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Russlands Mondsonden-Desaster

20.08.2023 • 21:18 Uhr
Russlands Mondsonden-Desaster
Ursachen für den Absturz sind noch unklar.(C) AP

Russlands lange verschobene Mondmission endet mit Aufschlag auf dem Erdtrabanten.

Am Samstag um 13.10 Uhr (MESZ) hätte Luna-25 in eine neue Mondumlaufbahn eintreten sollen, doch da nahm das Desaster bereits seinen Lauf: “Während der Operation kam es an Bord der automatischen Station zu einer außerplanmäßigen Situation, die es nicht erlaubte, das Manöver unter den vorgegebenen Parametern auszuführen”, ließ die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos wissen. Daraufhin riss die Kommunikation mit der Mondsonde ab – und am Sonntag hieß es dann, dass Luna-25 nach einer auf der Mondoberfläche aufgeschlagen sei und “aufgehört habe zu existieren”. Bedeutet: Mission gescheitert.

Kommentar von Thomas Golser

Route aus Mondumlaufbahn wurde zum Verhängnis

Am 11. August war eine Sojus-2.1b-Trägerrakete vom Weltraumbahnhof Wostotschny aus mit Luna-25 an Bord gestartet, am Donnerstag wurde ein Foto der Mondoberfläche veröffentlicht, das die Sonde aufgenommen hatte. Zu diesem Zeitpunkt war Luna-25 ungefähr 310.000 Kilometer von der Erde entfernt und hatte bereits etwa 80 Prozent ihres Weges hinter sich gebracht. Mit der zwei Tage später auftretenden “außerplanmäßigen Situation” meinte Roskosmos, dass es misslang, die 1,8 Tonnen schwere Sonde in ihre neue Mondumlaufbahn eintreten zu lassen. Dies wäre die Vorbereitung auf das baldige Aufsetzen auf die Mondoberfläche – anvisiert war die Südpolregion – gewesen. Danach geriet die Konstruktion außer Kontrolle und schlug hart auf. Ursachen und Hintergründe würden nun geklärt, hieß es offiziell. Unbestritten, dass der Wechsel von einer Mondumlaufbahn auf seine Oberfläche stets besonders heikel ist.

Das Foto von der Mondoberfläche, das Luna-25 noch gelungen war
Das Foto von der Mondoberfläche, das Luna-25 noch gelungen warAPA

Trotz aller Häme, die nach dem Fehlschlag im Netz verteilt wurde, betont er, dass Luna-25 eine “wissenschaftlich durchaus bemerkenswerte Mission” war, die die am Südpol vermuteten großen Wassereisressourcen erkunden sollte. Dort sind die Gegebenheiten auch günstig, um durchgehend die dringend benötigte Solarenergie zu generieren. Was vermutet Grömer als mögliche Ursache? “Die Wortwahl bei der ersten offiziellen Meldung einer Anomalie war kryptisch. Soweit ich weiß, ist die Arbeitshypothese, dass ein falsches Burn-Kommando (Zünde-Befehl, Anmerkung) geschickt worden ist.”

Erster geplanter Starttermin: 2012

Der erste geplante Starttermin einer Mondsonde reicht bis 2012 zurück, die letzte durchgeführte Mission bis in Sowjetzeiten, genauer in das Jahr 1976 und Luna-24. Luna-25 galt als prestigeträchtiges Projekt im Wettbewerb mit den anderen großen “Playern” wie den USA, China und Indien. Politiker hatten nach dem Start der Rakete vom Weltraumbahnhof Wostotschny noch auf russisches Durchhaltevermögen auch im Weltall gepocht. War der Zeitpunkt des Starts trotz der langen Verzögerungen trotzdem der falsche? Dass man mitten im Krieg abhob, ist für Grömer aus gewissen Blickwinkeln nachvollziehbar: “Seit Sowjetzeiten wurde Raumfahrt benutzt, um geopolitische Sympathiepunkte zu sammeln” – und diese sind im Augenblick bekanntlich rar.

Nun liegt der Ball bei Indien: Am 5. August ist der Raumflugkörper Chandrayaan-3 in seine Mondumlaufbahn eingetreten, am 23. oder 24. August soll die Sonde in der Nähe des Südpols landen. Gelänge das, hätte Indien neben der Sowjetunion, den USA und China eine kontrollierte Mondlandung zuwege gebracht.