Skurriler Plan: Italien sagt Fake-Pasta-Köchen den Kampf an

Es ist nicht alles italienisch, was sich so nennt. Das schmeckt Italiens Minister für Lebensmittelsouveränität gar nicht. Nur für italienische Lokale im Ausland, die italienische Rezepturen verwenden, soll es ein Zertifikat geben.
Essen ist in Italien eine ernste Angelegenheit. Italienerinnen und Italiener können sich stundenlang über jüngst verzehrte Gerichte oder die richtige Zubereitung einer noch zu verspeisenden Mahlzeit unterhalten. Wer zu kritisieren wagt, die italienische Küche sei einfallslos und bestehe vor allem aus Pizza und Pasta, wird als ignoranter Barbare verachtet. Wie in anderen südeuropäischen Ländern ist man sich in Italien sicher, das Patent auf exzellentes Essen zu haben. Tatsächlich hat das italienische Essen ja im Einklang mit der Emigration aus Italien einen Siegeszug durch die Welt gefeiert, der noch nicht beendet ist. 90.000 italienische Restaurants soll es weltweit geben.
Wo Italien draufsteht, soll Italien drin sein
Nun hat sich der Minister für Landwirtschaft, Lebensmittelsouveränität und Forste mit einem umstrittenen Vorschlag zu Wort gemeldet. Francesco Lollobrigida, entfernter Verwandter der jüngst verstorbenen Schauspielerin Gina, fordert den Schutz der authentischen italienischen Küche in der Welt. „Basta mit Restaurants, die sich italienisch nennen und Produkte verwenden, die nicht italienisch sind!“, forderte Lollobrigida. „Basta mit Köchen, die nicht wissen, wie man italienisch kocht und oft zum Gegenstand von Witzen werden“, fügte der 50 Jahre alte Politiker aus der nationalistischen Partei Fratelli d’Italia von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hinzu. Lollobrigida kündigte ein Zertifikat für echte italienische Restaurants im Ausland an.

Angelegenheit von nationaler Bedeutung
Nun sollte man denken, die Gastronomie außerhalb Italiens sei keine italienische Angelegenheit, sondern liege in der Zuständigkeit des jeweiligen Landes. Lollobrigida und Co, die dem Ministerium bei Regierungsantritt im Herbst den Zusatz „für Lebensmittelsouveränität“ verpasst haben, sehen die Sache anders. Italienisches Essen sei auch im Ausland eine Angelegenheit von nationaler Bedeutung.
Ein Hit im Netz, der die italienische Einstellung gut vor Augen führt: Eine Amerikanerin zerbricht vor ihrem italienischen Verlobten die Spagetti, bevor sie im Kochtopf landen. Er ist völlig entsetzt …
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Dem ist insofern zuzustimmen, weil kulinarische Abwege im Ausland immer wieder Empörung in Italien hervorrufen. So wurde der schottische Starkoch Gordon Ramsay erheblich kritisiert, als er die falschen Zutaten für eine Carbonara-Sauce verwendete oder das Eintauchen von Pizza-Stücken in Ketchup empfahl. Ananasstückchen auf Pizza oder Schlagobers in Carbonara-Sauce sind andere Aufreger in Italien. Nach welchen Standards die Zertifizierung erfolgen soll, sagte der Minister nicht. Denkbar ist etwa die Verleihung eines Gütesiegels durch die Regierung in Rom für diejenigen Lokale, die nach authentischen italienischen Rezepten und vor allem mit echten italienischen Zutaten kochen, die aus Italien importiert werden.
Phänomen “italian sounding”
Die Kampagne richtet sich gegen ein Phänomen, das in der Fachwelt als „italian sounding“ bezeichnet wird und die Werbung mit italienischer Qualität und Symbolen meint, obwohl es sich in Wahrheit nicht um italienische Küche handelt. Die Masche funktioniert. Unter der Vortäuschung von italienischer Authentizität hat sich ein Geschäftsvolumen von weltweit 55 Milliarden Euro entwickelt. Werden keine Gütesiegel wie DOC, DOGC, DOP oder IGP verwendet, gibt es dagegen keine rechtliche Handhabe. Jeder kann Italien auf die Packung schreiben, auch wenn kein Italien in der Packung drin ist. Ein Beispiel aus dem deutschen Sprachraum ist die als „Pasta Schuta“ (italienisch: Pasta asciutta) bezeichnete Fertigkombination aus Nudeln und Fleischsauce eines Herstellers aus Süddeutschland.
„Lebensmittelsouveränität“
Besonders betroffen ist auch die Käseproduktion. Feilgeboten wird etwa „Perfect Italiano Parmesan“ in Neuseeland oder „Zottarella“ hierzulande, die Anspielung auf Mozzarella-Käse ist nicht zu übersehen. Ob die Herstellung jener Produkte italienischen Standards genügt, ist eine für die Regierung nachrangige Frage. Unter „Lebensmittelsouveränität“ versteht man in Melonis Rom vor allem die Förderung italienischer Produzenten und die Verwendung von Zutaten aus Italien. Gegen die legale Konkurrenz auf dem Markt gibt es keine Handhabe. Deshalb nun der Vorschlag des Ministers für ein Gütesiegel. Von der Opposition kam sogleich Protest. Carlo Calenda von der Partei „Azione“ forderte spöttisch einen Strafenkatalog „für die idiotischen Ideen von Regierungsmitgliedern“.