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750 Jahre Egg: Die Kirche wird zur Bühne für ein großes Theaterprojekt

14.11.2025 • 13:24 Uhr
750 Jahre Egg: Die Kirche wird zur Bühne für ein großes Theaterprojekt
Andreas Jähnert verkörpert den atheistisch aufgewachsenen Handwerker.

Heute Freitag und morgen Samstag gibt es in der Egger Pfarrkirche großes Theater zu großen Fragen: Wo liegen Segen und Fluch der modernen Welt?

Von Kurt Bereuter
neue-redaktion@neue.at

Im Rahmen der 750-Jahr-Feierlichkeiten der Marktgemeinde Egg öffnet die St. Nikolaus-Kirche ihre Pforten für ein interdisziplinäres Theaterprojekt des „Theater Mutante“ unter Andreas Jähnert. Die Initiative für dieses gewaltige Projekt sei von der Kirche ausgegangen. An der Orgel greift Jürgen Natter in die Tasten und Pedale und ein Chor aus Bregenzerwälder Sängern und dem Kirchenchor St. Nikolaus erweitern die musikalische Performance mit Musikern der beiden Musikvereine Egg und Großdorf, die Arrangements von Jodok Lingg spielen. Die „Egg Big Band“ tritt genauso auf wie der Samurai-Karate-Klub Egg und die Mittelschule Egg, die sich an der Performance beteiligen. Harald Schwarz und Christoph Skofic steuern eine Videoprojektion bei. Die Gesamtleitung hat Anna-Amanda Steurer übernommen und ließ sich vom renommierten Bregenzerwälder Theologen und Historiker Mathias Moosbrugger beraten. Die Masken hat Tone Fink gestaltet und die Texte kommen von Bernadette Heidegger. So in der Einladung.

750 Jahre Egg: Die Kirche wird zur Bühne für ein großes Theaterprojekt
Eine große Bühne für das Theater in der Egger Pfarrkirche. Auch für Kinder der Mittelschule Egg, zum Teil mit Masken, die der Künstler Tone Fink gestaltete.hartinger (4)

Die Generalprobe

Bei der Generalprobe am Donnerstag um 18 Uhr trudelten dann die Mitwirkenden der Reihe nach ein und am Ablauf musste noch gearbeitet werden. Im vorderen Teil der Kirche ist ein Baugerüst, zum Teil mit Folien verhängt, aufgebaut und erweitert die Bühne, auf der sich anfangs nur der Schauspieler Andreas Jähnert mit seiner Kappsäge befindet. Er mimt einen Handwerker, der in der Kirche Arbeiten ausführt, und sich mit einem Kasten „Egger Bier“ gerade zur Pause setzt, als er in Gedanken verfällt und dabei mit einem virtuellen Gegenüber ins Gespräch kommt – mit einem Egger „Durchschnittsgesicht“, das ihm nun Gesellschaft leistet und ihm über Egg, den Bregenzerwald und seine Geschichte erzählt – nicht im Dialekt, sondern in deutscher Hochsprache. Entstanden ist dieses Gesicht per Künstlicher Intelligenz aus zahlreichen Fotos von Eggern, mit denen Jähnert in der Vorbereitung sprach.     

Das Planetarium und das Durchschnittsgesicht von Egg

Ein Planetarium, zu Deutsch ein Planetenraum, veranschaulicht den Sternenhimmel und den Lauf der Planeten, oder eben eine Theaterperformance in der Egger Kirche, bei der es um die Suche nach Antworten auf die großen Fragen eines Suchenden oder einer Gemeinschaft geht, um die Fragen nach Freiheit, Verantwortung, Schuld und sogar „Erlösung“ – was dann wohl das missing link zum Kirchenraum darstellt. „Wir haben genug gesehen“, heißt es im Untertitel zum „Planetarium“ und will wohl sagen, es ist jetzt Zeit zu entscheiden und zu handeln, auch in Egg, auch in der Kirche. Dass dabei eher triviale Gedankenspiele mit den großen klassischen Zitaten verwoben werden, dass Legenden wie die der „Roten Egg“ eingewoben und hinterfragt werden, die „Wahrheit“ der Bibel infrage gestellt wird oder der Brand im Vinzenzheim Thema ist, ein Tribut an die Freiheit der Kunst. Am Schluss wird klar, es gibt dieses „Durchschnittsgesicht“ nicht: „Die Norm ist das Problem, nicht die Abweichung.“ Und bevor die Gaben zu beeindruckendem gospelähnlichem Gesang verteilt werden: „Der Friede sei mit euch.“

750 Jahre Egg: Die Kirche wird zur Bühne für ein großes Theaterprojekt
„Tiere als Brüder und Schwestern“ in Erinnerung an Franziskus, „oder wie er hieß“.

Ein- und berühren lassen

Dem Egger Pfarrer, Friedl Kaufmann, kann man jedenfalls den Mut nicht absprechen, für diese Performance „seine“ Kirche zu öffnen, um Fragen in den Raum stellen zu lassen, die ein Anstoß sein können, um sich und die Gemeinschaft und ihr Verhalten zu hinterfragen, eigene Sichtweisen zu überprüfen und sich den Ängsten unserer Zeit zu stellen, so Jähnert. Eigentlich ureigenste Aufgabe der „Kirche“ und somit auch der stimmige Raum für eine so gewaltige Vorstellung, die einen als Besucher geistig, emotional, aber auch körperlich spürbar, mitreißt. Pfarrer Friedl Kaufmann sieht in der Performance wie es gelingen könne „Fragen und Impulse für ein Miteinander von Kultur, Kirche und Gemeinde“ zu erhalten. Die Schlussworte bei den Aufführungen sind dann ihm überlassen, welche es sind, war bei der Generalprobe noch nicht zu hören.

750 Jahre Egg: Die Kirche wird zur Bühne für ein großes Theaterprojekt
Die Pfarrkirche in Egg wird zur Bühne für das besondere Theaterstück.

Ob es gefällt, liegt im Auge, in den Ohren und im Geist des Betrachters – ob es bloße Zeugenschaft einer theatralen Suche ist, oder einen „berührt“, auch. Einlassen muss man sich, dann ist der Lohn aber neben einer außergewöhnlichen Produktion in einem sakralen Raum eine Auseinandersetzung für die eigene Suche nach Antworten auf die immer gleichen großen Fragen der Menschheit und jedes einzelnen. Was neben der schauspielerischen Leistung besonders überzeugt, sind die musikalischen Darbietungen an der Orgel durch Jürgen Natter, die Egger Big Band und auch die Choreinlagen der Sängerinnen und Sänger. Und ganz am Schluss ziehen die Gestalter einen Trumpf, der sticht, wenn die ganz Kirche, von zwei Trompeten angestoßen, „Mein Wälderdorf“ im Dialekt singt. Da geht wohl nicht nur den Wäldern das Herz auf: „Ich möchte sonst nirgends, nirgends sein, so gern bin ich im Wald daheim.“   

Aufführung “planetarium”

Am Samstag, 15. November, um 20 Uhr gibt es eine Aufführung von Theater Mutante in der Pfarrkirche Egg. Eine Reservierung wird empfohlen unter Tel. 0660 9683285 oder
Mail: ticket@theatermutante.com