Senf-ationell: Der goldene Klecks im Leben Joachim Gassners

Statt aufzugeben, wagte Joachim Gassner den Schritt in die Selbstständigkeit und entdeckte dabei eine unerwartete Leidenschaft.
Noch vor wenigen Jahren war Joachim Gassner (55) Angestellter, Controller bei einem Autozulieferer. Der zu große Stress bei der Arbeit und die Tatsache, dass er geradewegs auf ein Burnout zusteuerte, zwang ihn, beruflich einen Schritt kürzer zu treten. Er fand eine neue Stelle und arbeitete dort nur vier statt fünf Tage in der Woche. „Ich hatte einen super Job und dachte eigentlich, dass ich das jetzt noch bis zur Pension mache“, erzählt der gebürtige Bludenzer. „Dann sind wegen Corona leider sehr viele Aufträge weggebrochen, die Firma musste sich verkleinern und da hat es auch mich getroffen. In dieser Zeit kam dann so einiges zusammen: Job verloren, Trennung und obendrein wurde auch noch festgestellt, dass ich schon vor längerer Zeit einen stillen Herzinfarkt gehabt habe“, berichtet der 55-Jährige. Zu dieser Zeit habe er sich dann gefragt: „Was will ich in meinem Leben?“

Schritt in die Selbstständigkeit
So fasste er den Entschluss, sich selbstständig zu machen und gründete eine Firma für Büroservices. „Jede Krise bietet auch eine Chance und als kaufmännischer Allrounder mit viel Erfahrung schien es mir logisch, dass ich in diesem Bereich tätig werde. Beim Gründerkurs habe ich aber eine Dame kennengelernt, die mich in die Geheimnisse der Fermentation einweihte“, erzählt er. „Ich hatte ja überhaupt keine Ahnung und habe einfach alle ihre Produkte probiert. Das war der Hammer! Nach einiger Zeit haben wir beschlossen, dass wir gemeinsam versuchen, ihre Produkte auf dem Markt zu etablieren. So ist mir beim Büroservice der Senf dazwischen gekommen.“ Als seine Geschäftspartnerin unter anderem das Projekt „Senfgold“ aufgeben musste, war für Joachim, der parallel noch seine Büroservice-Firma hatte, klar, dass er nicht beides alleine machen kann. „Die Entscheidung für den Senf fiel schnell und es war genau die Richtige!“, ist er heute noch überzeugt. „Ich habe Senfgold nicht kreiert, aber mein Herz schlägt für Senfgold. Das macht mich glücklich. Ich habe viel mit Menschen zu tun, was als Controller meistens eher nicht der Fall ist. Heute bin ich mein eigener Chef und kann so flexibel arbeiten, dass ich ab und zu fragen muss, welcher Wochentag ist“, erzählt er und lacht.

Handarbeit und gute Zutaten
Was dem Jungunternehmer besonders wichtig ist, sind die Zutaten und die sorgfältige Herstellung seiner Senfkreationen: „Ich möchte alles in Bio-Qualität und, wenn möglich, direkt aus der Region beziehen. Beim Senf war das gar nicht so einfach, aber nach einiger Zeit habe ich einen Bauern im Marchfeld gefunden, der mir Senf aus Österreich in einer fantastischen Qualität liefern kann. Den Honig beziehe ich von einem Bludenzer Imker, aus der Gegend, wo ich aufgewachsen bin.“ Produziert wird in Handarbeit, was Joachim keinesfalls ändern möchte. „Ich verwende nur eine Saftpresse und eine Waage, ansonsten mache ich alles von Hand. So kann ich etwa 2000 Gläser im Monat schaffen. Auch wenn die Produktion größer werden sollte, möchte ich daran festhalten. Ich will dann in Menschen investieren, nicht in Maschinen.“

Käse mit Senfgold und Erdbeeren
Wohin die Reise mit Senfgold noch geht, steht in den Sternen. Derzeit gibt es den Gourmet-Senf aus Göfis in Joachims Onlineshop, in ausgewählten Bio- und Delikatessengeschäften und auch einige renommierte Vorarlberger Restaurants verwenden seine Produkte. „Ansonsten bin ich viel auf speziellen Märkten und auch auf Messen in ganz Österreich vertreten. Senf ist nicht gleich Senf. Die Leute sind oft überrascht, wenn sie Senfgold probieren, weil sie sich etwas anderes erwarten. Ich selbst liebe es, Neues auszuprobieren, und so entstehen auch im Austausch mit Kunden seltsam anmutende Kreationen wie Käse mit Senf und Erdbeeren – fantastisch!“

Diese Interaktion mit den Menschen sei das, woraus Joachim die meiste Freude und Kraft schöpft. „Ich weiß, dass es mindestens drei bis fünf Jahre brauchen wird, bis ich eventuell von Senfgold leben kann. Aber mir geht es nicht darum, viel Geld zu verdienen, denn ich muss nur noch auf mich achten. Meine beiden Kinder haben fertig studiert. Ich habe mein Haus verkauft, wohne jetzt auf 40 Quadratmetern zur Miete und habe eine Garage für meine Motorräder, meine zweite große Leidenschaft“, erzählt Joachim. „Derzeit habe ich den Klassiker Senfgold Süß-Sauer und eine Curry-Variante im Sortiment. Ich tüftle auch an neuen Sorten, was mir viel Spaß macht. Als Nächstes möchte ich eine scharfe Sorte und eine mit Kürbiskernöl kreieren, bin aber mit den bisherigen Ergebnissen noch nicht 100-prozentig zufrieden.“