Frischzellenkur für 100-jährigen „Spritzerbau“

ÖBB planen großes Bauprojekt am Illrainhof in Bludenz. Das historische Ensemble soll durch eine Kombination aus Sanierung und Neubau umfassend erneuert werden.
Inmitten der Alpenstadt Bludenz steht seit fast einem Jahrhundert der Illrainhof, ein architektonisches Zeugnis vergangener Zeiten und gleichzeitig ein Symbol für Fortschritt und Industrialisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der 1925 als erste Arbeitersiedlung der Region errichtete Illrainhof, im Volksmund „Spritzerbau“ genannt, steht nicht nur für die städtebauliche Entwicklung von Bludenz, sondern auch für die prägende Rolle, die die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) in dieser Zeit für die Stadt gespielt haben.
Doch der Zahn der Zeit hat seine Spuren hinterlassen. Die einst stolzen Gebäude, die modernen städtischen Wohnkomfort nach Wiener Vorbild boten, sind in die Jahre gekommen. Heute sind nur noch zwei der sieben Blöcke (teilweise) bewohnt, der Rest ist stark sanierungsbedürftig oder abbruchreif. Die ÖBB, denen die Erhaltung und Weiterentwicklung dieses historischen Erbes ein großes Anliegen ist, haben sich nun entschlossen, dem Illrainhof neues Leben einzuhauchen. Noch im Jahr 2012 hatten die ÖBB den Illrainhof zum Kauf angeboten. Der Mindestpreis belief sich damals auf 1,6 Millionen Euro.
22 Wohnungen bleiben erhalten
Unter dem Motto „Altes erhalten und Neues schaffen“ soll der Wohnungsbestand in den nächsten Jahren umfassend modernisiert werden. Die ÖBB wollen dabei die charakteristische städtische Wohnform erhalten und gleichzeitig zeitgemäße Wohnstandards einführen. Ziel der Sanierung ist es, nicht nur die Bausubstanz teilweise zu sichern, sondern auch den hohen Anforderungen an Klimaschutz und Barrierefreiheit gerecht zu werden. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Bedürfnisse der ÖBB-Mitarbeiter gelegt, für die die Wohnungen in erster Linie vorgesehen sind.
Von den derzeit 68 Wohnungen bleiben 22 erhalten. Lediglich zwei Blöcke werden in das neue Baukonzept integriert. Drei Blöcke werden endgültig abgerissen und durch moderne Neubauten ersetzt. Bei zwei Blöcken ist ein Abriss möglich, aber nicht zwingend erforderlich. Insgesamt sind rund 70 neue Wohnungen geplant, wobei der Schwerpunkt auf Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen liegt. 20 Prozent der Wohnungen sollen den besonderen Anforderungen von Schichtarbeitern entsprechen.
Daten und Fakten
Der Illrainhof in der Klarenbrunnstraße 32 in Bludenz wurde im Jahr 1925 erbaut. Im Volksmund wird das charakteristische Gebäude „Spritzerhof“ genannt (nach dem Namen des damaligen Baumeisters).
Die ÖBB hat nun einen Architekturwettbewerb zur Modernisierung des bald 100 Jahre alten Wohnhofs gestartet. Zwei der insgesamt sieben Gebäudeteile werden erhalten, der Rest soll saniert bzw. abgerissen und gebaut werden. Laut Ausschreibungsunterlagen könnten 70 neue Wohnungen entstehen.
Am 26. und 27. November tagt das Preisgericht, um das Siegerprojekt zu küren. Es sind Preisgelder in der Höhe von 90. 000 Euro vorgesehen.
Die städtebauliche Bedeutung des Illrainhofes ist nicht zu unterschätzen. Die für Bludenz eher ungewöhnliche geschlossene Bebauung um einen Innenhof gibt der Anlage eine unverwechselbare Identität. Dieses Erbe soll auch in der neuen Struktur erkennbar bleiben, betonen die ÖBB in ihren Ausschreibungsunterlagen. Die Herausforderung für die Architekten besteht nun darin, die historische Substanz mit den Anforderungen des 21. Jahrhunderts in Einklang zu bringen.
Jurysitzung Ende November
Ein EU-weit ausgeschriebener Architekturwettbewerb soll die besten Entwürfe für Sanierung und Neubau liefern. Ziel der ÖBB ist es, ein zeitgemäßes Wohnambiente zu schaffen, das in puncto Nachhaltigkeit und Energieeffizienz Vorbildcharakter hat. So soll der Illrainhof nicht nur den hohen Ansprüchen an die Wohnqualität gerecht werden, sondern auch als Vorzeigeprojekt für den Klimaschutz dienen.
Interessierte Architektinnen und Architekten können nun bis zum 25. Oktober ihre Ideen einreichen. Die Jury, bestehend aus Architekten sowie Vertretern der ÖBB Infrastruktur AG und der Stadt Bludenz unter dem Vorsitz des Bregenzer Architekten Christian Matt, wird am 26. und 27. November tagen und das Siegerprojekt küren.
Der Wettbewerb sieht für die besten Entwürfe Preisgelder in Höhe von insgesamt 90.000 Euro vor, wobei der erste Preis mit 25.000 Euro, der zweite mit 20.000 Euro und der dritte mit 15.000 Euro dotiert ist. Zusätzlich werden sechs Anerkennungspreise zu je 5000 Euro vergeben. Die Siegerentwürfe sollen nicht nur architektonisch überzeugen, sondern auch die hohen Anforderungen an Wirtschaftlichkeit, Klimaschutz und soziale Nachhaltigkeit erfüllen.
Besonderes Augenmerk wird auch auf die Gestaltung der Außenanlagen gelegt. Die großzügigen, halböffentlichen Hofräume, die ein zentrales Merkmal des Illrainhofs sind, sollen erhalten und in die Neubebauung integriert werden.
Noch keine Angaben gibt es zu den Kosten und zum Umsetzungszeitraum des Großprojekts. Eine entsprechende Anfrage der NEUE am Sonntag war der Presseabteilung der ÖBB zu kurzfristig.