Kultur

„Diana hatte keine Kontrolle über Leben“

16.01.2022 • 15:42 Uhr
Kristen Stewart in "Spencer" als Lady Diana
Kristen Stewart in “Spencer” als Lady Diana Polyfilm

Kristen Stewart verkörpert im Film „Spencer“ Lady Diana.

Mit „Spencer“ liefert Regisseur Pablo Larrain keine typische Diana Biografie. Vielmehr nähert sich Larrain der Gefühlswelt der „Königin der Herzen“ an. Von den Massen geliebt. Ungeliebt von ihrem Mann. Für ihre einfühlsame Darbietung erhielt Hauptdarstellerin Kristen Stewart eine Golden Globe Nominierung. Eine Nominierung für den Oscar ist ihr so gut wie sicher.

Wie fiel Ihre erste Reaktion aus, als Regisseur Pablo Larrain Ihnen die Rolle der Lady Diana anbot?
Kristen Stewart: Bist du verrückt!? – Ja, das war meine erste Reaktion. Lady Diana zählt bis heute zu den Ikonen und jeder hat eine eigene Meinung über sie. Die einen verehrten sie abgöttisch, andere hassten sie. Alle Versionen zusammengesetzt, würden aber immer nur Teile bleiben und nie ein Ganzes ergeben. Daher ist jede Annäherung an diese unnachahmliche Persönlichkeit ein Wagnis.

Warum haben Sie sich trotzdem auf dieses Wagnis eingelassen?
Kristen Stewart: Lady Di war eine Frau, die Menschen auf emotionale Weise berührte. Sie konnte vereinen wie keine andere Persönlichkeit ihrer Generation. Aber auf der anderen Seite wurde sie eiskalt abgelehnt. So wie ich das sehe, konnte sie ihre eigene Macht nicht definieren. Sie hatte keine Kontrolle über ihr Leben. Nicht die Höhen, nicht die Tiefen. Nichts war bedingungslos. Alles wurde ausgehandelt.

Wie erklären Sie sich die Macht, die Lady Diana hatte, die Herzen der Menschen zu erobern?
Kristen Stewart: Die Gabe wurde ihr in die Wiege gelegt. Es gibt tatsächlich Menschen, denen diese unleugbar durchdringende Energie geschenkt wird. Lady Diana entwaffnete Menschen mit ihrer natürlichen Herzlichkeit. Ihre Wärme war entwaffnend. Sie war zugänglich, normal, gab einem das Gefühl, beste Freundin zu sein und sie machte so viele Menschen glücklich. Jeder glaubt sie zu kennen. Es gibt nicht viele Menschen in der Geschichte, die diese Gabe hatten. Diana sticht mit ihrer Gabe hervor wie ein loderndes Haus. Ironie und Tragik ist, dass sie sich isoliert und einsam fühlte. Deswegen konnte Diana auch nicht allein sein und war stets von Menschen umgeben. Ich glaube, Diana ist die Frau, die wir am wenigsten kennen.

Zu ihren Lebzeiten war Lady Diana die meist fotografierte Frau der Welt. Als Schauspielerin haben Sie ebenfalls die Besessenheit rund um das Privatleben kennengelernt. War es Ihnen unangenehm, im Privatleben von Diana Spencer „herumzuschnüffeln“?
Kristen Stewart: Ja, natürlich. Aber es gibt einen Unterschied zwischen Eindringen in die Privatsphäre und Fülle, die Kunst bietet. „Spencer“ hat nichts Anrüchiges und befördert auch keine unbekannte Information zutage. „Spencer“ ist eine Interpretation. Diana wollte Menschen zusammenbringen und Brücken schlagen, darin liegt die Absicht des Films. Wäre dieser Film über mich gemacht worden, würde ich mich nicht ausgenützt fühlen.

In der Serie „The Crown“ mimt Emma Corrin die Fürstin von Wales und gewann dafür einen Golden Globe und einen Emmy. Was sagen Sie zu ihrer Darbietung?
Kristen Stewart: Emma Corrin ist perfekt für die Rolle und darf zurecht stolz auf sich sein. Bei ihrer Darbietung bleibt kein Auge trocken. Ich oute mich hier als Riesenfan der Serie „The Crown“ und habe mir alle Staffeln angesehen. Der Vergleich zwischen Emma und mir ist normal. Der Unterschied zwischen den beiden Dianas liegt darin, in „The Crown“ erleben wir sie in der naiv kindlichen Phase. In „Spencer“ steht Diana vor den Trümmern ihrer Ehe.

Regisseur Pablo Larrain und Kristen Stewart
Regisseur Pablo Larrain und Kristen StewartAP

Wie eine Free Jazz Choreografie wirkt der Rhythmus zwischen Ihnen und der Kamera. Welche Musik haben Sie für diesen Film gehört, um in die Richtung Stimmung zu kommen?
Kristen Stewart: Jene drei Weihnachtstage vor der Entscheidung, die Königliche Familie zu verlassen, muss sich wie ein Befreiungsschlag angefühlt haben. Selten habe ich mich so sehr auf die physische Vorbereitung konzentriert, ich fühlte mich lebendiger und ein Stück größer. Am Ende jedes Drehtages haben wir eine kleine Montage zusammengestellt, frei ohne Konzept. Pablo setzte die Playlist zusammen und er traf mitten ins Schwarze damit. Jeder Song informierte mich über ihren energetischen Zustand. Ist sie glücklich oder traurig? Meine Aufgabe war es, alles was ich über sie verinnerlicht hatte, physische Gestalt annehmen zu lassen und nach außen kehren. Hätte ich versucht, eine perfekte Lady- Di-Impression zu liefern, wäre die Strahlkraft, die von ihr ausging, verloren gegangen.