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Erkältungswelle: Viele betroffen, aber keine Gefahr

05.11.2023 • 10:00 Uhr
Erkältungswelle: Viele betroffen, aber keine Gefahr
Dr. Thomas Jungblut, Allgemeinmediziner aus Bregenz Privat

Dr. Thomas Jungblut klärt auf, welche Erreger für die Krankheitswelle sorgen.

Vorarlberg hustet und schnieft, Betriebe klagen über einen hohen Krankenstand. Dr. Thomas Jungblut ist Arzt für Allgemeinmedizin in Bregenz. Auch er stellt fest, derzeit sind außergewöhnlich viele Menschen krank. Verantwortlich sind dafür laut dem Mediziner diverse Viren und Bakterien. Haemophilus influenzae oder verschiedene Rhinoviren seien derzeit besonders stark im Umlauf. Auch Covid ziehe aber weiter seine Kreise, mittlerweile in diversen Varianten. Die Vielzahl an verschiedenen Erregern führt dann auch zu den vielen Krankheitsfällen.

Taschentuch und Nasenspray sind für viele Vorarlberger derzeit Alltag. <span class="copyright">dpa</span>
Taschentuch und Nasenspray sind für viele Vorarlberger derzeit Alltag. dpa

In gewisser Weise kann Jungblut aber gleich entwarnen: „Manche von den Erregern sind zwar äußerst lästig, bis jetzt war aber noch nichts wirklich Gefährliches dabei.“ Will meinen, die Krankheit legt einen mitunter zwar ordentlich flach, bleibende Schäden wird man nach der Genesung wohl eher nicht davontragen. Und auch schwere Verläufe, die einen Krankenhausaufenthalt mit sich bringen, seien nicht zu erwarten.

“Manche Erreger beleidigen den Körper für längere Zeit”

Dennoch dürften viele Vorarlberger gerade genervt davon sein, vor allem langwierige Erkrankungen zu haben. Der Grund dafür liegt laut Jungblut in den Viren und Bakterien, die gerade umgehen. „Es gibt einfach Erreger, die beleidigen den Körper längere Zeit.“ Der Körper habe den eigentlichen Erreger schon besiegt, die Folgewirkungen halten dann aber gerne noch weiter an – und der Schnupfen bleibt deshalb, obwohl der Erkrankte eigentlich bereits über den Berg ist. Das schlimmste Beispiel für solche anhaltenden Symptome sei etwa Long-Covid. Insbesondere bei Viruserkrankungen sei es ganz typisch, dass Symptome auch nach dem Abklingen der eigentlichen Infektion noch andauern.

Sollte ein Husten aber länger anhalten und nicht von alleine verschwinden, rät der Mediziner durchaus den Gang zum Arzt. Es müsse dann insbesondere bei Husten zunächst das Vorliegen einer schwereren Erkrankung ausgeschlossen werden. „Wenn es aber wirklich nur eine anhaltende Beleidigung der Lunge ist, kann man den Husten dann sehr gut mit Asthma-Medikamenten bekämpfen“, erklärt Jungblut.

Der Gang zum Arzt

Wer länger flach liegt, sollte über einen Besuch beim Arzt nachdenken. <span class="copyright">APA/dpa/Maurizio Gambarini</span>
Wer länger flach liegt, sollte über einen Besuch beim Arzt nachdenken. APA/dpa/Maurizio Gambarini

Wie schnell der Gang zum Arzt aber allgemein notwendig ist, ist eine subjektive Einschätzung der Lage und des eigenen Körpers. Grundsätzlich seien die Arztpraxen aber für jeden offen, betont der Allgemeinmediziner. Eine gute Beratung, sofern Patienten unsicher sind, bietet aber auch das Gesundheitstelefon des Landes Vorarlberg. Dort beraten medizinkundige Menschen rund um die Uhr und können weitere Empfehlungen zum Vorgehen abgeben. In der Vergangenheit betonte der Präsident der Ärztekammer Vorarlberg immer wieder den Stellenwert des Beratungsangebots und meint, mithilfe dessen können volle Arztpraxen vermieden oder zumindest reduziert werden.

Eine große Gefahr ist aber auch das Verschleppen. Denn, wer eine Erkältung auf die leichte Schulter nimmt und gar Sport treibt, der läuft Gefahr eine Herzmuskelentzündung zu entwickeln. Viel Ruhe und Erholung sind deshalb absolut empfehlenswert, meint auch Jungblut.

Der Griff zur Maske kann derzeit sinnvoll sein.<span class="copyright"> APA/EVA MANHART</span>
Der Griff zur Maske kann derzeit sinnvoll sein. APA/EVA MANHART

Warum aber werden genau jetzt so viele Menschen krank? Jungblut meint, das liege an der kühleren Jahreszeit. Bei sinkenden Temperaturen schalten viele Menschen die Heizung an. Das trocknet die Schleimhäute von Nase und Mund und führt dazu, dass sie anfälliger für das Eindringen von Krankheitserregern werden. Außerdem halten sich viele Menschen ganz einfach mehr drinnen als draußen auf. Und spätestens seit Corona wissen wir, in Innenräumen verbreiten sich Viren und Bakterien via Tröpfcheninfektion besonders gut.

Was dagegen hilft, ist vor allem regelmäßiges Händewaschen, Desinfizieren und das Vermeiden von sehr engem Kontakt. Auch das Tragen einer Mund-Nasen-Maske kann mitunter in der Erkältungszeit ratsam sein. „Eigentlich alle Dinge, die wir in der Covid-Zeit gepredigt und deshalb fleißig gelernt haben“, lacht Jungblut.

Der richtige Schutz gegen Atemwegsinfekte

Welche Erreger sind derzeit im Umlauf?

Wir haben es zurzeit vor allem mit Rhinoviren, also klassischen Erkältungsviren, Haemophilus influenzae oder Covid 19 zu tun. Von Viren bis Bakterien ist also alles dabei. Manche Erreger rufen langwierigere Erkrankungen hervor, andere klingen schnell wieder ab.

Wie schützt man sich am besten?

Genau wie zu Zeiten der Covid-19-Pandemie ist es ratsam, viel Wert auf Desinfektion und Hände waschen zu legen. Wer bereits angeschlagen ist, sollte darüber nachdenken, zu einer Mund-Nasen-Maske zu greifen. Das schützt nicht nur sich selbst, sondern auch andere. Entscheidend ist laut Dr. Thomas Jungblut außerdem ein gesunder Lebensstil. Insbesondere Schlaf sei enorm wichtig, um das Immunsystem zu stärken und fit zu halten. Warme Tees, heiße Bäder oder auch das Essen von Citrusfrüchten helfen ebenfalls.

Wie lange ist man ansteckend?

Die Frage lässt sich schwer pauschal beantworten und ist in der Regel davon abhängig, mit welchem Erreger man es zu tun hat. Oftmals ist man allerdings noch eine Woche nach Abklingen der Symptome ansteckend, denn man scheidet so lange Viren aus. Außerdem ist man meist bereits kurze Zeit nach der Ansteckung, abhängig von der Inkubationszeit, infektiös. Viele Viren, zum Beispiel das Rhinovirus, sind zudem sehr robust und überleben einige Stunden auf unbelebten Objekten. Das steigert das Risiko einer Schmierinfektion. Daher sind Infektionswellen typisch für Büros oder Kitas und Schulen.

Warum verkühlen wir uns im Herbst?

Das liegt vor allem daran, dass wir plötzlich mehr Zeit drinnen verbringen. Dort ist die Ansteckungsgefahr am Größten, da sich Infektionen unter anderem über Aerosole ausbreiten können. Zusätzlich schwächt die trockene Heizungsluft unsere natürliche Abwehr. Sie sorgt dafür, dass unsere Schleimhäute in Mund und Nase trockener werden und daher nicht mehr so gut vor Erregern geschützt sind, wie sonst.

Kommt jetzt die große Grippewelle?

Jain. Im Hinblick auf den Winter erwarten Virologen einen generellen Anstieg respiratorischer Infekte, sprich Erkrankungen der Atemwege. Und das deutsche Robert-Koch-Institut – auch in Deutschland sind viele Menschen krank – berichtet, in den vergangenen fünf Jahren waren Ende Oktober nie so viele Menschen krank wie heuer. Dennoch gibt es vorerst keinen Grund zur Sorge. Die Erkrankungen haben meist keine schwerwiegenden Verläufe und müssen nicht stationär behandelt werden. Zustände wie zu Covid-Spitzenzeiten sind vorerst nicht zu erwarten.