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„Ghosting“, Lügen, Sex: So geht Online-Dating in Europa

04.10.2025 • 08:00 Uhr
„Ghosting“, Lügen, Sex: So geht Online-Dating in Europa
Ob Frankreich, Schweiz oder Österreich: Fast überall gehört „Ghosting“ längst zum Dating-Alltag. Shutterstock

Wischen, matchen und wieder verschwinden: Online-Dating ist für viele Alltag. Zwei Drittel der Europäerinnen und Europäer haben das Phänomen „Ghosting“ bereits erlebt, in Österreich sind es deutlich weniger.

Online-Dating gehört für Millionen Menschen längst zum Alltag – und ebenso das plötzliche Verschwinden ohne Erklärung, das sogenannte „Ghosting“. Laut einer Umfrage von Galaxus und YouGov haben rund zwei Drittel der Befragten in fünf Ländern bereits diese Erfahrung gemacht, vier von zehn geben zu, selbst geghostet zu haben. Auffällig ist der Unterschied zwischen den Ländern: In Frankreich berichten besonders viele Frauen davon, während Deutschland und die Schweiz näher am Durchschnitt liegen und Italien deutlich zurückhaltender ist.

Grenzen machen beim Beschönigen von Profilen keinen Unterschied. Überall wird getrickst, wenn es um Größe, Alter oder Beruf geht. In der Schweiz fällt besonders auf, dass Männer häufiger an ihren Angaben drehen. In Deutschland und Frankreich greifen viele ebenfalls zur Notlüge, um attraktiver zu wirken. Auch in Österreich ist das nicht anders. Eine Wiener Studie unter älteren Erwachsenen zeigt: Für viele ist die Angst vor falschen Angaben der Hauptgrund, Dating-Apps gar nicht erst auszuprobieren.

„Ghosting“, Lügen, Sex: So geht Online-Dating in Europa
Viele Chancen, viele Risiken: Online-Dating kennt auch negative Trends.

Dating-Apps: Wer nutzt sie und wie intensiv?

Wer schon einmal eine Dating-App ausprobiert hat, gehört in Europa längst nicht mehr nur zur Minderheit. Am aktivsten sind die 30- bis 44-Jährigen. Österreich liegt hier mit 71 Prozent an der Spitze, dicht gefolgt von Deutschland mit 67 Prozent. In der Schweiz wiederum sind es die Jüngeren, die am fleißigsten wischen: Zwei Drittel der unter 30-Jährigen haben schon Dating-Apps genutzt. Mit zunehmendem Alter sinkt die Bereitschaft, aber auch die ältere Generation zeigt sich offen. Ein Drittel der über 60-Jährigen in Europa hat bereits Erfahrung mit Online-Dating – ein Wert, der überrascht und zeigt, dass digitale Partnersuche längst kein reines Jugendthema mehr ist.

Wenn die Generation 50+ online datet

Eine Studie der Universität Wien belegt, dass auch in Österreich immer mehr Menschen über 50 den Schritt ins digitale Dating wagen. Sie suchen dabei nicht in erster Linie nach schnellen Abenteuern, sondern achten stärker auf Kriterien wie gemeinsame Werte, Religion oder Verlässlichkeit. Ähnliche Entwicklungen gibt es in Deutschland und der Schweiz, wo die Generation 50 plus ebenfalls zusehends aktiv wird. In Vorarlberg lässt sich diese Tendenz im Alltag beobachten: Auch hier sind es längst nicht mehr nur die Jungen, die mit dem Smartphone nach einem neuen Partner suchen.

„Ghosting“, Lügen, Sex: So geht Online-Dating in Europa

Sex, Liebe und Unterschiede: Der europäische Vergleich

Auch beim Thema Sexualität ergeben sich deutliche Unterschiede. In Österreich und der Schweiz berichten besonders viele, über Dating-Apps schon sexuelle Kontakte gehabt zu haben, während Italien deutlich zurückhaltender ist. Deutschland und Frankreich liegen im Mittelfeld. Gleichzeitig zeigt sich, dass Österreich bei der Erfolgsquote im europäischen Spitzenfeld liegt: Hier entstehen überdurchschnittlich viele feste Partnerschaften online, während Italien auch in diesem Bereich das Schlusslicht bildet.

„Ghosting“, Lügen, Sex: So geht Online-Dating in Europa

Online-Liebe in Österreich

Heruntergebrochen auf Österreich ergibt sich ein spannendes Bild. Laut einer Parship-Studie kennen drei Viertel der Singles den Begriff „Ghosting“, 40 Prozent haben ihn erlebt. Unter den unter 30-Jährigen liegt der Wert sogar bei fast 60 Prozent. Trotz dieser negativen Erfahrungen wächst die Bedeutung von Online-Dating: 35 Prozent aller Partnerschaften in Österreich beginnen inzwischen online. Rund 450.000 Hochzeiten gehen laut Schätzungen bereits auf eine digitale Begegnung zurück. Knapp die Hälfte der Bevölkerung hatte schon ein Online-Date, etwa 600.000 Menschen nutzen regelmäßig Plattformen wie Tinder, Bumble oder Parship. Damit ist Österreich ein Land, in dem Online-Dating nicht nur verbreitet ist, sondern auch auffallend häufig zu langfristigen Beziehungen führt.

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Der europäische Vergleich macht deutlich: „Ghosting“ bleibt ein alltägliches Risiko – doch Österreich steht etwas besser da als viele Nachbarn. Während in anderen Ländern die Enttäuschung oft überwiegt, führen hierzulande digitale Bekanntschaften häufiger zu festen Partnerschaften. Das Bild ist widersprüchlich: Einerseits verschwinden Nachrichten noch immer oft im digitalen Nichts. Andererseits sind die Chancen, online die große Liebe zu finden, in Österreich höher als anderswo in Europa.

Die Schattenseiten des Online-Dating

Neben „Ghosting“ gibt es eine ganze Reihe weiterer Dating-Trends, die zeigen, wie kompliziert die Partnersuche im Netz geworden ist.

„Breadcrumbing“: Dabei werden immer wieder kleine Signale wie Likes oder kurze Nachrichten geschickt, ohne dass je ein echtes Treffen geplant ist.

„Benching“: Eine Person wird bewusst auf die Ersatzbank gesetzt. Der Kontakt bleibt bestehen und echtes Interesse zeigt sich nur dann, wenn keine besseren Optionen auftauchen.

„Curving“: Dieses Verhalten beschreibt das ständige Ausweichen mit vagen Antworten. Man bekommt nie ein klares Nein, aber auch keine Zusage.

„Zombieing“: Davon spricht man, wenn jemand, der zuvor geghostet hat, nach Wochen oder Monaten plötzlich wieder auftaucht, als wäre nichts geschehen.

„Orbiting“: Obwohl die Beziehung längst vorbei ist, bleibt der Ex-Partner über soziale Medien präsent, etwa durch Likes oder Story-Views.
Diese Phänomene hinterlassen bei Betroffenen oft Unsicherheit und Frust. Sie sind Ausdruck einer schnellen, unverbindlichen Dating-Kultur.