„Menschen, die ankommen, sind erschöpft“

Ukraine: Simon Suitner berichtet über viel Hilfsbereitschaft und Hilfslosigkeit.
Der Krieg in der Ukraine hat bereits Auswirkungen auf die Nachbarländer. In Rumänien kommen immer mehr Flüchtlinge an, um die sich der Staat, aber auch viele Private kümmern. Simon Suitner, der als Geschäftsführer mehrerer Sozialmärkte in der Hauptstadt Bukarest lebt, berichtet über die Lage: „Die geflüchteten Ukrainer kommen am Bahnhof an und melden sich bei den Behörden. Menschen, die eine Unterkunft zur Verfügung stellen möchten, kommen hin und können diese vermitteln lassen.“
Erschöpft von der Flucht
Unter den Flüchtlingen seien sehr viele Frauen mit Kindern, berichtet Suitner, die Männer müssen kämpfen. Er hat einer neunköpfigen Reisegruppe Unterkunft gewährt, darunter ein Mann, zwei Frauen und sechs Kinder. Der Mann, er hat einen aserbaidschanischen Pass, hatte dem Ehemann der zweiten Frau versprochen, sich um sie zu kümmern.
Viele Menschen kämen nur mit sehr wenig an, sie hätten maximal einen Koffer dabei, erzählt Suitner. Sie seien daher froh, wenn sie die Gelegenheit bekämen, ihre Wäsche zu waschen. Allgemein seien die Ankommenden sehr erschöpft. Eine Frau und ihre Mutter, die er und seine Familie ebenfalls für eine Nacht beherbergt haben, seien vier Tage lang unterwegs gewesen ohne viel zu schlafen.
Verwirrungen im Krieg
Dank Google Translate könne man sich einigermaßen verständigen, erklärt Suitner. Englisch sprächen die wenigsten und Russisch wollten manche nicht sprechen. Die beiden Frauen hätten darauf bestanden nur Ukrainisch zu sprechen, später habe sich herausgestellt, dass eine Russischprofessorin war. Der Krieg treibt auch in Rumänien seltsame Blüten. Diese Woche verbreitete sich ein Gerücht, dass der Benzinpreis auch dort bereits die Marke von zwei Euro überschritten hätte, worauf sich lange Schlangen vor den Tankstellen bildeten.
Hamsterkäufe habe er noch keine erlebt, so Suitner, aber man merke, dass die Menschen vermehrt Lebensmitel kauften, die länger haltbar sind. „Viele Rumänen haben Angst“, erklärt der Vorarlberger. Das habe auch mit den historischen Erfahrungen zu tun. Er kann sich auch nicht vorstellen, dass die offiziellen Flüchtlingszahlen stimmen. Der Verein, für den er arbeitet, habe über die Weltbank Masken erhalten und dem örtlichen Bürgermeisteramt für die geflüchteten Ukrainer angeboten. Dort habe man dankbar 200.000 Masken entgegengenommen und erklärt, man würde auch noch mehr nehmen. Das Amt sei aber nur für einen der Bukarester Bezirke zuständig.
Wechselprobleme
Die Flüchtlinge hätten auch damit zu kämpfen, dass die ukrainische Währung fast nirgends mehr getauscht werde. Nur eine einzige Bank nehme noch Hrywnja an und wechsle etwa 100 Euro pro Person in rumänische Leu. Aber auch diese Währung gerät unter Druck. Den offiziellen Wechselkurs zum Euro erhalte man bei keiner Wechselstube.
Die Hilfsbereitschaft der Menschen vor Ort sei groß, aber nicht immer treffsicher. Eine der Frauen, die bei den Suitners übernachtete, habe Süßigkeiten für ihre Kinder abgelehnt. Diese hätten seit Tagen von sehr vielen Menschen auf der Fluchtroute Süßes bekommen, es werde mittlerweile einfach zu viel.