Drum überprüfe, wer sich auf Radtouren begibt

Heidi Salmhofer mit ihrer Kolumne in der NEUE am Sonntag.
Ich habe rechten Spaß am Radfahren. Durch elektronische Hilfe ist es mir sogar möglich, einige Höhenmeter zurückzulegen, ohne dass mein Herz vor lauter Pumpen nicht mehr hinterherkommt. Meistens bin ich alleine unterwegs. Einzig, ich benutze Hilfsmittel, um die richtigen, zu Kondition und Können passenden Radtouren zu finden. Sprich: Ich habe eine Telefon-App, in der ich angeben kann, wie lange so eine Fahrradroute sein soll, wie schwer, und auf welche Pfade sie mich führen darf. Gleich vorweg, so einer App ist noch weniger zu trauen als einem Autonavi. Dieses hat mich nämlich statt vor ein beschauliches Einfamilienhaus neben eine Kuhtränke im Nirgendwo gelotst. Zu jenem Zeitpunkt des Radtourenstarts war ich aber noch nicht so klug. Wie erwähnt, habe ich ein E-Bike. Wie man weiß, ist das recht schwer und eignet sich nicht zum sportlichen Treppenhochtragen. Also gebe ich in das Navi ein, mir bitte nur Fahrmöglichkeiten mit befestigten Straßen und Wegen vorzuschlagen. Die App spuckt ein paar hübsch anmutende Routen aus, und ich freue mich auf den auf mich zukommenden Aussichtspunkt.
Ich düse los. Die Wege sind noch feucht von den in letzter Zeit gehäuft vorkommenden Regengüssen, aber ich habe Vertrauen. Ich habe ja diese schlaue App. Das Leben ist schön. Quietsch, ich muss bremsen. Vor mir endet der gut befahrbare Waldweg und geht über in einen kleinen, engen Pfad, übersät mit nassen Wurzeln und umgefallenen Bäumen. „Biegen Sie rechts ab!“, sagt mir die App.
Nachdem ich aber große Lust habe, diese Tour ohne Beinbruch zu erledigen, kehre ich um und versuche, einen anderen Weg zu finden. „Sie haben die Route verlassen.“ Die App hört sich ziemlich vorwurfsvoll an. Ich ignoriere die entrüstete Frauenstimme, die mir inzwischen alle zehn Sekunden mitteilt, wie weit ich von der ursprünglichen Route entfernt bin. Egal. Ich schaffe das ohne die Dame im Telefon. Es gibt Hinweisschilder für zweiradfahrende Personen. Denen folge ich, total analog. Mein nächster Stillstand ist vor einem Elektrozaun „Bulle und Mutterkuh mit Kalb“. Besagter Bulle mit langem, zotteligem Fell und Hörnern, die gefühlt etwas über drei Meter lang sind, guckt mich an, und ich denke mir ein schlichtes Nein! Schlussendlich habe ich die halbe Tour mein Bike Stiegen hinauf und hinunter geschoben, den Aussichtspunkt nicht erreicht und dafür einen Muskelkater in den Oberarmen bekommen. Ein kluger Hinweis des Universums, Dinge immer genau anzusehen, weil man sonst nie weiß, wo sie einen hinführen. Und: Ich muss mir eine Salbe gegen Muskelkater besorgen.
Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalistin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter mit ihren Töchtern in Hohenems.