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OGH: Ausbeutung bei Kauf einer Wohnung

10.09.2023 • 16:00 Uhr
Nach Ansicht des Höchstgerichts liegt bei der Wohnung Wucher und damit Ausbeutung vor. <span class="copyright">APA</span>
Nach Ansicht des Höchstgerichts liegt bei der Wohnung Wucher und damit Ausbeutung vor. APA

Höchstgericht entschied, dass Kaufvertrag aufgehoben wird, weil Immobilienfirma weniger als 60 Prozent des Verkehrswerts bezahlte und Zwangslage der Verkäuferin ausnützte.

Eine Frau erbte mehrere Wohnungen von ihren verstorbenen Eltern. Die psychisch und physisch angeschlagene Unterländerin geriet derart in finanzielle Schwierigkeiten, dass ihr Zwangsversteigerungen drohten. Deshalb verkaufte sie der Familie eines Immobilienhändlers 13 Objekte. Inzwischen meint sie, viel zu billig verkauft zu haben. Sie führt daher, wie berichtet, mehrere Zivilprozesse, in denen sie die Aufhebung der Kaufverträge fordert.

Erstmals hat nun der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem der Prozesse in dritter und letzter Instanz rechtskräftig entschieden. Demnach wurden Kaufverträge aus dem Jahr 2018 über eine Wohnung und einen Tiefgaragenplatz in der dortigen Wohnanlage im Bezirk Dornbirn aufgehoben.

Nach Ansicht des Höchstgerichts liegt bei der Wohnung Wucher und damit Ausbeutung vor, weil die beklagte Immobilienfirma weniger als 60 Prozent des seinerzeitigen Verkehrswerts dafür bezahlt habe. Damit bestehe, so die Wiener Höchstrichter, ein auffallendes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor. Zudem sei die Zwangslage der Verkäuferin der Immobilie ausgenützt worden, weil die Wohnung zwangsversteigert hätte werden sollen. Die Klägerin wohnte vor dem Verkauf und seitdem weiterhin in der Wohnung. Nach dem Kauf vermietete die Immobilienfirma ihr die Wohnung.

Für den Tiefgaragenplatz hat der Kaufpreis laut OGH sogar weniger als die Hälfte des Verkehrswerts betragen. Das nennen Juristen mit dem lateinischen Fachbegriff laesio enormis, Verkürzung um die Hälfte.

Bei der Fortsetzung des Verfahrens im Oktober am Landesgericht wird die Höhe des Kaufpreises zu bestimmen zu sein, der zurückbezahlt werden muss und abhängig von Zu- und Abschlägen ist. Die Wohnung gehe dann zurück ins Eigentum der Klägerin, sagt Klagsvertreter Gernot Klocker.

In einem anderen Verfahren habe das Oberlandesgericht Innsbruck ein Urteil des Landesgerichts Feldkirch bestätigt, berichtet Klocker. Der Kaufvertrag für zwei Wohnungen in Dornbirn sei aufgehoben worden. Für gültig erklärt worden sei allerdings der Kaufvertrag für eine Wohnung in Lochau. Dafür habe der  Kaufpreis 52.000 Euro betragen, der seinerzeitige Verkehrswert aber aus Sicht des Gerichtsgutachters 98.000 Euro. Dennoch hätten die Gerichte nicht auf Wucher erkannt. Seine Mandantin habe noch nicht entschieden, ob das Urteil beim OGH bekämpft werde.