Franuis „Müllerin“ mit gutem Ende

Die Musicbanda Franui, Puppenspieler Nikolaus Habjan und Bassbariton Florian Boesch begeisterten am Donnerstag mit ihrer Version von „Die schöne Müllerin“.
Seit 30 Jahren schon begeistert das Ensemble Franui aus Innervillgraten in Osttirol das Publikum, in wenigen Tagen wird dort drei Tage lang mit einem „Hoch Kultur Festival“ Geburtstag gefeiert. Mit den Bregenzer Festspielen ist das Ensemble seit Jahren verbunden, im Corona-Festspielsommer vor zwei Jahren gestalteten die zehn Musikerinnen und Musiker gemeinsam mit Florian Boesch das schöne Programm „Alles wieder gut?“. Nun erzählen sie mit ihm die Geschichte der „Schönen Müllerin“, natürlich mit Schuberts berühmtem Liederzyklus, aber auch mit zwei Puppenköpfen, die dank der Kunst von Nikolaus Habjan so ungemein lebendig erscheinen, mit dem Sänger interagieren und verschmelzen.

Aufgebrochen
Der klassische Liederabend – bei der benachbarten Schubertiade mehrmals pro Jahr in unterschiedlichsten Interpretationen zu erleben – wird aufgebrochen, dafür entsteht ein „Musiktheaterabend nach dem gleichnamigen Liederzyklus von Wilhelm Müller und Franz Schubert“, 200 Jahre nach der Entstehung von Schuberts Komposition. Im Frühjahr feierte die Produktion Premiere an der Berliner Staatsoper Unter den Linden, war in Hamburg, Graz und Wien zu Gast und zog nun auch das Publikum im Festspielhaus in seinen Bann.
Die Geschichte des Müllersburschen, der auf die Walz geht, sich vom Bach führen lässt, zu einer Mühle kommt und sich in die Tochter des Müllers verliebt – unglücklich natürlich, denn der Jäger sticht den sensiblen Müller aus – ist bekannt. So bekannt, dass der Text im ersten Lied sogar nur angedeutet wird, Sänger und Puppenspieler sich abwechseln und Habjan auch noch seine Pfeifkünste zeigen kann.

Trompeter Andreas Schett, der auch vom Instrument aus die Fäden zusammenhält, und Markus Kraler, der virtuos und manchmal blitzschnell zwischen Akkordeon und Kontrabass wechselt, lieben ihren Schubert und haben ihn bearbeitet: Sie nehmen die Klavierbegleitung auseinander, verteilen sie auf die Instrumente, würzen sie mit teils anderen Harmonien, Klangfarben, Rhythmen, oft sehr nah dran am Original, manchmal etwas frecher, aber immer hochmusikalisch. Florian Boesch setzt seinen volltönenden und farbenreichen Bariton dazu mit fast originaler Gesangslinie ein, muss aber mit all den Modulationen und Wendungen gehörig aufpassen und ist dazu mit dem Puppenspiel und im engen Verbund mit Nikolaus Habjan intensiv beschäftigt.
Dieser hat ihm einen Puppenkopf mit Torso gefertigt, der ihm ähnelt, den er selbst führt und mit dem er immer wieder in Dialog tritt: Innere Stimme, Reflexion, Emotionen spiegeln sich darin. Natürlich fehlt auch die „schöne Müllerin“ nicht: Sie äugt aus ihrem Kasten, spielt mit ihren langen blonden Haaren, verdreht dem Burschen den Kopf, und immer wieder staunt man, mit wie wenigen Mitteln Habjan sie lebendig macht.

Rhytmische Details
Die Musikbanda Franui und ihre Mitstreiter öffnen wieder einmal die Ohren, für die Volksmusik, die in Schuberts Melodien schwingt, für die zahlreichen Details im rhythmischen Gewand und in der Instrumentation, für die alte Geschichte, die immer neu erzählt werden darf.
Die feinen Klänge von Harfe, Zither und Hackbrett treffen auf den virtuosen Tubisten, die gestopfte Trompete oder die Girlanden von Klarinette und Saxophon. Der zarte Kupelwieser-Walzer in der Mitte ist eingeschoben und spiegelt die Melancholie Schuberts, das Lied „Trockene Blumen“ unterstreicht das Motto von Franui über die innere Verbindung von Trauermarsch und Polka.
Übrigens geht die Geschichte hier „gut“ aus: Der junge Mann scheint aus einem bösen Traum zu erwachen, das Ensemble trägt den Sänger voll positiver Kraft, die Scheinwerfer bilden mit reichlich eingesetztem Bühnennebel einen Lichtdom. Auch so kann man die “Schöne Müllerin“ deuten, berührend und begeisternd.
Von Katharina von Glasenapp