International

Suche nach Vermissten erinnert an „Costa Concordia“

20.08.2024 • 19:28 Uhr
ITALY-MARITIME-ACCIDENT-BRITAIN
Rettungskräfte stehen vor einer schweren Bergung. AFP

Eine Segeljacht gerät bei Palermo in einen Tornado. Sie kentert und sinkt 50 Meter tief ins Wasser. Die Bergung der Passagiere erinnert an den Fall der „Costa Concordia“.

Die Bergungsarbeiten an der vor Sizilien gesunkenen Luxusjacht „Bayesian“ gestalteten sich schwierig: Vom frühen Morgen an versuchten Rettungstaucher der italienischen Feuerwehr einen Zugang zu den unteren Decks zu bekommen, um nach sechs Vermissten zu suchen. Die Jacht war am frühen Montagmorgen bei einem schweren Tornado vor der Ortschaft Porticello bei Palermo gekentert und auf knapp 50 Meter Tiefe gesunken. Rettungstaucher hatten am Montag einen Toten geborgen, es handelt sich um den kanadischen Schiffskoch Ricardo T.

Bislang konnten 15 Personen gerettet werden. Insgesamt befanden sich 22 Menschen auf dem Segelschiff. Unter den Vermissten sind der bekannte britische Hightech-Unternehmer Mike Lynch und seine 18-jährige Tochter sowie Jonathan Bloomer, Vorsitzender der Investmentbank Morgan Stanley International sowie dessen Frau. Auch am Dienstag suchten Schiffe der Küstenwache und Hubschrauber das Meer vor Porticello nach Überlebenden ab, zunächst ohne Erfolg. Italienische Medien vermuten, die sechs Vermissten, vier Briten und zwei US-Amerikaner, könnten beim Sinken des Schiffs in Kabinen in den unteren Decks der „Bayesian“ eingeschlossen gewesen sein.

Hindernisse erschweren die Bergungsarbeiten

Luca Cari, Sprecher der italienischen Feuerwehr, berichtete am Dienstag von „erheblichen Schwierigkeiten“ bei der Bergung. Drei Tauchermannschaften seien am Werk, die jeweils in Zweierteams arbeiten und auf 49 Meter Tiefe abtauchen. Die Taucher hätten nur wenige Minuten beim Wrack in der Tiefe Zeit, bevor sie wieder aufsteigen müssen, erklärte Cari der Nachrichtenagentur Ansa zufolge. „Die tatsächliche Zeit für die Suche beträgt also zehn Minuten pro Tauchgang.“ 

Bisher konnte nur das Kommandodeck inspiziert werden, wo die Taucher den Körper des Schiffskochs fanden. „Dort ist alles voller Kabel“, erklärte Cari. Im Inneren des Schiffs sei kaum Durchkommen, Hindernisse wie umgestürzte Möbel versperrten den Weg. Am Dienstagvormittag konnten die Rettungstaucher offenbar ein Fenster im Rumpf des Wracks ausmachen, das von außen durchbrochen werden sollte, um den Zugang zu den Kabinen zu ermöglichen. 

„Es ist wie eine kleine Concordia“, sagte der Feuerwehrsprecher in Anspielung an das im Januar 2012 vor der toskanischen Küste gesunkene Kreuzfahrtschiff Costa Concordia. Die Bergungsarbeiten an dem wegen eines Navigationsfehlers auf Grund gelaufenen Schiffs gestalteten sich damals sehr kompliziert und zogen sich über Monate hin. Ob menschliches Versagen auch das Sinken der „Bayesian“ mitverursacht hat, will die Staatsanwaltschaft Termini Imerese feststellen. Sie hat Ermittlungen aufgenommen.

Deutscher Kapitän berichtet

Unterdessen berichtete der deutsche Kapitän Karsten Börner über den Hergang des Unglücks. Börner lag mit seinem Segelschiff „Sir Robert Baden Powell“ in der Nähe der 56 Meter langen Jacht, als am Montag gegen 5 Uhr ein schwerer Sturm aufzog. Börner berichtete vor Journalisten, er habe den Motor eingeschaltet, „um die Kontrolle über das Schiff zu behalten und eine Kollision mit der Bayesian zu vermeiden“. Diese habe neben ihm geankert. 

„Es gelang uns, das Schiff in Position zu halten und als der Sturm vorbei war, bemerkten wir, dass das Schiff hinter uns verschwunden war.“ Auch der 72 Meter hohe Mast der Bayesian soll gebrochen sein. Die Segeljacht „lag flach auf dem Wasser und ging dann unter“, fügte Börner hinzu. Anschließend entdeckte der Deutsche ein Rettungsboot mit 15 Überlebenden, darunter eine Mutter mit einem einjährigen Baby, und nahm diese an Bord. Drei der Schiffbrüchigen seien schwer verletzt gewesen. Auch Mike Lynchs Ehefrau Angela Bacares wurde gerettet.

Prominente Vermisste

Lynch ist einer der bekanntesten Technologie-Unternehmer Großbritanniens und hatte sein Unternehmen Autonomy im Jahr 2011 für elf Milliarden US-Dollar an die Firma Hewlett-Packard verkauft. Erst im Juni wurde Lynch nach jahrelangem Prozess von Betrugsvorwürfen im Zusammenhang mit dem Verkauf freigesprochen. Offenbar sollte der Segeltrip eine Art Erholungsfahrt nach jahrelangem Gerichtsstreit sein. Der zusammen mit Lynch vermisste John Bloomer trat im Prozess als Zeuge der Verteidigung auf, ebenfalls vermisst werden Lynchs Strafverteidiger Chris Morvillo und dessen Frau.