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„Eigentlich wollte ich nicht mehr kandidieren“

01.12.2024 • 07:00 Uhr
„Eigentlich wollte ich nicht mehr kandidieren“
Daniel Allgäuer ist als Regierungsmitglied unter anderem für die Ressortsicherheit, Integration und Energie zuständig. Hartinger (2)

Der freiheitliche Landesrat Daniel Allgäuer über Sicherheit, Energieautomie, das Bürgermeister-Rennen in Feldkirch und warum er trotz Rückzugsplänen noch immer in der Politik ist.

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Daniel Allgäuer Der 60-jährige gelernte Landwirt und Vater von vier Söhnen stieg Anfang der 2000er-Jahre in die Politik ein. Zunächst war er Kammerrat in der Landwirtschaftskammer, 2005 wurde er als Stadtvertreter in Feldkirch angelobt. Von 2013 bis 2023 saß er im Stadtrat, von 2020 bis 2023 war er Vizebürgermeister. Dem Vorarlberger Landtag gehört Allgäuer seit 2009 an. 2016 bis 2019 war er Klubobmann der FPÖ, im November 2024 wurde er zum Landesrat ernannt.

Im Herbst des vergangenen Jahres kündigten Sie in einem NEUE-Interview an, ihr Vizebürgermeister und Stadtratsamt zurücklegen, was sie dann ja auch getan haben. Ihre Zukunft in der Landespolitik ließen sie damals noch offen, obwohl man schon heraushören konnte, dass sie sich dort ebenfalls zurückziehen wollen. Was bzw. wer hat Sie dazu bewogen, weiterzumachen?
Daniel Allgäuer: Ihr Befund ist vollkommen richtig. Eigentlich wollte ich nicht mehr kandidieren, um mehr Zeit für meine Familie und den Betrieb zu haben. Aber Christof Bitschi und viele Mitglieder der Parteibasis haben mir dann deutlich signalisiert, dass sie sich wünschen, dass ich meine Arbeit fortsetze. Nach Gesprächen mit der Familie – sie sagten: ‚Papa, wenn du dich damit wohlfühlst, mach es.‘ – habe ich mich dazu entschieden, weiterhin zur Verfügung zu stehen.

Hat die FPÖ Vorarlberg ein Personalproblem. Offenbar hat man Sie, obwohl Sie eigentlich aufhören wollten, unbedingt gebraucht?
Allgäuer: Natürlich hat das auch mit meiner langjährigen Erfahrung zu tun. Ich war 15 Jahre im Landtag und im Kontrollausschuss aktiv. Aber unsere Mannschaft im Landtagsklub ist hervorragend aufgestellt. Mit Markus Klien haben wir jemanden, der wertvolle Erfahrung aus der Stadt Hohenems mitbringt. Dass wir auch darüber hinaus personell gut aufgestellt sind, sieht man daran, dass wir etwa in Vandans, Übersaxen und Satteins Bürgermeister dazu gewonnen haben.

Ist es Ihnen aufgrund des enormen Aufschwungs der FPÖ leichter gefallen, weiterzumachen?
Allgäuer: Der Aufschwung der FPÖ hat meine Entscheidung, weiter politisch aktiv zu bleiben, nicht beeinflusst. Auch wenn es absehbar war, dass wir stärker werden, hätte ich mir vorstellen können, aus der Politik auszusteigen. Es war nie eine Frage eines Postens oder Jobs für mich. Ich habe in der Politik bereits alle Höhen und Tiefen erlebt. Für mich steht die Verantwortung im Vordergrund.

Aber wenn Sie schon in der Politik weitermachen, hätten sie doch gleich das Bürgermeisteramt anstreben können. Man hat Ihnen sehr gute Chancen zugeschrieben und sie wären noch näher am Menschen gewesen, wo sie ja gerne sind?
Allgäuer: Das hätte was für sich gehabt, ja. Ich bin aber zufrieden, wie es gekommen ist. Außerdem mache ich mir keine Sorgen um Feldkirch, denn wir haben mit Andrea Kerbleder eine sehr gute Bürgermeisterkandidatin.

Wird sie die nächste Bürgermeisterin in Feldkirch?
Allgäuer: Ich bin überzeugt, dass wir in Feldkirch Stimmen und Mandate dazugewinnen werden. Und ich gehe davon aus, dass es zu einer Stichwahl zwischen Andrea Kerbleder und Manfred Rädler kommen wird. Da ist dann alles möglich.

Zurück zur Landespolitik: Es gibt das Gerücht, dass die FPÖ drei Landesräte wollte, aber die Bedingung des Landeshauptmanns, mindestens eine Frau zu stellen, nicht erfüllen konnte. Stimmt das?
Allgäuer: Dass es unser Wunsch war, drei Landesräte zu bekommen, stimmt, der Rest ist falsch. Die Verhandlungen wurden zunächst inhaltlich geführt, und die Ressortaufteilung wurde erst am Ende festgelegt. Unsere Ressorts – darunter Familie, Sicherheit und Energie – sind stark und bieten viel Gestaltungsspielraum. Ich denke, wir haben letztlich gut verhandelt.
Wo in Ihren Ressorts sehen Sie den größten Handlungsbedarf?
Allgäuer: Im Bereich Energie sehe ich große Herausforderungen. Die Energieautonomie ist seit dem einstimmigen Landtagsbeschluss ein zentrales Ziel in Vorarlberg. Es ist bemerkenswert, dass der Landtag hier immer geschlossen agiert hat. Unser Ansatz ist technologieoffen und praxisnah – wir setzen auf konkrete, umsetzbare Maßnahmen. Mir geht es nicht darum, mit dem erhobenen Zeigefinger Drohungen oder Verbote auszusprechen, sondern darum, die Menschen mitzunehmen und gemeinsam die Energieautonomie zu erreichen.

Was wollen Sie denn erreichen, im Regierungsprogramm finden sich keine konkreten Ausbauziele verankert – weder für Photovoltaik noch für Wasserkraft oder Windkraft?
Allgäuer: Die Ausbauziele sind bereits in den Konzepten der Energieautonomie klar definiert und mit präzisen Zahlen hinterlegt. Abseits davon ist das Thema Energieautonomie auch ein Herzensanliegen von mir. Unser Familienbetrieb ist seit 2001 energieautonom: Damals haben wir eine Biogasanlage gemeinsam mit den Stadtwerken Feldkirch errichtet. Außerdem habe ich Energiesprecher im Landtag zehn Jahre Erfahrung gesammelt.

„Eigentlich wollte ich nicht mehr kandidieren“
Daniel Allgäuer im NEUE-Gespräch.

Auch in Sachen Wärmewende finden sich keine konkreten Zahlen im Regierungsprogramm. Wie viele Heizungen müssen jährlich ausgetauscht werden, um die Klimaziele zu erreichen?
Allgäuer: Der Heizungstausch ist ein zentraler Punkt, aber er allein reicht nicht aus. Wesentlich ist, dass dieser mit der Sanierung der Gebäudehülle kombiniert wird. Dadurch könnten bis zu 85 Prozent Energie eingespart werden. Es geht darum, flächendeckend Sanierungen und den Heizungstausch voranzutreiben, um die Klimaziele zu erreichen.

Die Herausforderungen sind also groß. Wie passen da die stagnierenden bzw. gesunkenen Budgetmittel dazu?
Allgäuer: Wir haben ein einwandfreies Budget, wo wir die Zielsetzungen im Bereich Energieautonomie zu 100 Prozent aufrechterhalten können. Die Planung ist mit der Fachabteilung abgestimmt.

Gleichzeitig steigt das Budget für den Straßenbau, was bekanntlich auch nicht zur Senkung der CO2-Emissionen beiträgt.
Allgäuer: Auch E-Autos müssen auf Straßen fahren. Ich halte es für falsch, den Straßenbau gegen den öffentlichen Verkehr oder Fahrradwege auszuspielen. Beide Bereiche haben ihre eigenen Entwicklungsmöglichkeiten, die wir nicht vernachlässigen dürfen.

Zum Thema Sicherheit: Ist Vorarlberg tatsächlich so unsicher, wie die FPÖ immer behauptet? Kritiker sagen, ihre Partei spielt mit den Ängsten der Menschen.
Allgäuer: Die FPÖ spielt nicht mit den Ängsten der Menschen, sondern nimmt sie ernst. Sicherheit ist ein Grundbedürfnis der Bevölkerung und eine wesentliche Grundlage für ein friedliches Zusammenleben. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass Vorarlberg im Vergleich mit anderen Regionen so sicher ist. Allerdings bringt der gesellschaftliche Wandel auch Herausforderungen mit sich, wie etwa den abnehmenden Respekt gegenüber Polizeikräften. Es ist wichtig, das im Blick zu behalten. Sowohl die Polizei als auch das Bundesheer müssen motiviert bleiben.

Ein Hebel ist das Gehalt. Da könne Sie aber nichts zu tun, weil das Bundeskompetenz ist.
Allgäuer: Das Gehalt ist ein Aspekt, aber auch die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Wir setzen uns jedenfalls auf Bundesebene für eine sogenannte Westzulage ein. Gleichzeitig wollen wir als Land die Polizei gezielt darin unterstützen können, ihre Ausbildungsplätze zu füllen. Entscheidend ist, die Planstellen mit qualifizierten Menschen zu besetzen.

Wann haben Sie sich das letzte Mal unsicher gefühlt, oder jemand aus Ihrem Bekanntenkreis?
Allgäuer: In meinem Bekanntenkreis, insbesondere bei Frauen, gibt es häufig die Sorge um Sicherheit an öffentlichen Orten wie Bahnhöfen oder bestimmten Bereichen in Innenstädten. Viele fühlen sich dort unwohl und wählen bewusst längere Wege, um solche Hotspots zu meiden. In solchen Fällen ist eine sichtbare Polizeipräsenz vor Ort enorm wichtig. Sie trägt wesentlich zur Verbesserung des subjektiven Sicherheitsgefühls bei.

Für Asylwerber gilt der Vorarlberg-Kodex, der sie zu Deutsch- und Wertekursen sowie gemeinnütziger Arbeit verpflichtet. Für etwaige Sanktionen soll nun eine Rechtsgrundlage geschaffen werden. Wie weit ist man da?
Allgäuer: Das ist in Ausarbeitung und soll im ersten Quartal 2025 in Kraft treten.

Was möchten Sie als Landesrat erreichen, damit Sie am Ende sagen können, es hat sich gelohnt, noch eine Runde zu drehen?
Allgäuer: Mein Ziel ist, das Regierungsprogramm weitestgehend umzusetzen – auf jeden Fall zu einem höheren Prozentsatz als das bei Schwarz-Grün der Fall war. Darüber hinaus möchte ich, dass wir pragmatisch auf kommende Herausforderungen reagieren, auch auf solche, die wir heute vielleicht noch nicht abschätzen können. Am Ende dieser fünf Jahre möchte ich, dass die Menschen in Vorarlberg sagen können: Es ist ein sicheres und leistbares Land, und die Regierung hat konkret etwas für die Bevölkerung erreicht.