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Wieso zopft es eigentlich zu Ostern?

02.04.2024 • 10:51 Uhr
Neue Kopfkino Salmhofer Kolumne
Sonntags-Tagebuch von Heidi Salmhofer. NEUE

Heidi Salmhofer mit ihrer Kolumne in der NEUE am Sonntag.

Jedes Jahr zu Ostern duftet meine Küche nach Germ. Gebacken wird: Zopf mit Nussfülle, Zopf mit Rosinen, Zopf mit Mohn, in allen Varianten und Ausformungen, aber immer mit Ostereiermulden. Nun stehe ich wieder vor meiner Zopfmehlmischung, dem Dampfl, den Eiern, der weichen Butter und der Milch und frage mich: Warum? Warum gibt es zu Ostern Zopfgebäck? Warum kringeln sich Osterkränze in den Supermärk­ten, und warum gibt es dieses fluffige Gebäck überhaupt und gerade jetzt?

Neugierde ist mein zweiter Vorname. Somit recherchiere ich vor dem Backen. Jetzt will ich es wissen! Dabei kommt einiges Erstaunliche zu Tage. Wohl opferten früher – also sehr viel früher – Frauen ihrem verstorbenen Ehemann einen Haarzopf. Später schien man lieber darauf zu verzichten und legte anstelle des Haarzopfes einen Hefezopf ins Grab. Hätte ich einen (verstorbenen) Mann, ihm wäre wahrscheinlich ein gebackener Zopf auch lieber im Grab als mein schmächtiges Haarbüschel. Man sagt aber auch, der Hefezopf hat durch das jüdische Pessachfest das Licht der Welt erblickt. Da man zur Feier des Auszugs aus Ägypten kein gesäuertes Brot essen darf, hat man sich einfach Germ als alternatives Backtriebmittel herangeholt und schon war er da, der Zopf. Vielleicht ist die germige Entstehung auch eine Kombination von beiden Geschichten. Und weil das Christentum in Glaubensfragen sehr geschwis­terlich zum Judentum ist und sich Brauchtümer gerne vermischen, hat sich das in unserer hier gebräuchlichen Religion gleich einmal integriert.

Jetzt gehört der Zopf zur Schlemmerfreude nach den Fastentagen. Schon im Mittelalter hat man das Osterbrot als christliches Symbol des „Fastenbrechens“ an den österlichen Festtisch serviert. Besonders gescheit war, dass man auch gleich in die Farbe des Zopfes die Sonne und somit Jesus als das Licht der Welt hineininterpretieren konnte. Praktisch! Die Form hat man ein wenig angeglichen und aus den Zopf einen Kreis geformt – dann ähnelt er übrigens noch mehr der Sonne – und schon hat man eine dreisträngige Dreifaltigkeit oder eine Verflechtung zwischen Mensch und Gott. Das kreisrunde, süße Flechtwerk als Hinweis darauf, dass wir alle irgendwie zusammengehören. Ob man an Gott glaubt, an das Universum oder auch an nichts außer dem Hier und Jetzt. Dass es schön ist, einfach mit Familie und Menschen verwoben zu sein und gemeinsam einen Zopf mit Marillenmarmelade essen kann, ist nicht zwingend eine Frage des Glaubens, aber auf jeden Fall eine des Glücklichseins. Frohe Ostern!

Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalis­tin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter mit ihren Töchtern in Hohenems.