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Essen, ein Hoch auf das Leben mit Ei

21.10.2024 • 12:07 Uhr
Neue Kopfkino Salmhofer Kolumne
Sonntags-Tagebuch von Heidi Salmhofer. NEUE

Heidi Salmhofer mit ihrer Kolumne in der NEUE am Sonntag.

Essen ist gar nicht so einfach. In Zeiten des immensen Überflusses, in denen jedes Nahrungsmittel ständig verfügbar ist, kann man schnell gestresst sein. Es ist wie bei einem Restaurantbesuch: Wenn ich vor einer fünfseitigen Speisekarte sitze, bin ich völlig überfordert. Nicht umsonst ist meine häufigste Frage, sobald der Kellner den Aperitif serviert hat: „Was nimmst du denn?“ Das hat nichts mit Neugier zu tun, sondern dient mir als Orientierungshilfe. Entweder, um zumindest eine Option auf der Karte ausschließen zu können, oder um meinem Essenspartner mit einem geflunkerten aber sehr erleichtertem „Ach echt? Das nehme ich nämlich auch!“ zu antworten. Beim alltäglichen Zubereiten von Mahlzeiten kommen noch weitere Herausforderungen hinzu, wie Nährstoffgehalt, Ausgewogenheit und Teenager-Tauglichkeit. Im Internet schwirren unzählige Tipps herum, wie man sich gesund ernährt: von Intervall­fasten über No Carb, High Fat, bis hin zu farbmotiviertem Essen – es gibt einfach alles und noch mehr. Mit „farbmotiviert“ meine ich Mahlzeiten, die einmal nur Grünes, dann nur Rotes und am nächsten Tag nur Gelbes auf den Teller bringen. Meine Kids würden nur braunes Essen wollen, auf Nutellabasis. Von all diesen Ideen war ich ziemlich überfordert und beschloss, das Internet Internet sein zu lassen und mich mit einem echten Menschen zu unterhalten – krass! Also habe ich mutig und voller Tatendrang eine Ernährungsberaterin aufgesucht, um meine Überforderung in den Griff zu bekommen.

Was ist denn nun wirklich gut für uns Salmis? Welch Wunder und erstaunliche Erkenntnis aus dem Gespräch: Alles, was in extreme Formen abweicht, ist eigentlich nicht erstrebenswert. Zu wenig Kohlenhydrate ist doof, nur Gemüse ist doof, zu wenig lustvolles Schoki-Essen ist doof – und überhaupt ist relativ viel doof, was so im Internet kursiert. Gut, ein paar mehr Eier darf ich essen, damit die Muskeln fit bleiben. Ansonsten ist alles recht einfach zu handhaben. Ich bin nach Hause geradelt und dachte mir: Eigentlich nichts Neues, diese Erkenntnis, dass Extreme ungesund sind. Vielleicht sollten wir das auch außerhalb des Speisetellers bedenken.

Sinnierend steuerte ich den nächsten Supermarkt an und kaufte mir drei Packungen Eier, dabei musste ich grinsen. Ist das ein Wink mit dem Zaunpfahl, im Leben einfach mal ein bisschen mehr Chuzpe – also Cojones – zu zeigen, um gesund durchzumarschieren? Wer weiß, wer weiß. Auf jeden Fall gibt es jetzt gute Spiegeleier mit Frühlingszwiebeln – ganz ohne Allegorie auf das salmhoferische Dasein.

Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalis­tin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter mit ihren Töchtern in Hohenems.