Euro-Stars

Der Abwehrchef

19.06.2024 • 14:29 Uhr
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Berat Djimsiti steht mit Albanien vor der ersten EM-Teilnahme. Reuters

Bei Berat Djimsiti (31) jagt ein Highlight das nächste. Nach dem Gewinn der Europa League steht seine erste EM-Teilnahme mit Albanien an. Der Weg dahin war steinig.

Es ist gerade einmal zwei Wochen her, dass Berat Djimsiti den Europa-League-Pokal in den Nachthimmel von Dublin streckte. Der Kapitän und Innenverteidiger hat gerade mit seinem Team Atalanta Bergamo das in dieser Saison Unmögliche möglich gemacht. Das Team aus der italienischen Serie A hat im Endspiel dank einem Triplepack von Ademola Lookman das unbesiegbare Bayer 04 Leverkusen geschlagen. Angeführt von Kapitän Djimsiti ließen die Bergamasken dem zuvor seit 51 Spielen ungeschlagenen deutschen Doublesieger,keine Chance. Für Atalanta ist das der erste europäische Titel der Vereinsgeschichte. Und nach dem Gewinn der Coppa Italia 1963 der zweite relevante Triumph überhaupt.
Unter Erfolgstrainer Gian Piero Gasperini ist der Innenverteidiger Djimsiti seit sechs Jahren Stammspieler und mittlerweile auch Kapitän. Für Bergamo kommt der 1,90 Meter große Abräumer auf 239 Einsätze, bei denen ihm acht Tore und acht Vorlagen gelangen. Speziell bei Standardsituationen ist der kopfballstarke Innenverteidiger brandgefährlich.

Rückschläge

ür Djimsiti ging es aber nicht immer nur steil nach oben. Auf seinem Weg zu dem Spieler, der er heute ist, musste er auch einige schmerzhafte Rückschläge verkraften. Berat Djimsiti wurde am 19. Februar 1993 in Zürich geboren. Obwohl er mittlerweile Kapitän der albanischen Nationalmannschaft ist, durchlief er sämtliche Nachwuchsnationalteams der Schweiz, ehe er aufgrund von Perspektivlosigkeit 2014 verkündete, in Zukunft für Albanien aufzulaufen. Weil Djimsiti auch Wurzeln im Kosovo hat, versuchte dieser, ihn ebenfalls von einem Wechsel zu überzeugen. Der damals 21-Jährige entschied sich aber nach einem Telefonat mit dem damaligen Teamchef Gianni de Biasi für Albanien.

Seinerzeit kickte der Innenverteidiger in seiner Heimatstadt für die erste Mannschaft des FC Zürich in der Super League, für die er auch in der Jugend aktiv war. In Zürich galt er als eines der größten Innenverteidigertalente des Landes. Am 4. September 2015 durfte er aufgrund seiner gezeigten Leistungen schließlich sein Länderspieldebüt gegen Dänemark feiern.

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Der Albaner ist ein kompromissloser Zweikämpfer. AFP

Damals konnte er noch nicht wissen, dass das kommende Jahr, das Jahr 2016, das schwerste seiner Karriere würde: Im November 2015 unterlief ihm beim 0:5 im Zürcher Derby ein fataler Rückpass, der sein Ende in der Schweiz besiegelte.
Sein damaliger Trainer Sami Hyypiä strich ihn daraufhin aus dem Kader und im Winter wurde sein Vertrag einvernehmlich aufgelöst. Doch bereits am nächsten Tag unterschrieb Djimsiti in Italien bei Atalanta Bergamo. Im ersten halben Jahr war er nur Innenverteidiger Nummer vier und musste bis zur drittletzten Runde auf sein Debüt warten. Daraufhin folgte innerhalb eines halben Jahres der zweite große Rückschlag seiner noch jungen Karriere: Nationaltrainer de Biasi strich den Innenverteidiger nachträglich aus dem vorläufigen Kader für die Europameisterschaft 2016 in Frankreich.

Durchbruch

Nach dem geplatzten EM-Traum 2016 konnte er in Bergamo weiterhin nicht Fuß fassen und ließ sich zuerst für ein Jahr in die Serie B zu Avelino und dann zum Serie-A-Aufsteiger Benevento Calcio ausleihen. Bei den beiden Leihen war er Stammspieler, konnte sich besser an den italienischen Fußball gewöhnen und kehrte im Sommer 2018 zu seinem Stammverein zurück. In der Hinrunde kam er noch sporadisch zum Einsatz, seit der Rückrunde der Saison 2018/19 ist er aber unumstrittener Stammspieler. Mittlerweile ist der gebürtige Schweizer 31 Jahre alt und einer der konstantesten und besten Innenverteidiger der Serie A. Für Albanien kommt Djimsiti insgesamt auf 56 Länderspiele, in denen ihm ein Treffer gelang.

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Im Mai 2024 gewann Djimsiti mit Atalanta Bergamo die Europa League. Reuters

Acht Jahre ist es mittlerweile her, seit Djimsiti den FC Zürich durch die Hintertür verlassen musste. Der Bezug riss nie ab: Seine Eltern und Brüder leben immer noch in Zürich. Mittlerweile ist das böse Blut mit dem Verein vergessen, und der Innenverteidiger kann sich eine Rückkehr in der Zukunft vorstellen. Sein damaliger Berater Milos Malenovic ist mittlerweile auch Sportchef beim FC Zürich, der Kontakt besteht also immer noch.

Krönung

Zuerst steht für Djimsiti aber noch die Krönung seiner unglaublichen Saison an: Denn anders als 2016, als er im letzten Moment noch aus dem EM-Kader gestrichen würde, ist er dieses Mal definitiv dabei. Berat Djimsiti wird die albanische Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft in Deutschland als Kapitän auf das Feld führen und damit seine absolute Highlightsaison krönen.
Auch wenn die Chancen auf ein Weiterkommen in einer Gruppe mit Spanien, Italien und Kroatien eher gering sind, die Auftritte in der Qualifikation zur EM-Endrunde waren auf jeden Fall vielversprechend.

Von Florian Gabriel

Berat Djimsiti

Geburtsdatum: 19. Februar 1993
Nationalität: Albanien
Position: Innenverteidiger
Verein: Atalanta Bergamo
Marktwert: 10 Millionen Euro
Leistungsdaten Verein:
Serie A: 216 Spiele, 4 Tore, 9 Vorlagen; Schweizer Super League: 110 Spiele, 5 Tore, 3 Vorlagen; Champions League: 19 Spiele; Europa League: 21 Spiele, 4 Tore; Qualifikation Europa League: 7 Spiele
Leistungsdaten Nationalteam:
56 Spiele, 1 Tor, 1 Vorlage
EM-Historie: Keine
Größte Erfolge: Sieger Europa League (2023/24); zweifacher Schweizer Meister (2013/14, 2015/16)
Ehrungen: Wahl in Europa-League-Team der Saison (2023/24)