Sozialer Wohnbau gerät unter Druck

Baukostenexplosion trifft auch gemmeinüttzige Wohnauträger. Höhere Mieten wahrscheinlich.
Immer mehr private Wohnbauträger kaufen Grundstücke großflächig auf, Spekulanten horten Bauland, Bodenreserven werden kleiner, Material- und Grundstückspreise steigen ins Unermessliche: All das bereitet den gemeinnützigen Wohnbauträgern zunehmend Probleme bei der Finanzierung ihrer Neubauprojekte, was sich über kurz oder lang auch auf die Höhe der Mieten auswirken wird.
Die Vorarlberger gemeinnützige Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft m.b.H. (Vogewosi) ist der größte gemeinnützige Bauträger des öffentlichen Wohnungsbaus im Bundesland. Haupteigentümer ist – mit einem Anteil von 70,95 Prozent – das Land Vorarlberg. Knapp 15.000 Wohnungen verwaltet die Vogewosi – und jedes Jahr kommen neue hinzu. 2020 umfasste das Bauprogramm mehr als 150 Miet- und Mietkaufwohnungen. Es werde allerdings zusehends schwieriger, Grundstücke zu bekommen, beobachtet Vogewosi-Geschäftsführer Hans-Peter Lorenz die Entwicklung im Immobiliensektor mit Sorge. „Es gibt da ein unheimliches G’riss, jeder versucht sein Geld in den sicheren Hafen zu bringen.“
Es gibt ein unheimliches G’riss um Grundstücke.Jeder versucht, sein Geld in den sicheren Hafen zu bringen.
Hans-Peter Lorenz, Vogewosi
Abgeschotteter Markt
Hinzu kommen nun die eklatanten Baukostensteigerungen. Die beschäftigen die Vogewosi zwar auch schon länger, seit dem Frühjahr seien diese aber „noch einmal massiv nach oben gegangen“, weiß Lorenz. Als Gründe nennt er Rohstoffknappheit und überhitzte Baukonjunktur, aber auch der „abgeschottete“ Markt trage dazu bei. Baufirmen aus anderen Bundesländern oder dem Ausland würden in Vorarlberg kaum Angebote abgeben – und wenn, dann handle es sich „eher um kleinere Gewerke, die sich in den Gesamtkosten nicht so sehr niederschlagen“.

Höhere Mietpreise
Die hohen Grundstückpreise und stark gestiegenen Errichtungskosten werden letztlich auch die Mieter zu spüren bekommen. Momentan beläuft sich das Entgelt für Miete und Betriebskosten bei Erstvermietung in einem Neubau 10,50 Euro pro Quadratmeter. Lorenz geht davon aus, dass es nicht dabei bleiben wird. In welchem Ausmaß das Entgelt steigen wird, könne er derzeit noch nicht sagen. Das hänge auch von den Gesprächen mit dem Land ab, die derzeit im Gange seien (siehe linke Spalte).
Neben den öffentlichen Geldern ist es vor allem die gute Eigenkapitalausstattung der Vogewosi, die den Bau der immer teurer werdenden Wohnanlagen überhaupt erst möglich macht. Das Eigenkapital belief sich im Jahr 2020 auf 283 Millionen Euro, was etwa ein Drittel des gesamten Vogewosi-Vermögens darstellt. „Hätten wir dieses Eigenkapital nicht, wäre es langfristig schwierig, leistbaren Wohnraum zu schaffen und zu erhalten.“ Trotzdem gibt es auch bei der Vogewosi Überlegungen, das eine oder andere Bauvorhaben vorerst ad acta zu legen. „So wie sich die Situation jetzt darstellt, werden wir sicher keine Projekte forcieren, bei welchen die Dringlichkeit nicht gegeben ist.“
„Die Finanzierung unserer Bauprojekte wird aufgrund der hohen Grundstückspreise und Baukosten immer schwieriger.
Alexandra Schalegg, Alpenländische
Bauverzögerungen
Zu spüren bekommt die momentane Entwicklung im Immobilien- und Bausektor auch die Alpenländische Wohnbaugesellschaft. Rund fünf Wohnanlagen hat der gemeinnützige Wohnbauträger derzeit in Bearbeitung, acht weitere Wohnanlagen mit 160 Wohnungen sollen nächstes Jahr in Bau gehen. Die Finanzierung dieser Projekte werde aufgrund der hohen Grundstückspreise und Baukosten nimmer schwieriger, sagt Alexandra Schalegg, Geschäftsstellenleiterin in Vorarlberg. Aber auch Bauverzögerungen machen der Alpenländischen zu schaffen. Aktuell zeige sich das bei einer Wohnanlage in Laterns. Dort hätte eigentlich schon mit dem Holzbau begonnen werden sollen. Wann die Arbeiten nun tatsächlich starten, weiß Schalegg derzeit noch nicht.

Landesrat Tittler: Keine vollumfängliche Kompensierung
Damit die Wohnbaugesellschaften auch künftig sozial verträgliche Mieten anbieten können, braucht es entsprechende Förderungen seitens der öffentlichen Hand. Hierzu laufen gerade Gespräche, wie der ressortzuständige Landesrat Marco Tittler (ÖVP) auf Anfrage mitteilt. „Die Wohnbauförderungsrichtlinien werden regelmäßig angepasst und adaptiert, hier befinden wir uns aktuell im Abstimmungsprozess.“ Tittler betont, dass es „jedenfalls eine Anpassung“ geben wird. Gleichzeitig räumt er allerdings ein, dass steigende Kosten und Preise „nicht vollumfänglich durch höhere Förderungen kompensiert werden, was gegebenenfalls auch zu moderaten Mieterhöhungen im gemeinnützigen Wohnbau führen kann“. Wie diese Erhöhungen sozial verträglich gestaltet werden könnten, sei Teil des noch laufenden Abstimmungsprozesses. Ebenfalls abgestimmt und auf Bedarf und Umsetzungszeitraum geprüft wird derzeit das anstehende Bauprogramm der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften.