Eine Sternstunde bei Saunatemperaturen

Vereint in hinreißender Spielfreude präsentierten sich die Debütantinnen und der Debütant Connie Shih, Veronika Eberle und Steven Isserlis bei der Schubertiade.
Drei Schubertiade-Debüts gab es im Kammerkonzert am Dienstagabend, wobei die kanadische Pianistin Connie Shih, die deutsche Geigerin Veronika Eberle und der britische Cellist Steven Isserlis alle drei schon lange in der Musikwelt zu Hause sind. Während die Pianistin die Hauptlast trug und dabei immer neue Energien freisetzte, stellten sich die Geigerin und der Cellist im ersten Konzertteil mit Sonaten von Schubert und Beethoven vor.
Dem Namen nach könnte die 34-jährige Geigerin Veronika Eberle ja durchaus aus dem Bregenzerwald stammen, geboren ist sie in Donauwörth, und geprägt wurde sie wie so viele andere Geigerinnen und Geiger von Ana Chumachenco in München – mit Julia Fischer kommt übrigens am Wochenende eine weitere Künstlerin aus deren Meisterschmiede zur Schubertiade.
Feines Zusammenspiel
Mit ihrem weichen, blühenden Geigenton spannt Eberle die Melodien von Schuberts A-Dur-Sonate D 574 aus, getragen von den schwingenden, nachschlagenden Akkorden der Pianistin Connie Shih. Dass sich hier zwei erfahrene Kammermusikerinnen gefunden haben, wird in ihrem feinen Zusammenspiel sogleich hörbar. Temperament und Lust an Akzenten und Sforzati zeigen sie im Scherzosatz, der einen umso lyrischeren Mittelteil umschließt, im schwingenden Andantino geben sich die Musikerinnen gegenseitig Raum im Wechsel von Haupt- und Begleitstimmen.
Mit dem 64-jährigen Cellisten Steven Isserlis, dem graulockigen Commander of the British Empire, der gerne über den Tellerrand hinausschaut, Werke bearbeitet und Kinderbücher zu musikalischen Themen geschrieben hat, bildet Connie Shih ein festes Duo: Die lyrischste aller Cellosonaten von Beethoven, die mittlere in A-Dur op. 69, beginnt Isserlis mit einem Solo, in dem er die Töne aus dem Raum zu pflücken scheint. Die Pianistin greift das Thema auf, füllt es mit Akkorden, im gemeinsamen Austausch entstehen orchestrale Wucht und Energie. Bei Shih und Isserlis und ihrem intensiven Dialog blickt Beethoven weit voraus in die Romantik, mit widerborstigen Kontrasten im Scherzo, der wunderbar getragenen Einleitung zum Finale und dem großräumigen Fluss der Themen.
Funken
Nach der Pause lassen die drei mit Schuberts großem Es-Dur-Trio D 929 die Funken sprühen: Die Lust am gemeinsamen Musizieren, an Schuberts herrlicher Musik, an der Gestaltung, an den Emotionen und Abgründen heizt das Ensemble immer wieder neu an. Besonders spannend ist das, wenn sie nach großen Steigerungen aus dem Nichts beginnen, die Streicher ohne Vibrato spielend ganz fahl klingen und dann umso mehr in die Fülle gehen. Der Beginn des langsamen Satzes über dem trockenen Klavierpochen hebt den singenden Ton des Cellisten hervor, die Geige bleibt fast tonlos, zurückgenommen – doch was für eine herzzerreißende Explosion von existenzieller Dringlichkeit lassen die Musizierenden dann folgen!
Spielfreude. Wunderbar musikantisch ist das tändelnde Scherzo und im Finale mit seiner überschwänglichen Spielfreude und Wucht, der Klangfarbenfülle und den zerbrechlich wirkenden Zwischenteilen bereiten sie den Schubertiadegästen ein Fest – mit fliegenden Haaren und in der Langfassung, die so herrliche Übergänge und Wendungen enthält. Eine Sternstunde bei Saunatemperaturen!
Von Katharina von Glasenapp