Große Liedkunst mit liebevoller Begleitung

Publikumsliebling Andrè Schuen und Daniel Heide bezauberten mit einem hochkonzentrierten Schubert-Programm.
Die großen „Power-Lieder“, in denen sie mal mit den Muskeln spielen, brauchen Andrè Schuen und Daniel Heide nicht. Wenn sie kommen, wie in Mayrhofers „Der Schiffer“, in „Der Atlas“ nach Heine oder im drängenden Galopp von „Auf der Bruck“ nach Schulze, dann bebt freilich die Erde und die großen Opernpartien stehen vor der Bühnentür mit mächtigem, wohl dosiertem Forte und markant federnden Bassfiguren im Klavier.
Schuens große Liedkunst aber offenbart sich noch viel mehr in den langen Atembögen und der Ruhe seiner Linien, schon gleich zu Beginn in Mayrhofers „Fahrt zum Hades“, in der im Pianissimo angesetzten höheren Lage („Abendstern“) oder der großen Konzentration in Schuberts Heine-Vertonungen. Indem sie diesen Liedern aus dem „Schwanengesang“, der ja kein Zyklus ist, eine eigene Reihung geben, erzählen Schuen und Heide eine Geschichte von Liebe und Verlust, sacht schwingend im „Fischermädchen“, geheimnisvoll und dunkel pulsierend („Die Stadt“), alptraumhaft im gewaltigen „Doppelgänger“.
Reise nach innen
Nach der Pause gestalten die beiden einander so eng verbundenen Künstler einen fein differenzierten, mit wisperndem Pianissimo („Dass sie hier gewesen“, „Die Sterne“) durchzogenen Reigen, unterbrochen von einem rauschenden „Musensohn“. Immer mehr nehmen sie ihr Publikum mit auf eine Reise nach innen, zaubert Daniel Heide in „Im Abendrot“ mit zart arpeggierten Akkorden einen Choral, bis sie mit der freundlich heiteren „Taubenpost“ wieder ins Licht auftauchen. Pianokultur, Textverständlichkeit, Vokalfarben, Registerausgleich – alles stimmt zusammen und darf sich über Heides so liebevoller Klavierbegleitung entfalten.
Sanft perlend gestalten sie noch „Im Frühling“ und verabschieden sich mit einem berührenden Volkslied aus Andrè Schuens ladinischer Heimat: Auch wenn man von der weichen romanischen Sprache nichts versteht, so ist der tröstliche Ausdruck doch eindeutig. Heute Nachmittag setzen die Künstler mit zwei Schumann-Zyklen fort.