Kultur

Ein Austellungshaus mit Format in der Kleinstadt

08.09.2023 • 19:03 Uhr
Würth Haus Rorschach
Würth Haus Rorschach

Das Forum Würth in Rorschach zeigt mit „Wasser, Wolken, Wind“ Schätze aus der großen Sammlung. Und mit Gunter Damisch ist das Werk eines großen österreichischen Künstler zu bewundern.

Von Wolfgang Ölz

Wenige Autominuten vom Grenzübergang Lustenau/St. Margrethen entfernt in Rorschach steht direkt am Bodenseeufer ein riesiger glasverspiegelter Bau. Es ist das Forum Würth Rorschach, das ein Museum beherbergt, das in der Region seinesgleichen sucht. Auf 800 Quadratmetern Ausstellungsfläche werden auf Basis der 20.000 Werke umfassenden Sammlung Würth regelmäßig wechselnde Ausstellungen zeitgenössischer Kunst gezeigt.

Der spätere Ehrendoktor und Professor Reinhold Würth hatte 1949 im Alter von 14 Jahren in der väterlichen Schraubengroßhandlung eine kaufmännische Lehre begonnen. Nach dem frühen Tod des Vaters 1954 musste er mit 19 Jahren die Firma übernehmen, die er zum Weltmarktführer für Befestigungsmaterial machte. Heute hat die Würth-Gruppe weltweit 85.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

<span class="copyright">Würth Haus Rorschach</span>
Würth Haus Rorschach

Foyerausstellungen

Die großen Ausstellungen im Forum Würth in Rorschach werden durch nicht minder großformatige Foyerausstellungen ergänzt. Die aktuelle Hauptausstellung hat den Titel „Wasser, Wolken, Wind – Elementar- und Wetterphänomene in Werken der Sammlung Würth“. Die Museumstexte, die dem Niveau großer Ausstellungshäusern wie etwa dem Museum Moderner Kunst in Wien oder dem Haus der Kunst in München durchaus buchstäblich das Wasser reichen können, beschreiben das Phänomen Wasser als zentrales Moment von Religion und Mythologie.

Dieses wunderbarer Element, das flüssig als Eis und als Dampf auftritt, kommt etwa im Christentum als Bestandteil der Taufe vor. Der Täufling wird ins Wasser eingetaucht und in die Gemeinschaft der Gläubigen aufgenommen. Die Wolke ist Symbol für die Gegenwart Gottes, sei es nun im Alten Testament, wenn sich die Wolke auf das Offenbarungszelt herabsenkt, oder im Neuen Testament, wenn sich Jesus Christus den Jüngern am Berg Tabor in seiner Herrlichkeit offenbart und aus der Wolke die Stimme des Schöpfers erklingt: „Dies ist mein geliebter Sohn!“. Auch der Wind findet sich im Christentum, ist es doch das Brausen des Windes, das zu Pfingsten den Ort erfüllt, an dem die Jünger beten und so die Geburt der Kirche geschieht.

Einblicke in die „Wasser, Wolken, Wind“-Ausstellung. <span class="copyright">Würth Haus Rorschach</span>
Einblicke in die „Wasser, Wolken, Wind“-Ausstellung. Würth Haus Rorschach

Österreichische Positionen

Gemäß einem Schwerpunkt des passionierten Kunstsammler Reinhold Würth, der neben der deutschen auch die österreichische Staatsbürgerschaft hat, gibt es einige österreichische Kunstpositionen zu sehen: angefangen von Attersee, Herbert Brandl und Xenia Hauser über Erich Heckel bis Peter Pongratz. Ansonsten schüchtert die Schau nicht mit großen Namen, die durch dritt- oder viertklassige Werke vertreten wären, ein, sondern neben unbekannten Namen beeindrucken Christo, Anselm Kiefer, Markus Lüpertz und Gerhard Richter mit richtig guten Werken.

Tiefes Kunsterleben

Die Foyer-Ausstellung von Gunter Damisch (1958 bis 2016) versammelt 42 Werke aus der Sammlung Würth. Die farbenfrohen, großformatigen, mit den typischen Kleintierchen versehenen Bilder ergänzt durch schöne Skulpturen, die die Handschrift des Künstlers genauso tragen, betitelt mit sinnigen Gedichten, ermöglichen ein außergewöhnlich tiefes Kunsterleben. Die Referenzautoren Otto Breicha und Wieland Schmied als die Vorväter heutiger Kunstkritik loben Gunter Damisch vorbehaltlos und Wikipedia vermeldet, dass der gebürtige Oberösterreicher „zu den international bedeutendsten Vertretern der österreichischen Gegenwartskunst“ gehört.

Arbeiten von Gunter Damisch. <span class="copyright">Würth Haus Rorschach</span>
Arbeiten von Gunter Damisch. Würth Haus Rorschach

In einem anderen Zeitalter zählte Damisch zu den sogenannten Neuen Wilden. Was Anfang der 1980er-Jahre neu war, schaut bei Damisch auch heute noch nicht alt aus. Der Künstler, der auch in einer Punkband Bass und Orgel gespielt hat, legte früh einen kometenhaften Aufstieg hin, hatte bald selbst Kultstatus und wurde durch seinen frühen Tod zur Legende. Arroganz ersetzte bei ihm nie die Aufmerksamkeit und Achtsamkeit für seine Kollegen, vor allem auch für seine Studenten als Professor der Akademie der Bildenden Künste in Wien.

Beachtliches Konvolut

Seit 1980 hat Würth Damisch gesammelt. Konsequent hat er die Entwicklung der vier Jahreszehnte des Künstlers als Sammler begleitet. Als Damisch 2016 an einem Krebsleiden verstarb und in einem Wiener Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof beigesetzt wurde, hatte der Schweizer Unternehmer bereits ein beachtliches Konvolut an malerischen, zeichnerischen, skulpturalen und druckgrafischen Werken von Damisch.
Neben wichtigen Preisen wie dem Otto-Mauer-Preis und der Ankauf seiner Werke durch wichtige öffentliche und private Sammlungen gab Reinhold Würth der unaufhaltsame Aufstieg des österreichischen Künstlers recht. Dieser Aufstieg entsprach dem Aufstieg seiner eigenen Firma. Selbst Legende wurde Würth 1996 von Alfred Hrdlicka porträtiert und dieser Kopf ist neben anderen wichtigen Arbeiten heute im Foyer des Forum Würth in Rorschach ausgestellt. Die Fahrt aus Vorarlberg nach Rorschach rentiert sich auf jeden Fall.

Die Ausstellungen dauern noch bis 2024 bzw. 2025. Informationen unter https://www.wuerth-haus-rorschach.ch/