Von einer dubiosen Idee zum kultigen Kunstobjekt

Gottfried Bechtold feiert bei Maximilian Hutz 50 Jahre Betonporsche.
Eigentlich sei er ja kein Fan von Jubiläen, aber dass er nun nach 50 Jahren Betonporsche Rückschau auf diese spannende Geschichte halten kann, das sei „schon lässig“, sagt Gottfried Bechtold. Zumal sich im Lauf der Zeit herausgestellt habe, dass sein eingeschlagener Weg kein Irrweg gewesen sei. Noch vor dem Lockdown lud der Vorarlberger Künstler in die Galerie Maximilian Hutz in Hard, wo der allererste Betonporsche gefeiert wird. Bis zum 29. Jänner ist die Schau zu sehen, die einen Einblick gibt in die Erschaffung des „Ur-Porsche“. Zudem parkt eine ganze Flotte an Miniaturausgaben des „Konstanzers“, wie der Porsche 911 von 1971 genannt wird, in der Mitte des Ausstellungsraums.

Die vergangenen Monate waren keine einfachen für Bechtold. Der 74-Jährige hat sich mittlerweile aber von seiner Krebserkrankung erholt – diese sei beileibe „kein Bänderriss“, sondern vielmehr eine „olympische Disziplin“, wie er sagt. Umso lohnender scheint es jetzt zu sein, auf die Entwicklung eines der bekanntesten und mittlerweile auch kultigsten Kunstwerke aus Vorarlberg zurückzublicken. Zumal in den Anfängen dem damals völlig neuartigen Projekt vornehmlich mit Skepsis begegnet wurde. Bis auf wenige Unterstützer, wie etwa der Schweizer Kurator Harald Szeemann, stieß die Idee, aus einem Porsche 911 ein 13,6 Tonnen schweres Faksimile aus Beton zu erstellen, kaum auf Verständnis. Warum denn das Ganze, warum sich als Künstler mit einem Pkw beschäftigen?
Massen-Individualismus
In dem Objekt selbst – ein tonnenschweres, behäbiges Symbol für Dynamik und Mobilität – ruht bereits ein Paradox, und auch das Verhältnis des Künstlers zu der Vorlage, dem Auto, hat mehrere Seiten. Ein wenig Kritik sei in diesem Projekt schon enthalten, meint Bechtold. Der Betonporsche wurde jedoch in eine Zeit geboren, als der Individualverkehr noch völlig unhinterfragt war. Dass sich unzählige einzelne „Männle“ mit vielleicht 70 Kilogramm in einem solch komplexen und technisch aufwendigen Gefährt fortbewegen, blieb damals unreflektiert. Die bis heute noch gewachsene Massenproduktion, an die auch die Anordnung der Multiples in der Ausstellung erinnert, steht für Bechtold zudem in Widerspruch zu dem Image des Individualisten, des Playboys, der meine, er sei der einzige Mann in Besitz eines Porsche, so der Künstler.

Dennoch sei sein Werk nicht als anklagendes Mahnmal gedacht. Denn Bechtold, nach eigenen Angaben ein „Technik-Freak“, betrachtet den Sportwagen auch mit einer Faszination. Die elegante Form spricht den Künstler an, die beiden Scheinwerfer würden zudem das Auto menschenähnlich erscheinen lassen. Der Porsche 911 sei ein „technisches Meisterstück“, nur eben mit einem großen Pferdefuß. Kritik und Achtung hat für Bechtold gleichermaßen Berechtigung: „Ich bin ein Feind der Ausschließlichkeit“, sagt er.

Der erste Porsche in Lebensgröße wurde im Herbst 1971 mit einem Kran vor die Galerie Krinzinger in Bregenz gehievt, nun befindet sich die Skulptur vor der Universität Konstanz. Erschaffen wurde das Objekt in einem Schuppen in Hörbranz: Auf den alten Fotos, die in der Ausstellung zu sehen sind, wird ersichtlich, wie Bechtold und seine Helfer zuerst von dem Auto Negativformen aus Gips abnehmen, und für den Guss die einzelnen Formteile wieder zusammenfügen.
Undenkbar
Dass die Zeit damals eine andere war, zeigt auch folgende Anekdote: Mit Ursula Krinzinger, zu der der Künstler immer noch ein spannungsreiches, aber von Respekt geprägtes Verhältnis pflege, machte er sich damals in einem Opel Caravan auf zum Porsche-Werk in Stuttgart. Das Ziel war es, Werbematerial wie Plakate, Fotografien und Kataloge zu bekommen. Schließlich wurden die beiden vom Porsche-Gründer persönlich, Ferdinand Alexander Porsche, durch die Firma geführt, um das erwünschte Material zu besorgen. Geld für einen eigenen Katalog hatte man damals nicht, und so dienten die firmeneigenen Materialien als Vorlage zu Katalog und Plakat für den Betonporsche, erzählt Bechtold belustigt. All das wäre heute undenkbar.
Gottfried Bechtold – 50 Jahre Betonporsche. Bis 29. Jänner in der Galerie Maximilian Hutz, in der Wirke 4, Hard. Donnerstag und Freitag, 16 bis 18 Uhr, Samstag, 10 bis 12 Uhr geöffnet.
Bis 2006 sind insgesamt 14 realgroße Porsche-Skulpturen entstanden, sowie drei Modelle en miniature. Mit dieser Würdigung des „Konstanzers“ werde der Porsche-Komplex nun aber abgeschlossen sein, sagt Bechtold. Von der Skulptur wendet sich der umtriebige Konzeptkünstler aber nicht ab: Die Arbeit „Mitten durchs Herz“, die einst im Kunstraum Dornbirn zu sehen war, wird 2022 nach Maria Enzersdorf transferiert, die Energie Versorgung Niederösterreich hat das Objekt angekauft. Eine neue Gravitations-Skulptur für den Rüfikopf sei außerdem in Arbeit.