Allgemein

Wie Vorarlberg von der EU profitiert

04.06.2024 • 23:00 Uhr
Wie Vorarlberg von der EU profitiert
30 Jahre ist es her, dass es grünes Licht für den EU-Beitritt gegeben hat. Vorarlberg hat davon profitiert.Frederick Sams

Vor 30 Jahren gab es in einer Volksabstimmung grünes Licht für den EU-Beitritt Österreichs.

Am kommenden Sonntag geht in Österreich die Europawahl über die Bühne. Drei Tage später – am 12. Juni – ist zudem der Jahrestag der Volksabstimmung über den EU-Beitritt. Vor genau 30 Jahren wurde in Österreich darüber entschieden, ob das Land Teil der Union werden soll. Etwa zwei Drittel (66,6 Prozent) aller Wahlberechtigten stimmten damals bundesweit mit „Ja“. In Vorarlberg lag der Anteil der „Ja“-Stimmen auf genau dem gleichen Wert. Die Wahlbeteiligung lag im Ländle mit 80,4 Prozent jedoch leicht unter dem bundesweiten Wert von 82,3 Prozent.

Mehr Ablehnung im Süden

Doch auch innerhalb Vorarlbergs gab es damals leichte Unterschiede beim Abstimmungsverhalten. So war der nördliche Wahlkreis des Landes (die Bezirke Bregenz und Dornbirn) mit 68 Prozent „Ja“-Anteil ein wenig EU-freundlicher gestimmt, während im Süden (die Bezirke Feldkirch und Bludenz) „nur“ 64,8 Prozent der Wahlberechtigten für einen Beitritt zur Union waren.

“Nein” aus fünf Gemeinden

Vor allem im Montafon gab es damals Widerstand dagegen, dass Österreich EU-Mitglied werden soll. Gleich in fünf Gemeinden gab es dort keine Mehrheit bei den „Ja“-Stimmen. In Bartholomäberg waren die Stimmen 50 zu 50 verteilt. Weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten war in St. Gallenkirch (47,3 Prozent), Silbertal (48,0 Prozent), Gaschurn (48,1 Prozent) und Tschagguns (49,6 Prozent) für einen EU-Beitritt. Einen ähnlichen Abstimmungsausgang gab es im Land sonst nur noch in Dünserberg (49,3 Prozent).

Klösterle auf Platz Eins

Es gab allerdings auch Ortschaften mit deutlich mehr Europa-Begeisterung. So stimmten in Klösterle 79,4 Prozent für die EU-Mitgliedschaft. Knapp dahinter folgte Schröcken mit 77,7 Prozent. Platz Drei in Sachen Zustimmung ging bei der Abstimmung an Lorüns, wo 77,0 Prozent der Wahlberechtigten mit „Ja“ votierten.

25 Jahre später und kurz vor der Europawahl stellt sich die Frage, welche Vorteile der EU-Beitritt den Menschen im Land gebracht hat.

Mehr Exporte und Jobs

Eröffnung Güterbahnhof Wolfurt
Die Exporte Vorarlbergs haben sich seit dem EU-Beitritt fast verfünffacht. vol.at

Positiv hat sich der EU-Beitritt auf den Wohlstand im Land ausgewirkt. Das zeigen die Wirtschaftsdaten. So informierte beispielsweise das Land zum Europatag am 9. Mai darüber, dass sich das Exportvolumen Vorarlbergs seit dem Beitritt fast verfünffacht habe. Während dieses im Jahr 1995 noch bei 2,8 Milliarden Euro lag, lag der Wert im Jahr 2023 bei knapp 14 Milliarden Euro. 4600 exportierende Unternehmen gibt es in Vorarlberg. 60 Prozent des Außenhandels geht dabei in die EU. Die wichtigsten Handelspartner sind Deutschland, die Schweiz und Italien.

Genauso positiv wie die Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft war der Effekt des EU-Beitritts den Zahlen zufolge auch auf den Arbeitsmarkt. So ist die Zahl der unselbstständig Beschäftigten seit 2004 von 137.500 auf 172.680 im Jahresdurchschnitt von 2023 gestiegen. Seitens des Landes wird auch eine Bertelsmann-Studie als positiv gewertet. Diese zeige, dass Österreich bei der Einkommensentwicklung zu den Gewinnern im EU-Binnenmarkt zähle. Vorarlberg liege dabei in Österreich ganz vorn.

Einzahlung fließt zurück

Landwirtschaft Kühe stall Bauer
Über das Leader-Programm soll der ländliche Raum weiterentwickelt werden. Hartinger

Vorarlberg zahlt für die EU-Mitgliedschaft Österreichs zwar kräftig ein, bekommt aber aus Brüssel noch mehr zurück. Das berichten die Verantwortlichen des Landes. So seien 2023 rund 24 Millionen Euro in den EU-Haushalt eingezahlt worden. In der laufenden Förderperiode 2021 bis 2027 würden dagegen im Schnitt jährlich etwa 32 Millionen Euro über unterschiedlichste Programme wieder von Brüssel nach Vorarlberg fließen. Inkludiert sind dabei die Förderungen für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) oder auch Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds.

Daneben gibt es auch noch zahlreiche andere Unterstützungen aus Brüssel, wie etwa Interreg-Programme zur Förderung der großräumigen Zusammenarbeit. Über das Leader-Programm der EU soll dagegen der ländliche Raum entwickelt werden. Zahlreiche Projekte im Land haben davon profitiert. Weitere Informationen zu EU-Förderungen gibt es auf der Webseite des Landes.

Grenzenlos unterwegs

Wie Vorarlberg von der EU profitiert
Grenzkontrollen sind seit dem EU-Beitritt kein großes Thema mehr. Hartinger

Reisefreudige Vorarlbergerinnen und Vorarlberger haben vom EU-Beitritt besonders profitiert. Schließlich können die 27 Mitgliedsstaaten einfach bereist werden. Grenzkontrollen gibt es normalerweise auch keine. Ebenso fällt bei einer Reise in 19 der 27 Länder auch das von früher bekannte Geld-Wechseln weg, da dort so wie in Österreich offiziell der Euro als Zahlungsmittel gilt.

Wer auf seiner Reise in der EU krank wird, profitiert ebenfalls von der Mitgliedschaft. Mit der europäischen Krankenversicherungskarte gilt, dass dringende Gesundheitsversorgung im EU-Ausland zu denselben Bedingungen und Kosten ermöglicht werden muss wie im Heimatland der Versicherten. Wer also in Österreich versichert ist, findet auf der Rückseite der E-Card die Europäische Krankenversicherungskarte. Wer nicht nur verreisen, sondern sich in einem anderen EU-Staat niederlassen möchte, um dort beispielsweise zu studieren, zu arbeiten oder seine Pension zu verbringen, profitiert ebenso von der Mitgliedschaft in der Union und den geltenden Freiheiten.

Rechte wurden gestärkt

Wie Vorarlberg von der EU profitiert
Bei der Arbeiterkammer wird die EU in Sachen Konsumentenschutz positiv gesehen. Steurer

Gleich „sieben gute Gründe“, warum Konsumentinnen und Konsumenten an der Europawahl teilnehmen und die EU damit stärken sollen, haben die Verantwortlichen der Vorarlberger Arbeiterkammer gefunden. In Sachen Konsumentenschutz habe sich durch die EU viel zum Besseren gewendet, heißt es auf der AK-Webseite.

So sei es beispielsweise durch die Abschaffung der Roaminggebühren günstiger geworden, im EU-Ausland zu telefonieren und zu surfen. Ebenso seien dank der EU die Gebühren für Kartenzahlungen gedeckelt worden, sodass der Einkauf zuhause sowie im Urlaub günstiger werde. Zudem dürften Überweisungen in EU-Mitgliedsstaaten und das Abheben von Euro an ausländischen Geldautomaten nicht mehr kos­ten als im Heimatland.

Positiv sehen es die AK-Verantwortlichen auch, dass durch zahlreiche EU-Vorschriften auch die Verbraucherprodukte sicherer geworden seien. So würden die Konsumentinnen und Konsumenten etwa vor gefährlichen Stoffen in Putzmitteln, Spielzeug oder Kleidung geschützt. Alleine in Kosmetika seien von der EU mittlerweile mehr als 100 gesundheitsschädliche Stoffe verboten worden.
­Gestärkt wurden durch die Union auch die Flug- und Fahrgastrechte, heißt es bei der AK. Nicht zuletzt fördere Brüssel auch die Reparatur von Produkten systematisch. So sei am 23. April eine EU-Richtlinie für ein Recht auf Reparatur beschlossen worden. Hersteller dürfen künftig die Reparatur ihrer Produkte nicht mehr erschweren.

Auslandsluft schnuppern

30 Jahre aha Jugendinfo - Interview bei aha Dornbirn mit Geschäftsführerin Monika Paterno
Das aha hat auf der eigenen Webseite einen Schwerpunkt zur Europawahl.vol.at

Einen Schwerpunkt zu Europa und zur bevorstehenden Wahl gibt es auch beim Vorarlberger Jugendinformationszentrum aha. So lässt sich auf dessen Webseite unter anderem nachlesen, wie sich die EU auch auf das Leben junger Menschen ausgewirkt hat. Ein wichtiger Punkt ist den Verantwortlichen dabei auch die Möglichkeit, andere Mitgliedsstaaten kennenzulernen und zu reisen. Es wird dabei etwa auf die Initiative Erasmus+ verwiesen, welche unterschiedliche Möglichkeiten für Auslandsaufenthalte bietet, die sich an breite Palette von Zielgruppen richtet – von Schülern über Jugendliche bis hin zu Studierenden oder auch Erwachsenen.

Eine weitere Möglichkeit, mit Unterstützung der EU ins Ausland zu kommen, ist der Freiwilligendienst des Europäisches Solidaritätskorps (ESK). Dabei handelt es sich um ein Jugendförderprogramm der EU, bei dem junge Menschen im Alter von 18 bis 30 Jahren die Möglichkeit haben, sich lokal oder eben auch im Ausland zu engagieren. Die aha-Verantwortlichen weisen auch darauf hin, dass es eigene Förderschienen der EU gibt, welche junge Menschen bei der Umsetzung von gemeinnützigen Projekten unterstützen sollen