Den Krebs besiegen – ein neuer Bericht zum Krebsregister

Alle fünf Jahre präsentiert der Arbeitskreis für Vorsorge- und Sozialmedizin (aks) den Bericht zum Vorarlberger Krebsregister. Das soll kein Datenfriedhof sein, sondern eine Grundlage für die Forschung und Überprüfung der Wirksamkeit der modernen Therapien bei Krebserkrankungen. Oberarzt Patrick Clemens leitet das Krebsregister.
Von Kurt Bereuter
neue-redaktion@neue.at
Jährlich erkranken in Vorarlberg etwa 2000 Menschen an Krebs. Die Erkrankungszahlen haben in den letzten Jahrzehnten parallel zum Bevölkerungswachstum zugenommen. Die Zunahme hängt vor allem damit zusammen, dass die Menschen älter werden. Bis zum Alter von 80 Jahren bekommt jeder Dritte eine Krebsdiagnose. Krebserkrankungen in Vorarlberg sind die zweithäufigste Todesursache. Jährlich sterben fast 800 Menschen in Vorarlberg mit einer Krebserkrankung. Das durchschnittliche Alter bei einer Krebsdiagnose liegt konstant bei 67 Jahren bei Frauen und bei 69 Jahren bei Männern.
Umfassende Datenerhebung
Ein Krebsregister erfasst alle wichtigen Daten bei der Diagnose einer Krebserkrankung bis zum Todesfall. Die Datenerhebung dient der Qualitätssicherung und Qualitätssteigerung in der medizinischen Versorgung krebskranker Menschen. Eine Hauptaufgabe eines Krebsregisters liegt in der Auswertung der übermittelten Daten und der anschließenden Rückmeldung der Ergebnisse an die Behandlungseinrichtungen bzw. dem Auftraggeber des aks-Krebsregisters, dem Land Vorarlberg. Gesammelt werden alle Daten auch zentral in Wien bei der Statistik Austria. Wichtige grundlegende Daten werden jährlich veröffentlicht, ein umfassender Bericht wird alle drei bis fünf Jahre publiziert. Zur optimalen Datentransparenz wurde nun neu ein „Dashboard“ eingerichtet, wie wir es von der Coronapandemie kennen. Das ist allgemein zugänglich und gibt Aufschluss über die Zahlen zu den Krebserkrankungen in Vorarlberg.
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Tumorarten und ihre Verbreitung
Mit 31 Prozent ist bei Frauen Brustkrebs die häufigste Krebsart, gefolgt von den Lungentumoren mit 10 Prozent. Das Sterberisiko ist bei diesen beiden Krebsarten mit etwa 18 Prozent am höchsten. Bei Männern ist das Prostatakarzinom mit 27 Prozent vor dem Lungenkarzinom mit 21 Prozent führend, wobei das Sterberisiko beim Prostatakarzinom mit 12 Prozent deutlich unter dem des Lungenkarzinoms mit 21 Prozent liegt. Darmkrebs macht bei beiden Geschlechtern 9 bis 10 Prozent der Krebserkrankungen aus und das Sterberisiko liegt auch bei 9 bis 10 Prozent.

„Die Zahlen sind die eine Seite, auf der anderen Seite steht immer der einzelne Mensch mit seiner Erkrankung im Mittelpunkt unserer Therapie.“
Patrick Clemens, Oberarzt
Zahlen mit Bedeutung für die Therapie
Diese Daten sind also ein wichtiger Beitrag zur Evaluation und möglichen Optimierung der Qualität in der onkologischen Versorgung und ermöglichen auch einen internationalen Vergleich. Neue Erkenntnisse in der wissenschaftlichen Forschung und neue Therapieansätze würden so auffallen und es kann auf solche Entwicklungen reagiert werden. In Vorarlberg liegen gesamthaft die Inzidenz- und Sterbezahlen bei Männern und Frauen unter dem EU-Durchschnitt. Allerdings nicht bei den Melanomen, dem schwarzen Hautkrebs, bei dem es mehr Inzidenzen gibt, aber im Vergleich eine niedrigere Sterberate als in der EU. Das gilt auch für Hals-Nasen-Ohren-Tumore, bei Hodentumoren und dem Prostatakrebs bei Männern, und bei den Lungentumoren bei Frauen. Sie treten in Vorarlberg zwar häufiger auf, aber jeweils mit einer geringeren Sterberate, was schon für eine gute Versorgung spricht. Daneben spiele auch die geographische Lage eine Rolle, in der die Natur zur Bewegung einlädt. Damit gehe mehr Bewegung und weniger Adipositas einher, was für eine Krebsvermeidung günstig sei, erklärt der Radio-Onkologe Patrick Clemens, der das Register leitet. Er ist als Oberarzt für Radioonkologie in der Krebstherapie für die Bestrahlung von Tumoren zuständig, die aber nur eine von mehreren Therapievarianten ist, neben den chirurgischen, chemotherapeutischen und immuntherapeutischen Therapien, die auch kombiniert im Verlauf einer Therapie angewendet werden (können).
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In Zukunft noch bessere Daten
Zwischen den Krebsregistern in den einzelnen Regionen gibt es einen Datenaustausch, der in Zukunft noch weiter verfeinert werden soll. So sollen etwa molekulargenetische Daten für eine noch zielgerichtetere Therapie eingepflegt werden. Auch eine Verknüpfung mit Daten der Gesundheitskassen wäre hilfreich, um zum Beispiel Impfdaten oder Vorsorgedaten einfließen zu lassen. Es werden also nicht nur mehr Daten erhoben, sondern sie werden auch qualitativ besser und erlaubten mehr Rückschlüsse für noch zielgerichtetere und individuellere Behandlungsmöglichkeiten.
Onkologie-Netzwerk Vorarlberg und das Tumorboard
Clemens erklärt, dass jeder „Fall“ individuell betreut und interdisziplinär auf einem Tumorboard besprochen wird. Das heißt, dass jeder Patient mit seiner Krebserkrankung einzeln interprofessionell besprochen und die beste Therapie für jeden einzelnen Patienten empfohlen wird. Gemeinsam mit dem Patienten wird das Ergebnis noch einmal besprochen und mit ihm entschieden. Zusätzlich gibt es ein weiterführendes interprofessionelles Netzwerk, wie zum Beispiel psychologische Unterstützung oder bei Bedarf einen palliativmedizinischen Konsiliardienst im Krankenhaus. Wenn man bedenke, dass über 20.000 Patienten in Vorarlberg mit einer Krebsdiagnose leben, zeige sich auch die Bedeutung der Nachsorge und Betreuung dieser Patientengruppe, unterstreicht Clemens.
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Prävention und Screenings
Clemens verweist im Gespräch auf die Prävention durch einen gesunden Lebensstil und die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen. Je früher ein Krebs entdeckt wird, desto schonender und erfolgreicher ist eine Therapie möglich und die Chance auf Heilung höher. Auch die HPV-Impfung sei sehr wichtig und verringere das Krebsrisiko. Nach internationalen Leitlinien scheint auch ein Lungenscreening zur Früherkennung von Lungenkrebs für Risikogruppen wie Raucher im Alter von 50 bis 80 Jahren sinnvoll. Die Darmkrebsuntersuchung sollte schon ab 45 Jahren durchgeführt werden und ein PSA-Screening zur Früherkennung von Prostatakarzinomen, insbesondere mit Abnahme eines sogenannten Baseline PSA Wertes, im jüngeren Alter wird international diskutiert. Seine Devise als Radio-Onkologe: „Am besten Sie brauchen mich nicht, aber wenn Sie mich brauchen, bin ich da.“