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Mit ChatGPT und Rechenbeispiel: So verlief der erste Schlagabtausch im Landtag

20.11.2024 • 13:26 Uhr
Landtagssaal Fotos von der Regierungserklärung und weiteren Rednern und Impressionen aus der Sitzung. Landtag
Der Landtag traf sich zur zweiten Sitzung der aktuellen Legislaturperiode. Paulitsch

Im Anschluss an die Regierungserklärung von Markus Wallner und Christof Bitschis Beitrag kritisierte die Opposition das Arbeitsprogramm – zum Teil auf kreative Art und Weise.

Nach der konstituierenden Sitzung stand am Mittwoch die erste ordentliche Sitzung auf dem Programm. Nach der Angelobung der nachrückenden Abgeordneten stand mit der Regierungserklärung von ÖVP und FPÖ die Grundlage für die erste Debatte dieser Landtagsperiode an.

Zunächst zu eben dieser Regierungserklärung: Der Landeshauptmann ging darin nochmals ausführlich auf das schwarz-blaue Arbeitsprogramm ein. Die Wirtschaftslage sei keine einfache, so Wallner mit Blick auf die Konjunkturprognose. „Es geht nicht spurlos an uns vorbei, was die Wirtschaft sagt“, leitete er zu Punkten wie Fachkräfteoffensive, Forschungsausbau und Bürokratieabbau über.

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Der Landeshauptmann gab zuerst die Regierungserklärung ab. Paulitsch

Auch die bekannten Standpunkte in den Bereichen Mobilität, Wohnen, Gesundheit, Bildung, Integration und Sicherheit führte der Landeshauptmann nochmals auf. Hin und wieder ging er dabei auch auf Kritik der vergangenen Wochen ein, etwa bei der Energie: „Nicht im Traum wären wir auf die Idee gekommen, die Energieautonomie des Landes infrage zu stellen“, erklärte Wallner, dass er nicht wisse, warum dies in den letzten Wochen ein Thema war. Bei Großprojekten wie dem Güterbahnhof Wolfurt, Rhesi oder dem Lünerseekraftwerk II bat Wallner um die Unterstützung der Opposition.

Landesstatthalter Christof Bitschi unterstrich die wichtigsten Aspekte seiner FPÖ aus dem Programm: Wirtschaft, Familie und Wohnen. “Ab Sekunde eins waren wir uns einig, dass Stärkung des Wirtschaftsstandorts der zentrale Punkt sein muss”, blickte Bitschi auf die Verhandlungen. Im Sozialbereich wolle man sich anschauen, ob es Parallelentwicklungen gebe, betonte er. An die Oppositionspolitiker gerichtet, meinte der Landesstatthalter: „Dass es intensive Diskussionen geben wird, ist mir als jemand, der in der Opposition nicht der leiseste war, natürlich klar“.

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Von der Opposition auf die Regierungsbank: Christof Bitschi Paulitsch

Dann ging es heißer zu am Rednerpult, die eben angesprochene Opposition bekam das Wort. Daniel Zadra (Grüne), der in Wallners Regierungserklärung als scheidender Koalitionspartner nebst dankenden Worten auch eine Spitze mitbekam (“Im Unterschied zu Ihnen werfe ich keine Steine nach.”), knöpfte sich das Regierungsprogramm vor: “In weiten Teilen ist es extrem vage; messbare Zielsetzungen bleibt die Regierung in vielen Punkten schuldig.” Besonders vermisst Zadra einen Umgang mit Social Media und mit künstlicher Intelligenz. “Ein Regierungsprogramm sollte versuchen, diese Antworten zu geben: klare, messbare Zielsetzungen, Nachhaltigkeit, Transparenz, Inklusion, evidenzbasierte Entscheidungen. Das sagen nicht die Grünen, das sagt ChatGPT”, ließ sich der Klubobmann die wichtigsten Aspekte eines guten Regierungsprogrammes mit KI-Hilfe auflisten.

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Daniel Zadra (rechts vorne) und Mario Leiter (rechts hinten) fanden kreative Wege, ihre Kritik am Arbeitsprogramm anzubringen. Paulitsch

Mario Leiter (SPÖ) stand zum ersten Mal am Rednerpult im Landtag. “Es ist hier imposant”, stellte er zu Beginn seiner Rede fest, “es unterscheidet sich doch sehr von einer Stadtvertretungssitzung.” Auch Leiter monierte, das Programm biete “ein vages Versprechen, den Status quo zu bewahren, verpackt in Unverbindlichkeit.” Auf 94 Seiten Arbeitsprogramm finde sich 71-mal der Begriff “Ausbau”, 57-mal “Weiterentwicklung” und 41-mal “Fort- und Weiterführung”. “Das ergibt 169 Variationen des Stillstands – das sind fast zwei pro Seite”, rechnete der SPÖ-Klubobmann vor, was ihm einen Zwischenruf von Andrea Kerbleder (FPÖ) einbrachte: “Das ist jetzt eine Excel-Rechnung der SPÖ, oder?” Abschließend brachte Leiter einen Antrag mit dem Ziel, mehr gemeinnützige Wohnungen zu schaffen, ein.

Landtagssaal Fotos von der Regierungserklärung und weiteren Rednern und Impressionen aus der Sitzung. Landtag
Claudia Gamon ist kürzere Redezeiten gewöhnt. Paulitsch

Claudia Gamon, Klubobfrau der Neos, schlug dieselben Töne an wie ihre Vorredner und kritisierte, wesentliche Bereiche seien im Regierungsprogramm nicht angegangen worden. “Wie soll Vorarlberg in 20 bis 30 Jahren aussehen und wie wollen wir dorthin kommen?” Das fehle im Programm. Die lobenden Worte von Wallner, wie gut Vorarlberg im Vergleich zu anderen Regionen dastehe, könne Gamon nicht mehr hören. “Das ist Vorarlberger Exceptionialism, der peinlich ist, weil wir in vielen Bereichen nicht mehr ganz vorne dabei sind.” Die Tatsache, dass die neue Neos-Klubobfrau mit EU- und Nationalratsvergangenheit zuvor Redezeiten von einer Minute bekommen habe und es hierfür heute keine Zeitbeschränkung gebe, sei für sie ungewohnt. Landesrat Christian Gantner (ÖVP) quittierte diese Aussage am Anfang von Gamons Rede mit den Worten: “Fünf Minuten reichen, Claudia.”

In den Redebeiträgen der Klubobleute von ÖVP und FPÖ, Veronika Marte und Markus Klien, ging es abermals in die Tiefe des Regierungsprogrammes. Besonders Marte ließ es sich nicht nehmen, einige Kritikpunkte der Opposition zu entkräften – etwa den von Mario Leiter eingebrachten Einwand, im Programm stehe eine Vereinbarung, dass die Abgeordneten den Regierungsmitgliedern der jeweils anderen Fraktion keine kritischen Anfragen stellen dürfen. Unterbrochen wurde die Landtagssitzung danach mit der Mittagspause.