durch die geschlossene Tür spricht und den jungen Wanderprediger Thomas (Ty Simpkins), der den Atheisten Charlie zu bekehren versucht.

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Kleiner, feiner Film

All dies sind dialogische Duelle, die vollends von der schauspielerischen Gewandtheit der Protagonisten leben. Und doch stehen alle im sprichwörtlichen Schatten von Frasers Charlie. Jeder Schritt mit dem Gehwagen fordert unmenschliche Kräfte, ein heruntergefallener Schlüssel stellt ein unüberwindliches Problem dar. Dabei erinnert nichts in dieser Verkörperung an frühere, semihumoristische Fat-Suit-Darstellungen des Weltkinos. In dem Drama geht es letztlich um Menschlichkeit und ein Mitgefühl, das nicht schmierig daherkommt. Es ist ein kleiner Film, der von Menschen aus Fleisch und Blut erzählt. Dass dies teils besonders viel Fleisch ist, bleibt dabei letztlich unerheblich.

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