Kultur

Ein Auswärtsspiel zum Jubiläum

03.12.2021 • 21:52 Uhr
Es geht nach Venedig: Die Scuola di San Pasquale liegt neben der Kirche San Francesco della Vigna. <span class="copyright">Kunsthaus Bregenz</span>
Es geht nach Venedig: Die Scuola di San Pasquale liegt neben der Kirche San Francesco della Vigna. Kunsthaus Bregenz

25 Jahre KUB werden nächstes Jahr gefeiert – in Bregenz und in Venedig.

Das Jahr 2022 wird ein besonderes für das Kunsthaus Bregenz, denn es steht ein Jubiläum an. 1997 wurde das Haus an der Seestraße mit einer Ausstellung des Lichtkünstlers James Turrell eröffnet. Das 25-jährige Bestehen soll nächstes Jahr ordentlich gefeiert werden, und das nicht nur mit einem Spezialprogramm im Sommer in Bregenz: Parallel zur Biennale nistet sich das KUB im Frühjahr und Sommer in Venedig ein. In der Scuola di San Pasquale wird es eine Schau mit Otobong Nkanga und Anna Boghiguian geben – Letztere bestreitet auch die letzte Ausstellung 2021 in Bregenz. Mit Dora Budor und Jordan Wolfson werden weitere spannende Positionen im Zumthor-Bau erwartet.

Jordan Wolfsons Arbeit "Female Figure". <span class="copyright">Jordan Wolfson</span>
Jordan Wolfsons Arbeit "Female Figure". Jordan Wolfson

Im KUB-Büro lud Direktor Thomas D. Trummer diesmal zur Programmpräsentation im kleinen Rahmen, die Pressekonferenz wurde aus bekannten Gründen abgesagt. Trotz der Pandemie gehe dieses Jahr positiv aus, das Interesse des Publikums konnte laut Trummer im Vergleich zum Vorjahr gehalten werden, rechne man jeweils die Schließzeiten ab. Voraussichtlich werden dieses Jahr insgesamt 37.000 Menschen das KUB besucht haben (bei fünf Wochen Schließzeit), 2020 waren es 29.445 (bei vier Monaten Schließzeit). Fehlen würden auch die Schulklassen, die zeitweise nicht ins Kunsthaus kommen konnten, so der Direktor. Er empfiehlt einen zweiten Besuch der Ausstellung von Otobong Nkanga, sobald möglich. Denn die Lehmlandschaft, die die Künstlerin in die Etagen gesetzt hat, hätte sich durch die zunehmende Trockenheit auf faszinierende Art verändert.

Figuren aus Karton erschafft Anna Boghiguian.  <span class="copyright">Anna Boghiguian </span>
Figuren aus Karton erschafft Anna Boghiguian. Anna Boghiguian

Bei einem etwas weiteren Blick in die KUB-Geschichte erwähnt Trummer stolz die vielen Künstler, die zuerst den Zumthor-Bau bespielt, und danach wichtige Preise gewonnen haben. In diese Kategorie fällt zum Beispiel der Künstler Lawrence Weiner, der vor kurzem verstorben ist (siehe rechts). Erst vor wenigen Tagen wurde ihm der mit 20.000 Euro dotierte Wiener Oskar-Kokoschka-Preis 2022 zugesprochen.

Interaktive Tour

Ein außergewöhnliches Auswärtsspiel ist zweifelsohne die Präsenz des KUB in Venedig in den ersten Wochen der Biennale. Nicht nur die geplante Schau, auch das Kunsthaus selbst und seine Geschichte wolle man bei diesem Auftritt präsentieren, so Trummer. Dafür wurde die Scuola di San Pasquale gemietet, die in Besitz des Franziskanerordens liegt. Das Gebäude aus dem frühen 17. Jahrhundert wurde für karitative Zwecke genutzt, auch habe der Orden viel in Kunst investiert. Im unteren Geschoss befindet sich eine Säulenhalle, oben zeige sich ein offener, großer Raum mit hoher Decke, schwärmt der Kunsthistoriker. In die Präsentation wolle man auch eine interaktive Tour durch das Kunsthaus einbauen. Bei dem Gastspiel gibt es wohl auch ein Wiedersehen mit Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl, die den Österreich-Pavillon konzipieren.

Geologie

Zuerst geht es aber in die Erde unter das KUB. Die in Zagreb geborene, in New York lebende Künstlerin Dora Budor beschäftigt sich mit der Natur und der Verantwortung des Menschen. In ihrer Auseinandersetzung mit der Geologie verweist sie auf die lange Geschichte der Erde vor der Menschheit. Und so erforschte die Künstlerin das, was unter dem KUB liegt, und entdeckte den Kollektorgang in 26 Metern Tiefe – es sei ein richtiges Abenteuer, man brauche eine Schutzausrüstung um dorthin zu gelangen, erzählt der Direktor. Aus diesem Gang stellt Budor Latextabgüsse her und erschafft daraus skulpturale Elemente, die Teil ihrer mit 19. Februar beginnenden Schau werden.

Gogo-Tänzerin

Am 11. Juni folgt etwas ganz anderes, meint der KUB-Direktor: Der US-Künstler Jordan Wolfson benutzt hochtechnologische Elemente, Virtual Realitiy, Roboter, Medien und raffinierte digitale Welten. Oft geht es dabei um Gewalt, Rassismus und Konsum, erklärt Trummer. Ein Beispiel seiner Arbeit ist die abgeschlagen wirkende Roboter-Gogo-Tänzerin „Female Figure“. Mit viel Pop und mit Provokationen wirft Wolfson brisante gesellschaftliche Fragen auf. Ein wichtiger Einfluss für den Künstler von der Westküste ist der Performancekünstler und Bildhauer Paul McCarthy.

KUB-Direktor Thomas D. Trummer. <span class="copyright">Philipp Steurer</span>
KUB-Direktor Thomas D. Trummer. Philipp Steurer

Anna Boghiguian hat armenische Wurzeln und lebt im ägyptischen Kairo. Wie auch Nkanga, die 2019 bei der Biennale vertreten war, hat auch Boghiguian Venedig-Erfahrung, denn sie gewann 2015 den Goldenen Löwen für die Gestaltung des Armenien-Pavillions. Sprache, Literatur und auch das Hören sind Themen der hörgeschädigten Künstlerin, mit Gewalt und Migration beschäftigt sich die Künstlerin zudem, wie Trummer erklärt. Auch Boghiguian wolle die Gegebenheiten in Bregenz nutzen und sich mit der österreichischen Geschichte auseinandersetzen. Neben Marie Antoinette dachte sie dabei an die Geschichte eines österreichischen Nazi-Verbrechers, der lange nach dem Krieg auf Kairos Straßen Süßigkeiten an Kinder verteilte. Im Raum freistehende Kartonfiguren gehören zum Werk der Künstlerin. Ob und wie das alles in ihrer Schau zusammenkommt, ist noch nicht abzusehen. Doch diese Spannung und dieses Risiko gehören zum KUB dazu, sagt der Direktor nicht ohne Vorfreude.

An Eigeneinnahmen erwirtschaftete das KUB dieses Jahr rund 690.000 Euro, einen Anteil von rund 25 Prozent am Gesamtbudget.