Was kann ich schon machen?

Ab und zu stehe ich vor der Frage: „Und? Was kannst du jetzt ändern?“, nachdem ich die Zeitung gelesen oder die Nachrichten verfolgt habe und dabei erschrocken über antidemokratische Entwicklungen außerhalb unseres Geburtslandes spreche.
Von Heidi Salmhofer
neue-redaktion@neue.at
In Wahrheit bin ich nicht nur erschrocken – inzwischen mache ich mir ernsthafte Sorgen um das große Land neben Kanada, das historisch als Vorreiterin der Demokratie galt.
„Und? Was kannst du ändern? Ärgere dich nicht, schau, dass es dir hier gut geht, und lebe!“ – Ja, ja diese Aussage hat ihre Berechtigung. Ich kann dort drüben nicht wählen, habe keine Entscheidungsgewalt und kann mich auch nicht demonstrierend auf die Straßen New Yorks stellen. Alles, was mir bleibt, ist von der Ferne zuzusehen: dem Zerfall von Meinungsfreiheit und dem zunehmenden Aufkeimen von Aggression gegenüber anderen Lebensrealitäten.
Also, soll ich wegschauen? Soll ich, um meiner seelischen Gesundheit willen, die Nachrichten ausschalten und die Welt da draußen, fern von meinem Einflussbereich, ignorieren? Denn, was kann ich schon machen?
Wegschauen bringt uns nicht weiter. Ignorieren von Entwicklungen außerhalb unser eigenen vier Lebenswände nicht zu beachten hält uns davor ab für uns selbst zu lernen. Wie man das so macht in Familien, wenn der Cousin mit seiner Firma einen Blödsinn baut, wird man tunlichst vermeiden diesen Fehler in der eigenen wieder zu machen. Also gucken wir hin, sehen wir zu und dann entscheiden wir uns dafür zu lesen, zu lernen, sich zu informieren – damit wir nicht auf vereinfachte Parolen hereinfallen. Wir können reden, widersprechen, erklären – damit Lügen nicht unwidersprochen bleiben. Wir können wählen gehen – auch wenn es „nur“ in unserem Land ist, auch wenn es „nur“ Europa betrifft. Demokratie lebt von Beteiligung, ohne diese stirbt sie. Und ein Blick auf die Geschichte und in andere Länder zeigt uns: Das wollen wir nicht! Fix!
Denn Demokratie beginnt nicht in Washington, nicht in Brüssel und auch nicht in Berlin. Sie beginnt in Wohnzimmern, in Vereinen, in Klassenzimmern. Sie beginnt dort, wo Menschen miteinander sprechen, zuhören und Kompromisse suchen. Sie beginnt dort, wo ich anerkenne, dass meine Wahrheit nicht die einzige ist.
Wenn ich also frage: „Was kann ich tun?“, dann lautet die Antwort vielleicht: Ich kann Demokratie jeden Tag üben. In meinem Tonfall, in meiner Geduld, in meiner Bereitschaft, mich auf fremde Perspektiven einzulassen. Und blicken wir unserem amerikanischen Cousin über die Schulter, schütteln den Kopf und machen es weiterhin besser.