Besser leben

Wechseljahre: „Man wollte mich auf Alzheimer testen“

06.04.2025 • 16:30 Uhr
Wechseljahre: „Man wollte mich auf Alzheimer testen“
Benedicte Hämmerle, Obfrau Andrea Butterweck und Yvonne Hoffmann-Morent. Hartinger

Der Verein „Feuerfrauen“, mit Obfrau Andrea Butterweck bietet eine Anlaufstelle für Frauen in den Wechseljahren, die mit ihren Beschwerden oft nicht mehr weiterwissen.

Schwindel, Hitzewallungen, Gelenksschmerzen, Herzrasen, Schlafstörungen, Kündigungen, Scheidungen, Depressionen und nicht zuletzt auch Suizidgedanken. Unterschiedlicher könnten die Symptome und Auswirkungen nicht sein, doch sie alle können denselben Auslöser haben: die Wechseljahre. Diese bezeichnen die natürliche Übergangsphase im Leben einer Frau, in der die Fruchtbarkeit nachlässt und schließlich endet. Die wenigsten wissen jedoch, dass diese hormonelle Umstellung bereits mit Ende 30 beginnen kann. Viele denken, sie würden schwer krank oder gar verrückt, erklärt Andrea Butterweck, Obfrau des Vereins „Feuerfrauen“. Die NEUE trifft sie und Yvonne Hoffmann-Morent sowie Benedicte Hämmerle, zwei Mitglieder des Vereins, zum Gespräch im Hotel Amedia in Lustenau. „Genau hier hat vor zwei Jahren alles angefangen“, erzählt Butterweck. Am 24. April feiern die Feuerfrauen nämlich zweijährigen Geburtstag. „Das hier ist unsere Homebase“, lacht sie. Auf den bunten Stühlen im Eingangsbereich des Hotels kommen die „Feuerfrauen“ regelmäßig zu ihren Austauschtreffen zusammen.

Wechseljahre: „Man wollte mich auf Alzheimer testen“
Obfrau Andrea Butterweck im Gespräch mit der NEUE. Hartinger


Den Verein gibt es in ganz Österreich, die ursprüngliche Idee stammt jedoch von Butterweck. Sie wollte Frauen einen sicheren Ort zum Austausch bieten, „weil es doch so viele betrifft“, wie sie erzählt. „Und nicht zuletzt auch aus Selbstbetroffenheit“, schmunzelt die Powerfrau. Als Verein zählt die Organisation allerdings erst seit September 2024, davor war es eine Art „Stammtisch“, wie Butterweck es selbst nennt. Der Verein zählt mittlerweile ungefähr 50 Mitglieder, zu den regelmäßigen Treffen kann man aber auch ohne Mitgliedschaft kommen. Man benötigt lediglich eine Voranmeldung.

Wechseljahre: „Man wollte mich auf Alzheimer testen“
Yvonne Hoffmann-Morent. Hartinger

Langzeitfolgen

„Ich war 47 Jahre alt, mitten in den Wechseljahren, und man wollte mich auf Alzheimer testen“, erzählt Butterweck. Die Ärzte, die sie abklapperte – es waren einige, wie sie selbst sagt –, stießen an ihre Grenzen. „Ich habe gedacht, da muss man darüber reden. Das betrifft alle.“ Die beiden anderen Frauen pflichten ihr bei, auch sie berichten von starken körperlichen und psychischen Symptomen. Bei einem Symptom sind sie sich alle einig: Wortfindungsstörungen. Wörter wie Tisch und Pullover, die man das ganze Leben lang tagtäglich verwendet hat, entfallen vom einen auf den anderen Moment. „Das Ding mit den vier Beinen, auf dem man sitzt. Ich dachte, ich werde verrückt“, sagt Hoffmann-Morent. Insgesamt gibt es zwischen 30 und 40 verschiedene Symptome, die alle unabhängig voneinander auftreten können. Aufgrund des fehlenden Wissens um das Thema Wechseljahre werden betroffenen Frauen oft starke Medikamente oder teure Behandlungen verschrieben, die dann wiederum kaum, oder gar nicht helfen.

Wechseljahre: „Man wollte mich auf Alzheimer testen“
Im Hotel Amedia treffen sich die Frauen regelmäßig zum Austausch. Hartinger


Noch schwerwiegender lastet allerdings die Erkenntnis, dass die enormen Hormonschwankungen bei Nichtbehandlung zu schwerwiegenden Langzeitfolgen führen können. Dabei steigert sich unter anderem das Herzinfarktrisiko, das Osteoporoserisiko und auch das Risiko für einen Schlaganfall. „Früher sind die Menschen mit 50 gestorben. Da hatte man gar nicht die Möglichkeit, sich mit den Langzeitfolgen zu beschäftigen“, erklärt Butterweck. Auch sind Frauen stärker von Altersarmut betroffen, weil sie aufgrund der Beschwerden oft nur noch begrenzt, oder gar nicht mehr arbeiten können.

Bioidente Hormone

Die „Feuerfrauen“ haben sowohl für akute, als auch für langfristige Hor­monumstellungen eine Lösung gefunden: bioidente Hormone, auch körperidente oder human­idente Hormone genannt. Das sind Hormone, deren chemische Struktur zu 100 Prozent identisch mit jenen Hormonen ist, die der menschliche Körper selbst produziert. Die Einnahme von ihnen verlangt dem Körper keinerlei Umstellung oder Umgewöhnung ab und ist laut den „Feuerfrauen“ gut verträglich. Es handelt sich dabei um die Hormone Östrogen, Progesteron und teilweise auch Testosteron. Alle von ihnen greifen mittlerweile darauf zurück und schwärmen von den Ergebnissen.

Die Feuerfrauen

Der Verein wurde 2024 in Vorarlberg gegründet und widmet sich der Aufklärung, Beratung und Vernetzung rund um das Thema Wechseljahre. Betroffene werden unterstützt, Wissen bereitgestellt und das gesellschaftliche Bewusstsein gestärkt. Das Angebot reicht von Austauschtreffen über Fachvorträge bis hin zu Workshops in Unternehmen.

„Die Symptome waren vom einen auf den anderen Moment wie weggeblasen“, schildert Hoffmann-Morent. Diese Hormone gibt es tatsächlich bereits seit 70 Jahren, standen aber noch nie im Fokus der Wissenschaft. Doch wie merkt man eigentlich, ob man bereits in den Wechseljahren ist? „Wenn sich Ende 30, Anfang 40 Sachen verändern, die du mit nichts anderem in Zusammenhang bringen kannst, dann sollten die Hormone mitbedacht werden“, sagt Butterweck.

Wechseljahre: „Man wollte mich auf Alzheimer testen“
Benedicte Hämmerle. Hartinger

Auch Männer betroffen

Auch die Partner von betroffenen Frauen sollten über das Thema Wechseljahre aufgeklärt werden, finden die „Feuerfrauen.“ Aus diesem Grund bieten sie gemeinsam mit Männercoach Bernhard Dünser die sogenannten „Feuergespräche“ an, bei denen Männer im geschützten Raum ihre Fragen stellen können. „Das Thema betrifft nicht nur Frauen“, sind sie sich einig. Auch die Sexualität in einer Partnerschaft sei durch die Wechseljahre natürlich betroffen.
An die Politik haben die „Feuerfrauen“ klare Forderungen. „Wir sind mehr als 50 Prozent der Bevölkerung. Wir machen so viel aus“, sind sie sich einig. Das Thema finde im Medizinstudium kaum Beachtung, was dringend geändert werden müsse. Die bioidenten Hormone sollten flächendeckend und verlässlich verfügbar sein. Auch menopausen-gerechte Arbeitsplätze würden sie sich wünschen: Klimaanlagen, Ruheräume und mehr Akzeptanz für krankheitsbedingte Arbeitsausfälle.