Kultur

Die Menschentypen von Werner Schwab

02.06.2022 • 21:45 Uhr
Probenfoto mit Vivienne Causemann und Nico Raschner                <span class="copyright">Sarah Mistura</span>
Probenfoto mit Vivienne Causemann und Nico Raschner Sarah Mistura

Ab Donnerstag wird „Abfall Bergland Cäsar“ im Vorarlberger Landestheater gezeigt.

Mit „Abfall Bergland Cäsar“ bringt die Regisseurin Stephanie Geiger das einzige Prosawerk des Autors Werner Schwab auf die Bühne des Vorarlberger Landestheaters. Das im Juni 1990 veröffentlichte Buch ist eine Reflexion über das Schreiben. Mit seiner eigenen als „Schwabisch“ bezeichneten literarischen Sprache und den in kürzester Zeit erarbeiteten Dramen erhielt er große Aufmerksamkeit in der deutschsprachigen Theaterszene.

Aufgeladene Sprache

In ihrer Inszenierung möchte Geiger mit Schwabs Prosastück einen Autor und dessen erfundene Kunstsprache präsentieren, den vielleicht noch nicht alle kennen: „Werner Schwarb war in den 90er Jahren der meistgespielte Autor schlechthin und ist für Österreich einer der berühmtesten Autoren“.
„Es ist ein schwerer und anspruchsvoller Text, der sehr aufgeladen ist. Die Sprache ist monströs“, sagt Geiger im Interview. Sie sieht Schwabs Text als „Sprachpartitur“. So habe der Autor die Sprache als Bildhauer bearbeitet und sie wie einen Werkstoff genutzt. „Er hat die Sprache dekonstruiert, sie zerschlagen, zerschnitten und enthauptet und dann wieder neu zusammengesetzt.“ Dadurch habe Schwab einen Apparat mit ungewöhnlichen Präpositionen, Neuwortbildungen, Wiederholungen und Modalverben gebaut, die eine sehr aufgeladene und ins Gegenteil umkehrende sprachliche Komposition erzeugen.
Auch diese Sprachbehandlung des Autors soll in Geigers Installation umgesetzt und transportiert werden. „In den Stücken selbst ist auch nachzulesen, dass ihm die Sprache wichtig war und dass er die Sprache hinter sich her zerrt“.

Ein ABC der Sittenbilder

In einer Ansammlung von Menschen werden verschiedene Charaktere herausgebildet. Der Text ist kein Stück mit Figuren, stattdessen stehen einzelne Buchstaben des Alphabets sinnbildlich für Personen und Sittengemälde. Jeder Buchstabe greift eine dieser Personendarstellungen heraus und erzählt eine eigene Geschichte.
Dabei schließt sich auch der Autor nicht aus, sondern bezieht sich selbst immer mit ein. „Er stellt sich nicht über die Person, die er beschreibt“, sagt Geiger. „Er beschreibt die einzelnen Buchstaben, die für Menschentypen stehen, in allen Facetten. Sein Anliegen ist es, die Menschen aus der Erniedrigung und aus der Demütigung zu befreien. Diese Buchstaben und die Menschentypen kämpfen um ihre Existenz und ihre Freiheit.“, sagt Geiger.
Acht dieser Buchstaben hat sie für ihre Inszenierung ausgewählt und mit den Schauspielern verfilmt und szenisch umgesetzt. So steht K für den Künstler aus dem Kunstbetrieb, während L den wahren Künstler verkörpert und dem Autor selbst am nächsten ist.
Der Buchstabe A dreht durch, weil seine Ordnung gestört wird. C steht für eine Person, die immer in ihrem Selbstmitleid versinkt, und in D wird eine Liebesgeschichte erzählt, in der beide Schauspieler miteinander in Dialog treten werden, beschreibt Geiger.

Probenfoto mit Vivienne Causemann und Nico Raschner                <span class="copyright">Sarah Mistura</span>
Probenfoto mit Vivienne Causemann und Nico Raschner Sarah Mistura

Auf einer umgedrehten Bühne im Vorarlberger Landestheater wird das Publikum an den Ort gebracht, wo Werner Schwab seine literarischen Texte anfertigte. So werden die Zuschauer in einem Gasthaus auf der Bühne sitzen, und im Zuschauerraum erstreckt sich eine Berglandschaft. Auf einen riesigen Berg werden die Bilder und Filme von den einzelnen Buchstaben projiziert.
„Werner Schwab hat immer mit Musik geschrieben“, sagt Geiger. Zwar stehen der Text und die Sprache des Autors im Vordergrund, jedoch wird die auf die Sprache hin komponierte Musik als starkes unterstützendes Element den Film auf dem Berg und die szenische Inszenierung der Schauspieler begleiten.
Die Schauspieler Vivienne Causemann und Nico Raschner werden abwechselnd in die verschiedenen Rollen der Buchstaben hineinschlüpfen, wobei fast jeder Buchstabe durch ein anderes Mittel präsentiert wird. In den Übergängen wird die Schauspielerin Jennifer Minetti aus dem Film heraus über Schwabs Menschentypen sprechen. Auch wenn die Buchstaben fast alle mit „Umbringen“ und „Tod“ enden, sind es doch „Papiermorde“. Die Gewalt liege in der Sprache, aber nicht im Ausdruck der Körperlichkeit.
Premiere am 9. Juni um 19.30 Uhr im Voralberger Landestheater.