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Das Glück ist ein 4-Zentimeter-Rasen

20.07.2025 • 14:00 Uhr
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Seit Jahren mähe ich Rasen. Zumindest im Sommer. Wenn es regnet, dann weniger, wenn nach dem Regen die Sonne scheint, ziemlich viel mehr.

Von Heidi Salmhofer
neue-redaktion@neue.at

Wenn es trocken ist, genieße ich das langsame Wachstum – nur um nach zwei Wochen festzustellen, dass ich doch zuerst die Sense zur Hand nehmen muss, um den Weg freizukämpfen für den Mäher.

Ein Mäher übrigens, der keinen Antrieb hat und schon gar nicht von selbst die Höhe der Wiese auf ein ansprechendes, gesellschaftstaugliches Maß reduziert. Durchschnittlich verbrachte ich somit 30, bei idealem Wetter 36 Stunden im Sommer mit Rasenmähen. 36 Stunden, die ich nicht damit verbringen konnte, den überfüllten Wäschekorb meiner Töchter auszuräumen, Brot zu backen oder gar ein Buch zu lesen. Wahrscheinlich ist genau das der Grund, warum mein Lesepensum bis dato eher unterdurchschnittlich ist. (Ich bin hier um keine Ausrede verlegen, ich weiß.)

36 Stunden auf der Wiese auf und ab gehen, einen Rasenmäher stemmend, schiebend, ziehend – und dabei üblicherweise einen Sonnenbrand bekommen. Also: auch noch dazu die Faltenwahrscheinlichkeit im Gesicht erhöhen. Schlimm.

Und jetzt – Achtung, es folgt Trommelwirbel, gefolgt von ein bis zwei Freudentränen – fährt in meinem Garten ein Mähroboter herum. Er fährt, wenn ich ihm sage, es ist an der Zeit. Er fährt, wenn ich gerade eine Tasse Kaffee trinke. Und er fährt, wenn ich mit meiner Familie grille. Der Rasen – bzw. die Wiese – ist immer perfekt, barfußfreundlich geschnitten.

Mein Lieblingsmensch ist an einem Freitagnachmittag mit einem riesigen Karton angetanzt, dabei hat er gestrahlt wie ein frisch poliertes Weinglas und freudig ein futuristisches Ding– wie frisch vom Star-Trek-Set geklaut – ausgepackt, eine Antenne justiert, den Wiesenrand via Satellitentechnik austariert und dem neuen Rasenrobi den Befehl zur Arbeitsleistung erteilt.

Dann sind wir dort gesessen, mit einem Aperol Spritz in der Hand, und haben einen ganzen Nachmittag dem Ding zugesehen, wie es Schritt für Schritt, Zentimeter für Zentimeter das vollbringt, was mich jahrelang Nerven gekostet hat.

Jetzt ist Robi da – der stille, kleine, mit Allrad ausgestattete Supermäher. Noch wurde deshalb nicht mehr an Wäsche gemacht oder gar ein Buch gelesen. Aber jeden Tag komme ich nach Hause und jauchze über den fadagrad geschnittenen, grünen, duftigen, Golfspiel tauglichen neuen Salmi-Rasen. 

Noch im Taumel des Glücksgefühls bin ich schon im Internet und suche nach „automatische Fensterputzer“. Why not?

Heidi Salmhofer Portrait Kopfkino
Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalis­tin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter mit ihren Töchtern in Hohenems.