Das riskante Geschäft mit der Schönheit

Mit billigen Schönheitsoperationen locken türkische Privatkliniken hunderttausende Westeuropäer an. Die Schnäppchenjagd geht aber nicht immer gut aus.
Knapp 7000 Pfund, umgerechnet etwa 8400 Euro, bezahlte die Britin Hayley Dowell für eine Po-Vergrößerung in der Türkei. Die Schönheitsoperation, in Fachkreisen als Brazilian Butt Lift bekannt, kurz BBL, hätte in Großbritannien deutlich mehr gekostet. Fettabsaugen und Bauchstraffung versprachen die türkischen Chirurgen als Gratiszugabe. Aber das Schnäppchen war tödlich. Die 38-jährige Frau kehrte im Sarg in ihre Heimat zurück.
Kein Einzelfall. 2023 sind laut der Regierung in London bereits mindestens sechs britische Staatsbürger bei Schönheitsoperationen in der Türkei gestorben. Seit 2019 beläuft sich die Zahl der Todesfälle auf 28. Jetzt warnte der britische Gesundheitsminister Wes Streeting vor billigen Schönheitsoperationen in türkischen Privatkliniken: „Wenn ein Angebot als ‚zu gut um wahr zu sein‘ erscheint, dann sollte man den Verdacht hegen, dass es tatsächlich so ist, nämlich zu gut, um wahr zu sein“, so der Minister.
Auch immer mehr Frauen und Männer aus Deutschland und Österreich fliegen zu vermeintlich günstigen Eingriffen in die Türkei. Die Deutschen stellten im vergangenen Jahr die größte Patientengruppe, vor Briten und Schweizern. Die Branche boomt: 2021 kamen nach Angaben der staatlichen türkischen Gesundheitsagentur USHAS 670.000 ausländische Patienten in die Türkei, um dort Gesundheitsleistungen in Anspruch zu nehmen. 2023 waren es bereits fast 1,4 Millionen.
Unmengen an Geld
Es ist ein Milliardengeschäft: Mit Nasenkorrekturen und Brustvergrößerungen, Fettabsaugen, Po-Liftings und Haartransplantationen für kahl werdende Männer scheffeln türkische Privatkliniken Unmengen von Geld. Nach Angaben des türkischen Statistikamtes Türkstat brachte der Gesundheitstourismus im vergangenen Jahr 2,3 Milliarden Euro ein.
Dass sie ihre Operationen zu so günstigen Preisen anbieten können, verdanken die türkischen Privatkliniken nicht nur den niedrigen Löhnen. Die Branche profitiert auch von Steuererleichterungen, mit denen die Regierung von Staatschef Recep Tayyip Erdogan den Gesundheitstourismus fördert. Das erklärt den starken Anstieg der vergangenen fünf Jahre.
Nachfragen!
Verbraucherverbände raten dringend dazu, sich über die Qualifikation der behandelnden Ärzte und die Zertifizierung der Kliniken genau zu erkundigen. Aber damit sind die meisten Patienten in der Türkei überfordert. Vor Ort werden oft auch die Sprachbarrieren zu einem Problem: Die Patienten verstehen häufig nicht, mit welchen Risiken die Eingriffe verbunden sind.
Strandurlaub
Statt lückenloser Aufklärung locken die Anbieter im Internet häufig mit Paketen, die ein „Rundum-Wohlfühlerlebnis“ mit anschließendem Strandurlaub, Wassersport und Wellnessprogrammen versprechen. Dabei warnen Mediziner davor, nach operativen Eingriffen zu früh wieder Sport zu machen. Mediziner warnen auch vor zu frühen Flugreisen nach solchen Operationen. Die 20-jährige Britin Isabella Crawford beschrieb, wie sie nach einem Eingriff in der Türkei auf dem Rückflug fast verblutet wäre.