Etwas Neues: Heidi ist Strohwitwe

Da ist man ein paar Jährchen mit sich und den zwei Kids alleine und zufrieden. Man kann – also Mann und Frau – wirklich auch mit sich selbst, der Familie und guten Freunden glücklich sein. Das funktioniert.
Frau schafft es auch alleine, eine Lampe zu montieren, Reifen zu wechseln und Elektrogeräte zu installieren. Männer übrigens auch. Ich meine: Man kommt – ich spreche aus Erfahrung – ganz gut mit sich selbst zurecht, wenn man sich auf sich einlässt. Und dann lerne ich plötzlich jemanden kennen und – zack – wird das Alleinesein wieder eine seltsame Geschichte.
Jetzt ist Herr Lieblingsmensch geschäftlich unterwegs (wär ja noch schöner, wenn er ohne mich auf Urlaub ginge, tztztz) – und ich somit Strohwitwe. Mein zweiter Gedanke nach der Verabschiedung: Frauenpartyfieber! Cocktailnächte! Sportlich ambitionierte Radrunden und Bergwanderungen mit Freundinnen! Ich nutze die Zeit, habe ich mir gedacht. Wieder mal Me-Time, habe ich mir gedacht. Weit gefehlt. Mein Alltag ist schlicht nicht dafür gemacht, sich nächtens noch in den Partytrubel zu stürzen. (Kurze Frage: Wo genau in Vorarlberg findet der eigentlich statt, wenn man die 50 schon überquert hat?)
Und was mir in der ersten Euphorie gar nicht klar war – ich kann das ja alles ohnehin. Ob Single oder nicht. Ich kann mit Gurkenscheiben auf den Augen und Champagnerglas in der Hand mit meiner besten Freundin alles bequatschen, was uns bewegt. Die Berge sind da, wenn ich sie begehen will, und das Rad im Keller kann jederzeit entstaubt werden. Wozu also dieses gekünstelte „Jetzt geb ich Gas, bis Herr Lieblingsmensch wieder da ist!“-Jubilieren?
Vielleicht, weil er fehlt. In den kleinen Dingen – dem gemeinsamen Morgenkaffee – und in den großen – dem Lachen, dem Diskutieren.
Vielleicht auch, weil es einfach schön ist, wenn jemand, der die Schmetterlinge im Bauch fliegen lässt, deine Hand hält – egal wo.
Und ich merke, es ist eines der großartigsten Gefühle überhaupt, jemanden zu vermissen um seiner selbst willen und nicht, weil man ihn benötigt, um Lampen zu montieren. Obwohl, in meinem Schlafzimmer wäre da noch was fällig. Da steht seit Längerem schon der Werkzeugkoffer und wartet auf die versprochene „Ich-mach-dir-das-Schatz!“-Benutzung. Ich stell mir gerade die Frage, ob ich mich nun handwerklich engagieren soll oder mich dem Experiment hingebe: Wie lange braucht ein Lampenschirm, bis er von Männerhand aufgehängt wird? Das könnte auch eine spannende Story werden. Oder wurde das schon wissenschaftlich erforscht?